Pneumokokken-Impfung

Von Melanie Iris Zimmermann, Apothekerin
und , Medizinredakteurin und Biologin
und , Arzt
Aktualisiert am
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

Florian Tiefenböck

Florian Tiefenböck hat Humanmedizin an der LMU München studiert. Im März 2014 stieß er als Student zu NetDoktor und unterstützt die Redaktion seither mit medizinischen Fachbeiträgen. Nach Erhalt der ärztlichen Approbation und einer praktischen Tätigkeit in der Inneren Medizin am Uniklinikum Augsburg ist er seit Dezember 2019 festes Mitglied des NetDoktor-Teams und sichert unter anderem die medizinische Qualität der NetDoktor-Tools.

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Eine Pneumokokken-Impfung schützt vor Infektionen mit Pneumokokken. Diese Bakterien können zum Beispiel eine Hirnhautentzündung oder eine Lungenentzündung hervorrufen. Solche Erkrankungen können schwer und sogar tödlich verlaufen - besonders in bestimmten Altersgruppen sowie bei gewissen Vorerkrankungen. Lesen Sie hier, wann und für wen die Pneumokokken-Impfung sinnvoll ist und welche Nebenwirkungen sie haben kann.

Impfpass und Impfspritze

Pneumokokken-Impfung: Wer sollte geimpft werden?

Laut dem Schweizerischen Impfplan von 2023 ist die Pneumokokken-Impfung als Basisimpfung für Kinder unter 5 Jahren empfohlen:

Kinder in den ersten beiden Lebensjahren sind besonders gefährdet, schwer an einer Pneumokokken-Infektion zu erkranken. Deshalb ist die Pneumokokken-Impfung ab zwei Lebensmonaten ratsam. Wird dies verpasst, sollte die Basisimpfung bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden, empfiehlt die Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF).

Ebenfalls empfohlen ist die Pneumokokken-Impfung für Menschen mit einem erhöhten Risiko für schwere Pneumokokken-Erkrankungen (wie eine schwere Hirnhautentzündung). Ein solches Risiko besteht bei:

  1. angeborener oder erworbener Immunschwäche: z.B. bei angeborenem Immundefekt, HIV, immunsuppressiver Therapie (wie bei Autoimmunerkrankungen oder nach einer Transplantation)
  2. chronischen Krankheiten: z.B. Herzinsuffizienz, schweres Asthma, COPD, Leberzirrhose, Niereninsuffizienz, fehlende oder nicht funktionsfähige Milz, Stoffwechselerkrankungen (wie Diabetes mit Organbeteiligung, neu diagnostizierte Zöliakie im Erwachsenenalter)
  3. Krebserkrankungen: z.B. Lymphomen, Leukämie
  4. Organ- oder Stammzelltransplantation
  5. frühgeborenen Babys
  6. anatomischen oder Fremdkörper-bedingten Risikofaktoren im Kopfbereich: z.B. Schädelbasisbruch, Liquorfistel*, Cochlea-Implantat

* Eine Liquorfistel ist eine röhrenförmige Verbindung zwischen dem mit Nervenwasser gefüllten Hohlraumsystem in Gehirn und Rückenmark sowie der Aussenwelt. Sie kann sich etwa infolge eines Schädel-Hirn-Traumas bilden.

Auch für Laborpersonal, das in Kontakt mit den Erregern kommen könnte, ist die Pneumokokken-Impfung empfohlen.

Was sind Pneumokokken?

Pneumokokken sind Bakterien, die verschiedene Erkrankungen auslösen können. Dazu gehören zum Beispiel Lungenentzündung (Pneumonie), Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) und Mittelohrentzündung (Otitis media).

Besonders gefährlich sind sogenannte invasive Pneumokokken-Erkrankungen. Dabei breiten sich die Bakterien in ansonsten sterilen Körperflüssigkeiten aus. Auf diese Weise kann sich beispielsweise eine lebensbedrohliche Hirnhautentzündung (Meningitis) oder eine Sepsis ("Blutvergiftung") durch Pneumokokken entwickeln.

Mehr darüber lesen Sie im Beitrag Pneumokokken-Infektion.

Arten von Pneumokokken-Impfstoffen

Für die Pneumokokken-Impfung werden Totimpfstoffe verwendet. Sie enthalten charakteristische Bestandteile aus der Hülle der Bakterien, sogenannte Polysaccharide (Zuckerverbindungen) - entweder in reiner Form (Polysaccharid-Impfstoffe) oder gebunden an einen Trägersubstanz (Konjugat-Impfstoffe).

Sobald ein Pneumokokken-Impfstoff in den Muskel eines Patienten gespritzt wurde, reagiert dessen Immunsystem mit der Bildung von spezifischen Antikörpern gegen diese Bestandteile (aktive Impfung). Diese Abwehrstoffe wehren dann auch bei einer "richtigen" Pneumokokken-Infektion die Bakterien ab.

Pneumokokken-Polysaccharidimpfstoff (PPV)

Bereits seit den 1970er Jahren stehen gegen Pneumokokken Polysaccharid-Impfstoffe zur Verfügung. Erhältlich ist ein 23-valenter Impfstoff (PPV23): Er enthält die charakteristischen Hüllenbestandteile von 23 verschiedenen Pneumokokken-Varianten (Subtypen, Serotypen). Mediziner können ihn bei Patienten ab zwei Lebensjahren anwenden.

Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (PCV)

Diese Impfstoffart ist eine neuere Entwicklung. Hier sind die charakteristischen Hüllenbestandteile (Polysaccharide) verschiedener Pneumokokken-Serotypen an eine Trägersubstanz (ein Protein) gebunden. Das verbessert die Immunantwort und damit die Wirkung der Impfung.

In der Schweiz ist derzeit der Pneumokokken-Konjugatimpfstoff PCV13 verfügbar. Dieser 13-valente Impfstoff basiert auf den Hüllenbestandteilen von 13 Pneumokokken-Serotypen. Im Gegensatz zum Polysaccharid-Impfstoff kann er bereits Säuglingen ab sechs Wochen verabreicht werden.

Pneumokokken-Impfung: Wie oft und wann wird geimpft?

Wie oft und wann gegen Pneumokokken geimpft wird, hängt wesentlich von der Zielgruppe der Impfung ab.

Pneumokokken-Basisimpfung bei Kindern

Für die allgemeine Pneumokokken-Impfung bei Kindern unter fünf Jahren (ohne Risikofaktoren) verwenden Mediziner den 13-valenten Konjugatimpfstoff (PCV13). Sie verabreichen davon drei Dosen:

  • die 1. Impfdosis im Alter von zwei Monaten
  • die 2. Impfdosis im Alter von vier Monaten
  • die 3. Impfdosis im Alter von zwölf Monaten

Ebenfalls im Alter von zwölf Monaten ist jeweils eine Dosis der Sechsfachimpfung gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Kinderlähmung (Polio), Hepatitis B und Haemophilus influenzae Typ B sowie der Vierfachimpfung gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken (Varizellen) vorgesehen. Mediziner können Kindern diese Impfungen sowie die dritte Pneumokokken-Impfung gleichzeitig oder in beliebig kurzen Abständen zueinander verabreichen.

Nachholimpfung

Wenn Babys nicht im empfohlenen Alter die drei Pneumokokken-Impfdosen erhalten, empfiehlt die EKIF Nachholimpfungen bis zum 5. Geburtstag. Wie viele Impfdosen dafür nötig sind, hängt davon ab, wie alt ein Kind bei der ersten Dosis ist:

  • Beginn mit drei bis fünf Lebensmonaten: 2 Impfdosen im Abstand von zwei Monaten + 1 Auffrischdosis bevorzugt mit 12 Lebensmonaten, aber mindestens sechs Monate nach der 2. Dosis
  • Beginn mit sechs bis elf Lebensmonaten: 2 Impfdosen im Abstand von einem Monat + 1 Auffrischdosis frühestens sechs Monate nach der 2. Dosis
  • Beginn mit 12 bis 23 Lebensmonaten: 2 Impfdosen im Abstand von zwei Monaten
  • Beginn mit 24 bis 59 Lebensmonaten (< 5 Jahre): 1 Impfdosis

Pneumokokken-Impfung bei erhöhtem Risiko

Bei Menschen mit erhöhtem Risiko für eine schwere Pneumokokken-Infektion ist die Impfung in jedem Lebensalter empfohlen. Am besten eignet sich dafür der Konjugatimpfstoff (PCV), empfehlen aktuell das Bundesamt für Gesundheit und die Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF).

Der Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (PCV13) ist offiziell nur für Kinder im Alter von sechs Wochen bis fünf Jahren und für Erwachsene ab 65 Jahren zugelassen. Bei allen anderen Altersgruppen verabreichen ihn Mediziner im sogenannten Off-label-Use.

Wenn eine Grunderkrankung (wie eine angeborener Immundefekt oder eine HIV-Infektion) der Grund für das erhöhte Risiko ist, sollten Mediziner die Pneumokokken-Impfung möglichst schnell nach der Diagnose verabreichen oder aber, bevor sich die Erkrankung möglicherweise verschlimmert oder eine intensivierte immunsuppressive Therapie begonnen wird.

Das empfohlene Impfschema richtet sich nach dem Alter der Betroffenen:

  • Kinder mit zwei bis sechs Lebensmonaten: 3 Impfdosen im Abstand von jeweils vier bis acht Wochen, zusätzlich eine 4. Impfdosis mit 12 Monaten
  • Kinder mit sieben bis elf Lebensmonaten: 2 Impfdosen im Abstand von vier Wochen, eine 3. Dosis mit 12 Monaten (aber mindestens acht Wochen nach der 2. Dosis)
  • Kinder mit 12 bis 23 Lebensmonaten: 2 Impfdosen im Abstand von mindestens acht Wochen
  • Kinder ab zwei Jahren, Jugendliche und Erwachsene: 1 Impfdosis

Bei einem erhöhten Pneumokokken-Risiko infolge einer Stammzell- oder Organtransplantation empfehlen die Experten folgende Impfdosen und Impfzeitpunkte für die Pneumokokken-Impfung:

  • Blut-Stammzelltransplantation: Ab drei Monate nach der Transplantation 3 Impfdosen im Abstand von je vier Wochen oder nach Ergebnis der Antikörper-Untersuchung (Serologie). Nach 12 Monaten 1 Auffrischimpfung.
  • Organtransplantation: 1 Impfdosis, sobald ein Patient auf die Warteliste gesetzt wird (Alternative: sechs Monate nach der Transplantation). Eine weitere Dosis 12 Monate nach der Transplantation.

Pneumokokken-Impfung: Nebenwirkungen

Oftmals ruft die Pneumokokken-Impfung Reaktionen an der Einstichstelle hervor, etwa Rötung, Schwellung und Schmerzen. Solche Beschwerden kommen dadurch zustande, dass der Impfstoff das Immunsystem aktiviert (das heisst aber nicht, dass bei Ausbleiben solcher Lokalreaktionen die Impfung nicht wirkt!).

Ausserdem können sich in den ersten Tagen nach der Pneumokokken-Impfung leichte Allgemeinsymptome zeigen, zum Beispiel Unwohlsein, Fieber, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Muskel- und Gelenkschmerzen. Bei manchen Geimpften ist auch vorübergehend der Appetit und/oder Schlaf beeinträchtigt. Magen-Darm-Beschwerden (wie Durchfall) sind ebenfalls möglich.

Bei Säuglingen und Kleinkindern kann hohes Fieber einen Fieberkrampf auslösen.

Nur selten verursacht die Pneumokokken-Impfung ernstere Nebenwirkungen wie eine schwere allergische Reaktion.

Mehr zu den möglichen Nebenwirkungen des verwendeten Pneumokokken-Impfstoffes erfahren Sie von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.

Pneumokokken-Impfung: Kosten

Die obligatorische Krankenversicherung trägt die Kosten für die Pneumokokken-Impfung (nach Abzug von Selbstbehalt und Franchise), wenn sie – wie im Impfplan vorgesehen – als empfohlene Basisimpfung bei Kindern unter fünf Jahren oder als empfohlene Impfung bei Menschen mit erhöhtem Risiko durchgeführt wird.

Bei Labormitarbeitern, bei denen die Pneumokokken-Impfung wegen eines beruflich erhöhten Risikos vorgesehen ist, übernimmt der Arbeitgeber die Kosten.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Melanie Iris Zimmermann

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

Florian Tiefenböck hat Humanmedizin an der LMU München studiert. Im März 2014 stieß er als Student zu NetDoktor und unterstützt die Redaktion seither mit medizinischen Fachbeiträgen. Nach Erhalt der ärztlichen Approbation und einer praktischen Tätigkeit in der Inneren Medizin am Uniklinikum Augsburg ist er seit Dezember 2019 festes Mitglied des NetDoktor-Teams und sichert unter anderem die medizinische Qualität der NetDoktor-Tools.

Quellen:
  • Bundesamt für Gesundheit: "Pneumokokkenimpfung von Kindern unter 5 Jahren neu als Basisimpfung empfohlen", BAG-Bulletin 13 vom 25. März 2019, unter: www.bag.admin.ch (Abruf: 23.10.2023)
  • Fachinformationen zu Pneumokokken-Impfstoffen (EU), unter: www.dimidi.de und www.ema.europa.eu (Abruf: 23.10.2023)
  • Fachinformationen zu Pneumokokken-Impfstoffen (Schweiz), unter: www.swissmedicinfo.ch (Abruf: 23.10.2023)
  • Kassenärztliche Vereinigung Hamburg: Aktuelle Stiko - Empfehlung zur Pneumokokkenimpfung (Stand: 13.10.2023), unter: www.kvhh.net (Abruf: 23.10.2023)
  • Österreichisches Bundesministerium Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz sowie Nationales Impfgremium: "Impfplan Österreich 2023/2024" (Version 1.0 vom 05.09.2023), unter: www.sozialministerium.at (Abruf: 23.10.2023)
  • Österreichische Sozialversicherung: Pneumokokkenimpfung (Stand: 03.08.2023), unter: www.sozialversicherung.at (Abruf: 23.10.2023)
  • Paul-Ehrlich-Institut (PEI): "Pneumokokken-Impfstoffe" (Stand: 16.10.2023), unter: www.pei.de (Abruf: 23.10.2023)
  • Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Schutzimpfungen nach § 20i Absatz 1 SGB V (Stand: 14.09.2023), unter: www.g-ba.de (Abruf: 23.10.2023)
  • Robert Koch-Insitut (RKI): Epidemiologisches Bulletin 39/2023, unter: www.rki.de (Abruf: 23.10.2023)
  • Robert Koch-Institut (RKI): Epidemiologisches Bulletin 4/2023, unter: www.rki.de (Abruf: 23.10.2023)
  • Robert Koch-Institut (RKI): "Mitteilungen der STIKO zum Impfen bei eingeschränkter Verfügbarkeit von Impfstoffen" (Stand: 14.09.2023), unter: www.rki.de (Abruf: 23.10.2023)
  • Robert Koch-Institut (RKI): "Schutzimpfung gegen Pneumokokken: Häufig gestellte Fragen und Antworten" (Stand: 17.10.2023), unter: www.rki.de (Abruf: 23.10.2023)
  • Schweizerische Eidgenossenschaft: Schweizerischer Impfplan 2023, unter: www.bag.admin.ch (Abruf: 23.10.2023)
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