Rückenmark

Von , Medizinjournalistin
Sabine Schrör

Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.

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Das Rückenmark (Medulla spinalis) ist ein Strang von Nervenzellen und ihren langen Fortsätzen. Er liegt im Wirbelkanal innerhalb der knöchernen Wirbelsäule und reicht vom Hirnstamm bis zu den unteren Lendenwirbeln. Das Rückenmark ist für die Kommunikation zwischen dem Gehirn und dem restlichen Körper zuständig. Lesen Sie hier mehr über das Rückenmark, seine Anatomie und Funktion und mögliche gesundheitliche Probleme.

Was ist das Rückenmark?

Das Rückenmark bildet zusammen mit dem Gehirn das zentrale Nervensystem. Über die komplexen Nervenbahnen des Rückenmarks werden Signale zwischen dem Gehirn und dem restlichen Körper (Peripherie) hin und her geleitet.

Das Rückenmark ist rund 45 Zentimeter lang und hat einen Durchmesser von etwa einem Zentimeter.

Wo liegt das Rückenmark?

Das Rückenmark liegt im Wirbelkanal (Spinalkanal). Das ist ein knöcherner Kanal innerhalb der Wirbelsäule.

Wie ist das Rückenmark aufgebaut?

Das Rückenmark besteht aus Nerven, genauer gesagt aus Nervenzellkörpern und -fasern. Diese bilden ein komplexes Gebilde aus aufsteigenden sensiblen und absteigenden motorischen Nervenbahnen:

  • Die sensiblen Bahnen leiten Signale aus der Körperperipherie ans Gehirn weiter, also von unten nach oben (daher aufsteigend genannt).
  • Die motorischen Bahnen übermitteln Signale des Gehirns an die Muskulatur, also von oben nach unten (daher absteigend genannt).

Nervenwurzeln

Das Rückenmark ist aussen mit Nervenwurzeln „gespickt“: Die eingehenden Nerven aus der Körperperipherie gelangen über die sogenannten Vorderwurzeln ins Rückenmark und weiter über die sensiblen Nervenbahnen ins Gehirn.

Signale aus dem Gehirn werden durch die motorischen Nervenbahnen über sogenannte Hinterwurzeln aus dem Rückenmark heraus geleitet.

Spinalnerven

Die Fasernerven aus Vorder- und Hinterwurzeln vereinen sich paarweise und bilden die Spinalnerven. Diese stellen die Verbindung zu den Nerven der Körperperipherie her. Sie markieren den Übergang zwischen zentralem Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) und peripherem Nervensystem (alle anderen Nerven im Körper).

Die Paare aus vorderen und hinteren Nervenwurzelfasern ragen rechts und links zwischen den Wirbeln aus dem Rückenmark heraus. Sie gliedern das Rückenmark in Segmente, die den verschiedenen Körperregionen zugeordnet sind. Insgesamt gibt es 31 bis 33 dieser Segmente:

  • acht Halssegmente
  • zwölf Brustsegmente
  • fünf Lendensegmente
  • fünf Kreuzbeinsegmente
  • ein bis drei Steissbeinsegmente

Rückenmark im Querschnitt

Der Rückenmark-Aufbau lässt sich im Querschnitt genauer erkennen. Unter dem Mikroskop sieht man die sogenannte graue Substanz sowie die weisse Substanz.

Graue Substanz:

Die graue Substanz liegt schmetterlingsförmig mittig im Rückenmark und wird von der weissen Substanz umhüllt. Sie besteht vor allem aus Nervenzellkörpern. Ihre Aufgabe ist es, Reize aus Hirn und Peripherie aufzunehmen und zu verarbeiten.

Die graue Substanz gliedert sich in drei Abschnitte, die jeweils spezifische Aufgaben bei der Reizaufnahme und -verarbeitung haben:

  • Hinterhorn (der hinten gelegene Schmetterlingsflügel)
  • Zwischenhorn
  • Vorderhorn (der vorn gelegene Flügel)

Weisse Substanz:

Die weisse Substanz im Rückenmark besteht hauptsächlich aus Axonen. Das sind lange Nervenzellfortsätze. Sie leiten die Nervenimpulse aus dem Gehirn oder der Peripherie weiter.

Rückenmarkshäute

Das Rückenmark wird von drei bindegewebigen, dünnen Schichten umhüllt: den Rückenmarkshäuten. Von aussen nach innen sind dies:

  • die harte Aussenhülle namens Dura mater spinalis
  • die weichere Zwischenhaut namens Arachnoidea spinalis
  • die zarte Innenhaut namens Pia mater spinalis

Zwischen der mittleren und der inneren Rückenmarkshaut liegt ein spaltförmiger Raum, der mit Nervenwasser (Liquor) gefüllt ist. Mediziner nennen ihn Subarachnoidalraum.

An seinem oberen Ende mündet das Rückenmark in das verlängerte Mark (Medulla oblongata). Dieser Teil des Hirnstamms tritt über ein grosses Loch (Foramen magnum) in den knöchernen Schädel ein. An dieser Stelle gehen die Rückenmarkshäute in die Hirnhäute über.

Wo endet das Rückenmark?

Das Rückenmark ist etwas kürzer als die Wirbelsäule. Deshalb verlaufen die Spinalnerven unterhalb des Rückenmarks als Fasergeflecht durch den Wirbelkanal, ähnlich einem Pferdeschwanz. Diesen untersten Rückenmarksabschnitt nennen Mediziner deshalb auch «Cauda equina» (lateinisch für «Pferdeschwanz»).

Welche Funktion hat das Rückenmark?

Das Rückenmark hat die Aufgabe, Signale zwischen Gehirn und Körperperipherie weiterzuleiten. Es fungiert somit als Verbindungsapparat zwischen dem Gehirn und der Peripherie des Körpers:

Weiterleiten von Signalen aus der Peripherie ans Gehirn:

Wenn beispielsweise Sensoren in der Haut eine Berührung wahrnehmen, gelangt dieser Reiz über angeschlossene periphere Nerven zu den Spinalnerven und weiter über die Hinterwurzeln ins Rückenmark. Dieses leitet das Signal über sensible Nervenbahnen ins Gehirn.

Weiterleiten von Signalen vom Gehirn an die Peripherie:

Befiehlt das Gehirn zum Beispiel, die Hand auszustrecken, gelangt dieses Signal über absteigende motorische Nervenbahnen im Rückenmark an die Körperperipherie: Die motorischen Nerven treten an der sogenannten Vorderwurzel als motorische Nervenfasern aus dem Rückenmark aus. Sie übermitteln den Befehl über die zugehörigen Spinalnerven an periphere Nerven, die ihrerseits die entsprechende Muskeln «informieren».

Rückenmark: Reflexe

Manche Körperreaktionen werden vom Rückenmark selbstständig ausgelöst, ohne Beteiligung des Gehirns. Es handelt sich dabei um Reflexe.

Wenn etwa die Hand versehentlich die heisse Herdplatte berührt, zuckt sie reflexartig zurück. Diese schnelle Reaktion ist möglich, weil der Schmerzreiz nicht zuerst an das Gehirn weitergeleitet wird. Anderenfalls wäre die Reaktionszeit zu lang, und die Hand schon verbrannt, bevor der Befehl des Gehirns, die Hand zurückzuziehen, bei den Handnerven ankommt.

Rückenmark: Mögliche Krankheiten

Das Rückenmark kann bei verschiedenen Krankheiten und Verletzungen in Mitleidenschaft gezogen werden. Der medizinische Fachbegriff für eine Schädigung des Rückenmarks jeglicher Ursache lautet Myelopathie. Es zählen dazu zum Beispiel:

  • entzündliche Myelopathie: Eine Entzündung des Rückenmarks (Myelitis) kann etwa durch Viren oder Bakterien verursacht werden.
  • vaskuläre Myelopathie, bedingt durch Erkrankungen oder Verschlüsse der versorgenden Gefässe, z.B. Blutung im Wirbelkanal oder Rückenmarksinfarkt
  • Kompressionsmyelopathie: Quetschung des Rückenmarks, etwa durch einen Bandscheibenvorfall, eine Spinalkanalstenose oder einen Tumor
  • traumatische Myelopathie, z.B. bei einem Genickbruch oder einer Rückenmarksprellung (Contusio spinalis)
  • stoffwechselbedingte (metabolische) Myelopathie, z.B. funikuläre Myelose
  • toxische Myelopathie, z.B. bei Lathyrismus (chronische neurologische Erkrankung infolge regelmässiger Zufuhr bestimmter Hülsenfrüchte mit nervenschädigenden Eiweissbausteinen)

Welche Symptome eine Myelopathie hervorruft, hängt davon ab, in welcher Höhe und in welchem Ausmass das Rückenmark geschädigt ist. Möglich sind zum Beispiel Missempfindungen wie Kribbelgefühle (etwa in den Händen und Armen), Lähmungen (bis hin zur Querschnittslähmung) sowie Probleme beim Wasserlassen und Stuhlgang.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Sabine Schrör
Sabine Schrör

Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.

Quellen:
  • Bischoff, C. et al.: SOPs Neurophysiologische Diagnostik, Georg Thieme Verlag, 2018
  • Pschyrembel: Myelopathie, unter: www.pschyrembel.de (Abrufdatum: 10.10.2022)
  • Pschyrembel: Rückenmark, unter: www.pschyrembel.de (Abrufdatum: 10.10.2022)
  • Schoppmeyer, M.: Aufbauwissen Pflege Anatomie Physiologie, Urban & Fischer Verlag / Elsevier, 2021
  • Silverthorn, U.: Physiologie, 4. Auflage, Pearson Education Deutschland GmbH, 2009
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