Neurodermitis und Nahrungsmittelallergien

Neurodermitis ist eine teilweise erblich bedingte Erkrankung, deren individuelle Auslöser nicht immer offensichtlich sind. Nahrungsmittel stehen im Verdacht, eine bestehende Neurodermitis verschlechtern zu können. Dies kann jedoch von Patient zu Patient unterschiedlich sein.
In der Behandlung der Neurodermitis stehen der Schutz der Haut und die Vermeidung von Schüben an zentraler Stelle. Zudem ist es wichtig, an die Ernährung und an eine mögliche Ernährungsumstellung zu denken.
Dabei muss aber nicht jede Neurodermitis mit einer Nahrungsmittelallergie verbunden sein. Manche Patienten beobachten jedoch, dass gewisse Produkte ihr Krankheitsbild verschlechtern – in manchen Situationen auch ohne eine nachweisbare Allergie. Nur der Facharzt (Hautarzt oder Kinderarzt) kann feststellen, ob tatsächlich eine Neurodermitis vorliegt und ob diese durch bestimmte Nahrungsmittel ausgelöst oder verstärkt wird.
Viel zu oft werden im Selbstversuch Nahrungsmittel weggelassen, die für eine gesunde und ausgewogene Ernährung dringend notwendig wären. Dies kann zu im Grunde vermeidbaren Mangelerscheinungen, teils hohen Kosten und zusätzlicher emotionaler Belastung führen.
Nahrungsmittelallergene sind vor allem im Kindesalter oft ein Schubfaktor der Neurodermitis. Ein direkter Zusammenhang ist aber nur bei etwa einem Drittel der Kinder mit schwerer Neurodermitis belegbar. Aus diesem Grund sollten Sie sich zuerst von einem Facharzt genau untersuchen und beraten lassen, anstatt in Eigenregie Diäten auszuprobieren.
++ Mehr zum Thema: Hautpflege bei Neurodermitis ++
Diagnostische Verfahren bei Verdacht auf eine Lebensmittelallergie
Die Diagnostik einer Nahrungsmittelallergie bei Neurodermitis unterscheidet sich im Prinzip nicht wesentlich von der Diagnostik anderer allergischer Erkrankungen.
Am Beginn sollte ein ausführliches Gespräch zwischen Arzt und Patient (Anamnese) stehen. Es ist wichtig, gut vorbereitet in dieses Gespräch zu gehen. Stellen Sie sich folgende Fragen und machen Sie sich Notizen dazu:
- Gibt es Zeiten, in denen der Juckreiz besonders stark ist?
- Können die Beschwerden mit bestimmten Mahlzeiten, Nahrungsmitteln oder mit anderen Lebensumständen (z.B. Stress) zusammenhängen?
Symptom-Tagebuch
Versuchen Sie zudem, ein Symptom-Tagebuch zu führen. Dieses Tagebuch sollten Sie über einen Zeitraum von mindestens zwei bis vier Wochen führen. Die Aufzeichnungen können Ihnen und Ihrem Arzt viele Informationen liefern, die für die Diagnose und die Schubvermeidung sehr wichtig sein können. Je detaillierter das Tagebuch geführt wird, desto leichter kann Ihr Arzt einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr eines bestimmten Lebensmittels und einem Ekzemschub ableiten und eine Diagnose stellen. Notieren Sie:
- Tag und Uhrzeit, wann es zu Hautbeschwerden kommt
- verschiedene Aktivitäten wie Arbeit, Schule, Sport, Treffen mit Freunden
- Zeitpunkt und Stimmung wie Ärger, Stress, Freude, Entspannung
- Zeitpunkt und Art der verzehrten Lebensmittel
Blutuntersuchung
Als nächste Untersuchungen folgen eine Blutabnahme und eine Blutuntersuchung im Labor. Gesucht wird nach bestimmten Immunglobulinen (z.B. spezifisches IgE im Serum). Das sind Stoffe, die der Körper zur Abwehr fremder Substanzen bildet und die bei Allergien in hoher Konzentration auftreten. Sie können auf bestimmte Nahrungsmittelallergien hinweisen, diese jedoch nicht vollständig beweisen.
Ein Warnhinweis an dieser Stelle ist aber wichtig: Speziell Neurodermitis-Patienten weisen nicht selten IgE-Antikörper gegen verschiedene Nahrungsmittel auf, die aber völlig irrelevant sind: Der Betroffene hat Antikörper gegen z.B. Nuss, aber bei Genuss kein Problem damit. Diese „falsch positiven Befunde“ sind die Grundlage für viele sinnlose Diätmaßnahmen. Sicherheit kann hier nur die Expositionstestung bringen (siehe unten).
Prick-Test
Ein weiteres Verfahren ist ein Allergietest auf der Haut. Der Prick-Test, auch Haut-Ritz-Test genannt, gilt als Standard und wird nach wie vor empfohlen. Dabei werden verschiedene Testlösungen, welche die verdächtigen Substanzen enthalten, auf die Haut – meist auf die Innenseite des Unterarms – getropft und eingeritzt. Genauso wie bei einer Allergie reagieren auch in der Haut die Substanzen mit dem Abwehrsystem des Körpers; sie verursachen jedoch nur eine begrenzte Hautreaktion.
Welche anderen Untersuchungsmöglichkeiten gibt es?
Sollten der Blut- und der Pricktest keine klaren Ergebnisse bringen, ist der nächste Schritt eine diagnostische Diät, bei der nur Nahrungsmittel verzehrt werden, die selten eine Allergie auslösen. Tritt unter dieser Diät binnen vier Wochen keine deutliche Verbesserung des Hautzustandes ein, ist eine Nahrungsmittelallergie als Hauptauslöser der Neurodermitis auszuschließen. Das Einhalten von Diäten oder weitere Nahrungsmitteltests sind dann nicht notwendig, da die Ursache der Neurodermitis mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit der Ernährung in Zusammenhang steht.
Ergibt die Diät eine deutliche Besserung, wird mit sogenannten blinden oralen Provokationstestungen weitergearbeitet. Bei diesen Tests werden Nahrungsmittel in Bezug auf Geschmack und Konsistenz so verändert, dass der Patient nicht erkennen kann, was er zu essen oder trinken bekommt. Dadurch kann festgestellt werden, gegen welche Nahrungsmittel tatsächlich Allergien bestehen. Im Rahmen dieser Tests können gut verträgliche Nahrungsmittel auch wieder in den Speiseplan eingeführt werden.
Die Provokationstestungen sind mit einem großen Aufwand verbunden. Allerdings ist dieser gerechtfertigt, um einerseits Patienten, die wirklich eine Nahrungsmittelallergie als Auslöser für ihre Neurodermitis haben, vor unnötigen Neurodermitis-Schüben zu schützen und andererseits unsinnige oder gar schädliche Diäten zu vermeiden.
Was tun, wenn eine Nahrungsmittelallergie festgestellt wird?
Wenn mithilfe der beschriebenen Tests eine Allergie gegen ein bestimmtes Nahrungsmittel oder eine Nahrungsmittelgruppe (z.B. Milchprodukte) nachgewiesen wird, kann eine spezielle Diät sinnvoll sein. Diese sollte allerdings nur in Absprache mit dem Arzt oder einem speziell geschulten Ernährungsberater durchgeführt werden. Lassen Sie sich beraten, wodurch die Lebensmittel, gegen die eine Allergie besteht, ersetzt werden sollten, um eine Mangelversorgung zu vermeiden.
Zudem gibt es bestimmte Lebensmittel, die eine Neurodermitis verschlechtern können, ohne dass eine Allergie dagegen besteht. Dazu zählen z.B. Zitrusfrüchte oder bestimmte Gewürze, da sie oft Juckreiz auslösen können. Wenn Ihnen ein Zusammenhang zwischen bestimmten Speisen und Neurodermitis-Beschwerden auffällt, sollten Sie diese Lebensmittel von Ihrem Speiseplan streichen – nachdem Sie mit Ihrem Arzt darüber gesprochen haben.
Wichtig: Vor allem bei Kindern sollte die Notwendigkeit einer Diät nach spätestens zwei Jahren erneut getestet werden. Es ist keine Seltenheit, dass sich Allergien im Laufe des Älterwerdens verändern oder sogar ganz verschwinden. Durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen wird verhindert, dass eine Diät unnötig lange durchgeführt wird.
++ Mehr zum Thema: Ernährung bei Neurodermitis ++
Autoren:
Helga Quirgst, MSc
Medizinisches Review:
Univ.-Prof. Dr. Werner Aberer
Redaktionelle Bearbeitung:
Dr.med. Kerstin Lehermayr
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