Antimykotika

Von , Medizinjournalistin
Sabine Schrör

Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.

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Antimykotika sind Arzneimittel gegen Pilzinfektionen (Mykosen). Häufige Anwendungsgebiete sind zum Beispiel Fuss- und Nagelpilz. Bei Frauen sind oft Scheide (Vagina) und Vulva von einer Mykose betroffen. Antipilzmittel können äusserlich oder innerlich angewendet werden. Lesen Sie hier alles Wichtige über Antimykotika – wie sie wirken, welche Arten von Pilzmitteln es gibt und welche Nebenwirkungen möglich sind.

Mann wendet Antimykotika am Fuß an

Antimykotika: Definition

Antimykotika sind Medikamente, die gegen Pilzerkrankungen wirken. Damit lassen sich unterschiedlichste Pilzarten wirkungsvoll bekämpfen:

  • Hefepilze: Das sind Pilze der Gattung Candida, zum Beispiel Candida albicans. Dieser Hefepilz ist für rund 90 Prozent aller Pilzinfektionen von Scheide und Vulva verantwortlich und meist auch die Ursache von Darmpilz-Infektionen und Mundsoor.
  • Dermatophyten: Sie infizieren die Haut und ihre Anhangsgebilde (z.B. Fusspilz, Nagelpilz).
  • Schimmelpilze: Auch sie können Haut und Nägel befallen, ausserem beispielsweise den Magen-Darm-Trakt, die Lunge und das Nervensystem.

Ein wichtiger Baustein vieler Mittel zur Pilzbehandlung ist Chinolin. Aus dieser chemischen Verbindung wird 8-Hydroxychinolin hergestellt, das als Desinfektionsmittel und eben Antimykotikum verwendet wird.

Abgrenzung: Antimykotika – Fungizide

Antipilzmittel werden manchmal auch als Fungizide bezeichnet. Genaugenommen ist ein Fungizid allerdings etwas anderes als ein Antimykotikum: Fungizide werden vor allem gegen Pilzbefall in der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie eingesetzt (häufiger Wirkstoff sind Benzimidazole). Mittel, mit denen man einen Pilzbefall bei Menschen behandelt, nennt man dagegen Antimykotika. Wenn man also beispielsweise von Fungizid-Salbe, Fungizid-Creme oder Fungizid-Tabletten spricht, meint man damit korrekterweise Antimykotikum-Salbe, -Creme oder -Tabletten.

Sind Antimykotika verschreibungspflichtig?

Viele Mittel zur lokalen Pilzbehandlung (wie Antimykotika-Salben, -Creme, -Tinktur und -Nagellack) sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Systemische Antimykotika müssen dagegen überwiegend vom Arzt verschrieben werden.

Antimykotika: Wirkung

Die Zellen von Pilzen sind menschlichen Zellen in puncto Struktur und Stoffwechsel sehr ähnlich. Deshalb war es lange Zeit schwierig, Antimykotika zu entwickeln, die nicht auch die menschlichen Wirtszellen angreifen. Frühere Medikamente gegen Pilzinfektionen hatten dementsprechend teils schwere Nebenwirkungen.

Mit der Zeit fand man jedoch heraus, dass es einen Punkt gibt, an dem sich Pilzzellen und menschliche Zellen recht deutlich voneinander unterscheiden: Erstere besitzen zwei Aussenhüllen, eine Zellwand und eine Zellmembran. Menschliche Zellen haben nur eine Zellmembran, die sich zudem von der von Pilzzellen unterscheidet. Auf Basis dieser Tatsache entwickelte man Wirkstoffe, die ganz spezifisch an den Zellwänden bzw. Zellmembranen der Pilze wirken. So liess sich vermeiden, dass die Substanzen auch die menschlichen Zellstrukturen angreifen.

Die heute verwendeten, modernen Antimykotika sind dementsprechend sehr viel besser verträglich als ihre Vorgänger. Sie greifen die Zellmembran der Pilze auf verschiedene Arten an, beispielsweise indem sie sie durchlöchern oder aber die Bildung eines wichtigen Membranbestandteils behindern.

Welche Antimykotika gibt es?

Antimykotika lassen sich nach verschiedenen Kriterien einteilen.

Einteilung nach Substanzklassen

Bei Antimykotika lassen sich elf chemische Substanzklassen unterscheiden. Es gibt zum Beispiel die Polyene (Polyen-Antimykotika). Diese können die Membran von Pilzzellen durchlöchern beziehungsweise dazu anregen, Poren zu bilden. Dadurch wird die Zellmembran zerstört, und die Pilzzelle kann sich nicht weiter entwickeln. Bekannte Verteter dieser Antipilzmittel-Klasse sind zum Beispiel Nystatin, Natamycin und Amphotericin B.

Die Imidazole stören die Synthese von Ergosterin - einem essenziellen Bestandteil der Membran von Pilzzellen. Infolgedessen können sich die Erreger nicht mehr vermehren. Beispiele für Imidazol-Antimykotika sind Clotrimazol, Miconazol, Econazol und Ketoconazol).

Den gleichen Wirkmechanismus wie Imidazole haben auch einige andere Antimykotika, darunter Triazole (wie Itraconazol, Fluconazol, Fosfluconazol, Voriconazol), Allylamine (z.B. Naftifin und Terbinafin) sowie Morpholine (z.B. Amorolfin).

Imidazole und Triazole werden zusammen als Azol-Antimykotika bezeichnet.

Einteilung nach Wirkungsweise

Je nach Art der Antipilz-Wirkung werden Antimykotika in folgende Gruppen eingeteilt:

  • fungistatische Antimykotika: Das sind Antipilzmittel, die das Wachstum und die Vermehrung von Pilzen verhindern.
  • fungizide Antimykotika: Diese Substanzen töten die Pilze ab.

Einteilung nach dem Wirkungsort

Topische Antipilzmedikamente werden lokal angewendet, wirken also auch nur lokal. Das Medikament wird also beispielsweise als Antimykotika-Salbe, Antimykotika-Creme, -Spray oder -Nagellack direkt auf die befallenen Körperstellen aufgetragen.

Im Unterschied dazu werden systemische Antimykotika oral oder intravenös verabreicht. Oral bedeutet, das Medikament wird über den Mund eingenommen (z.B. Antimykotika-Tabletten oder -Saft). Intravenös heisst, es wird direkt in die Blutbahn injiziert (z.B. als Infusion). In beiden Fällen verteilt sich das Antipilzmittel im ganzen Körper.

Systemische Antimykotika werden vor allem gegen Pilzerkrankungen im Körperinneren (z.B. Pilze im Darm, in der Leber oder im Gehirn) eingesetzt. Sie können aber auch sinnvoll sein, wenn sich eine zunächst lokale Pilzinfektion ausbreitet - also wenn zum Beispiel eine Nagelpilzinfektion nicht mehr nur einen Nagel, sondern mehrere Nägel betrifft. Darüber hinaus sind systemische Antimykotika oft bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem (z.B. infolge einer HIV-Infektion), nach grösseren Operationen und bei bettlägerigen älteren Patienten angezeigt.

Einteilung nach Wirkungsspektrum

Ähnlich wie bei den Antibiotika gibt es auch bei Antimykotika Wirkstoffe, die nur gegen eine spezifische Pilzart oder ganz wenige Pilzarten wirken. Dann spricht man von einem Schmalspur-Antimykotikum. Das Gegenstück dazu ist das Breitband-Antimykotikum, also ein Antipilzmittel, das sich zur Bekämpfung vieler verschiedener Pilzarten eignet (z.B. Caspofungin).

Antimykotika: Anwendung

Wie ein Antimykotikum richtig angewendet wird, hängt von mehreren Faktoren ab - etwa von der Darreichungsform (z.B. Salbe, Tablette), der Art und dem Schweregrad der Pilzinfektion. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt oder Apotheker die richtigen Anwendung des Antipilzmittels erklären. Halten Sie sich genau an die empfohlene Dosierung und Anwendungsdauer! Im Folgenden einige Beispiele für die antimykotische Therapie bei verschiedenen Pilzinfektionen.

Antimykotika bei Scheidenpilz

Was tun gegen Scheidenpilz? Diese Frage ist für sehr viele Frauen relevant, denn eine Pilzinfektionen der Vagina oder Vulva ist keine Seltenheit. Oft verschreiben Ärzte eine antimykotische Creme bei Scheidenpilz. Das Medikament enthält in der Regel einen Wirkstoff aus der Gruppe der Imidazole (wie Clotrimazol, Miconazol, Fenticonazol) oder aber das Polyen-Antimykotikum Nystatin. Zusätzlich können antimykotische Zäpfchen oder Vaginaltabletten in die Scheide eingeführt werden. Die Behandlung muss über mehrere Tage fortgesetzt werden. Sie erhalten diese Antimykotika rezeptfrei in der Apotheke.

Mehr über die antimykotische Therapie bei einem Vaginalpilz und wie lange die Antipilzmittel angewendet werden müssen, erfahren Sie im Beitrag Scheidenpilz.

Antimykotika bei Nagelpilz

Mit einem antimykotischen Nagellack, der als Wirkstoff Ciclopirox, Amorolfin oder Nystatin enthält, lässt sich wirksam Finger- und Fussnagelpilz behandeln. Auch eine Antimykotikum-Salbe mit Bifonazol ist geeignet, besonders in der Kombination mit Harnstoff (oft als Kombipackung erhältlich).

Wie der medizinische Nagellack und die Antipilz-Salbe genau angewendet werden, lesen Sie im Beitrag Nagelpilz.

Antimykotika gegen Fusspilz

Zur Behandlung von Fusspilz können Sie sich ohne Rezept eine lokal anzuwendendes Präparat in der Apotheke besorgen, zum Beispiel eine Antimykotika-Creme oder -Salbe mit Wirkstoffen wie Clotrimazol, Bifonazol oder Terbinafin. Wenn diese äussere Anwendung von Antipilzmitteln nicht hilft oder der Pilzbefall sehr ausgedehnt ist, muss ein Antimykotikum oral verabreicht werden, beispielsweise Fluconazol oder Itraconazol.

Genauere Hinweise zur Behandlung dieser Pilzerkrankung finden Sie im Beitrag Fusspilz.

Antimykotika gegen Hautpilz

Antimykotika wie Terbinafin, Itraconazol und Fluconazol können nicht nur Fusspilz, sondern auch andere Formen einer Pilzinfektion der Haut bekämpfen, zum Beispiel Hautpilz im Gesicht. Oft genügt eine ausreichend lange äusserliche Behandlung. In schweren Fällen kann aber auch die Einnahme von Antimykotika notwendig sein.

Mehr über die antimykotische Behandlung und allgemeine Tipps bei Pilzerkrankungen der Haut erfahren Sie im Beitrag Hautpilz.

Antimykotika bei Mundsoor

Eine Hefepilzinfektion im Mund- und Rachenraum (Mundsoor) lässt sich mit Antimykotika wie Miconazol oder Nystatin behandeln. Sie sind für diesen Zweck beispielsweise als Mundgel rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Unter Umständen muss der Pilz im Mund mit einem Medikament behandelt werden, das verschreibungspflichtig ist (z.B. ein Präparat mit Amphotericin B). Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist, hilft meist nur eine systemische Antimykotika-Behandlung (z.B. Fluconazol oder Itraconazol).

Weitere Information zum Thema finden Sie im Beitrag Mundsoor.

Antimykotika bei Darmpilz

Auch bei Gesunden kommen - in geringem Masse - Pilze im Darm vor. Selten passiert es, dass diese sich stark vermehren und im Darm ausbreiten. Zu einer solchen Überwucherung des Darms mit Pilzen (meist Candida) kann es beispielsweise bei einem stark geschwächten Immunsystem infolge von AIDS, einer immunsuppressiven Therapie oder einer Chemotherapie kommen. Der behandelnde Arzt verschreibt dann Darmpilzmedikamente mit Wirkstoffen wie Nystatin, Fluconazol, Amphotericin B oder Voriconazol zum Einsatz. Meist werden die Antipilzmittel eingenommen, in schweren Fällen können sie teilweise auch als Infusion verabreicht werden.

Antimykotika: Nebenwirkungen

Lokal angewendete (topische) Antimykotika haben meist Nebenwirkungen, die ebenfalls lokal begrenzt sind. So kann eine Antimykotikum-Salbe beispielsweise zu Hautirritationen führen (mit Brennen, Juckreiz, Schmerzen).

Ein systemisches Pilzmedikament belastet den Körper meist stärker. Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören - je nach Wirkstoff - neben Hautirritationen beispielsweise Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, erhöhte Leberwerte und ein Abfall des Kaliumspiegels im Blut (Hypokaliämie).

Antimykotika: Gegenanzeigen

Die verschiedenen Antimykotika dürfen in bestimmten Situationen nicht angewendet werden. Hier einige Beispiele für solche Gegenanzeigen (Kontraindikationen):

Viele Antimykotika sind in der Schwangerschaft und Stillzeit "verboten", zum Beispiel alle Triazole (wie Fluconazol, Itraconazol) sowie Amphotericin B und Caspofungin. Andere dürfen dagegen problemlos oder zumindest nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung auch zur Behandlung von Schwangeren und Stillenden eingesetzt werden (z.B. Clotrimazol, Bifonazol, Nystatin).

Triazole wie Fluconazol, Voriconazol und Itraconazol dürfen nicht bei schwerer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) gegeben werden. Bei Störungen der Leber- oder Nierenfunktion sind sie nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erlaubt.

Einige andere Antimykotika dürfen bei gestörter Leberfunktion gar nicht angewendet werden, zum Beispiel Terbinafin und Griseofulvin.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Sabine Schrör
Sabine Schrör

Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.

Quellen:
  • Aktories, K. et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017
  • Amboss – Fachwissen für Mediziner: „Antimykotika“, unter www.amboss.de (Abruf: 08.10.2020)
  • Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG): „Scheidenpilz / Candida-Infektionen / Vaginalmykose / Vaginalpilz: Therapie / Behandlung“, unter: Frauenärzte im Netz, www.frauenaerzte-im-netz.de (Abruf: 08.10.2020)
  • Gastro-Liga e.V.: "Ratgeber - Pilze im Darm" (Stand: Februar 2016); unter: www.gastro-liga.de
  • Geisslinger, G. et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2019
  • Heinzl, S.: „Systemische Antimykotika – Lebensrettende Arzneistoffe“, in: Pharmazeutische Zeitung, Ausgabe 39/2012
  • Herdegen, T. et al.: Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie, Georg Thieme Verlag, 2019
  • Pschyrembel Online, Klinisches Wörterbuch: www.pschyrembel.de (Abruf: 08.10.2020)
  • Suerbaum, S.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Springer-Verlag, 8. Auflage, 2016
  • Tietz, H.-J.: „Mykosen - Pilzinfektionen sind heilbar“, in: Deutsche Apothekerzeitung, Ausgabe 20 vom 19.05.2011
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