Amorolfin

Von , Apotheker, Arzt
Benjamin Clanner-Engelshofen

Benjamin Clanner-Engelshofen ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Er studierte Biochemie und Pharmazie in München und Cambridge/Boston (USA) und merkte dabei früh, dass ihm die Schnittstelle zwischen Medizin und Naturwissenschaft besonders viel Spaß macht. Deshalb schloss er noch ein Studium der Humanmedizin an.

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Amorolfin wird gegen Pilzinfektionen der Haut, Finger- und Zehennägel eingesetzt. Da der Wirkstoff nur lokal aufgetragen wird und kaum ins Blut übertritt, führt die Behandlung bis auf örtliche Reaktionen kaum zu Nebenwirkungen und wird gut vertragen. Hier lesen Sie alles Interessante zur Wirkweise von Amorolfin, Nagellack- und Creme-Anwendung und zu möglichen unerwünschten Wirkungen.

So wirkt Amorolfin

Amorolfin ist ein Antimykotikum (Mittel gegen Pilzinfektionen). Der Wirkstoff hemmt die Ergosterol-Bildung in Pilzzellen und greift damit in den Aufbau der Pilzzellmembran ein. In der Folge kann der Pilz nicht wachsen und sich vermehren (fungistatische Wirkung) beziehungsweise stirbt sogar ab (fungizide Wirkung).

Die Membran von Pilzzellen enthält im Vergleich zu jener von tierischen und menschlichen Zellen den Baustein Ergosterol anstelle von Cholesterol (Cholesterin). Ergosterol macht - wie Cholesterin - die Zellmembran flexibel und elastisch.

Die Zellmembran ist lebensnotwendig: Ohne sie würde eine Zelle den vielfältigen mechanischen Beanspruchungen nicht standhalten können. Ausserdem könnten ohne Aussenhülle wichtige Stoffe schlichtweg aus der Zelle "auslaufen" und schädliche Stoffe leichter eindringen.

Amorolfin dringt gut in die Haut und Nägel ein und hat eine lange Wirkdauer. Aus diesem Grund muss der wirkstoffhaltige Nagellack, im Gegensatz zu anderen Lokalantimykotika, nur ein- bis zweimal pro Woche aufgetragen werden.

Aufnahme, Abbau und Ausscheidung

Amorolfin wird ausschliesslich lokal auf die Haut oder den Nagel aufgetragen und gelangt in kaum messbaren Konzentrationen in die Blutbahn.

Wann wird Amorolfin eingesetzt?

Amorolfin ist zur Behandlung von Pilzerkrankungen der Haut (Dermatomykose) und der Nägel (Onychomykose) zugelassen. Dabei ist der Wirkstoff sehr wirksam gegen die häufigsten Pilze, die zu solchen Infektionen führen wie Hefen (Candida, Cryptococcus), Dermatophyten (Trichophyton), Schimmelpilze (Alternaria) und dimorphe Pilze (Histoplasma).

Die Dauer der Behandlung mit der Amorolfin-Creme bei Hautpilz beträgt zwei bis sechs Wochen. Der Amorolfin-Nagellack wird bei Fingernagelinfektionen bis zu sechs Monate und bei Fussnagelinfektionen bis zu zwölf Monate angewendet.

Die längere Behandlungsdauer bei Nagelpilz im Vergleich zu Hautpilz erklärt sich im langsamen Wachstum der Nägel - es dauert also sehr lange, bis der erkrankte Nagelteil vollständig herausgewachsen ist (was eine Voraussetzung für den Erfolg der Behandlung ist).

So wird Amorolfin angewendet

Zur Behandlung von Hautpilz wird eine Amorolfin-Creme mit 0,25 Prozent Wirkstoffgehalt (2500 Mikrogramm pro Gramm Creme) täglich abends auf die erkrankten Stellen und etwas darüber hinaus aufgetragen. Nach vollständigem Abheilen der Infektion sollte die Creme noch einige Tage länger angewendet werden.

Zur Behandlung von Nagelpilz werden Amorolfin-Nagelkur-Sets angeboten. Diese enthalten meist einen Amorolfin-Nagellack (mit einem Wirkstoffgehalt von fünf Prozent Amorolfin) und zusätzlich Einmal-Nagelfeilen und Alkoholtupfer. Die richtige Anwendung ist dabei entscheidend für den Therapieerfolg:

  • Vor dem Auftragen des Lacks müssen die erkrankten Stellen des Nagels sorgfältig mit der Einmal-Nagelfeile abgetragen werden. Die Feile sollte danach entsorgt werden - verwendet man sie hinterher an gesunden Nägeln, können diese ebenfalls infiziert werden.
  • Nun wird die betroffene Stelle mit einem Alkoholtupfer sorgfältig entfettet, damit der Wirkstoff gut in den Nagel eindringen kann.
  • Nachdem der Alkohol auf dem Nagel getrocknet ist, wird der Nagellack auf den ganzen Nagel aufgetragen.

Diese Behandlung muss wöchentlich wiederholt werden, wobei man noch vorhandene Nagellackreste der Vorwoche vor dem erneuten Auftragen entfernen muss. Die Behandlung sollte so lange erfolgen, bis die betroffene Nagelstelle herausgewachsen ist, was mitunter bis zu einem Jahr dauern kann.

Welche Nebenwirkungen hat Amorolfin?

Die Nebenwirkungen bei der lokalen Anwendung von Amorolfin sind selten und meist nur schwach ausgeprägt.

Bei einem von tausend bis zehntausend Behandelten kommt es zu Hautreizung, Rötung, Juckreiz, brennendem Gefühl auf der Haut, Nagelerkrankungen, Nagelverfärbungen und brüchigen Nägeln.

Bei weniger als einem von zehntausend Patienten entwickelt sich eine Kontaktallergie. In diesem Fall sollte die Behandlung abgebrochen und ein Arzt informiert werden.

Was ist bei der Anwendung von Amorolfin zu beachten?

Gegenanzeigen

Amorolfin darf bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der anderen Bestandteile des Medikaments nicht angewendet werden.

Wechselwirkungen

Bislang sind keine Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen bekannt.

Die Amorolfin-haltigen Cremes und Lacke sollten nicht mit Schleimhäuten in Kontakt kommen.

Patienten, die mit organischen Lösungsmitteln arbeiten (wie Farben und Lacken), sollten lösungsmittelundurchlässige Handschuhe oder eine vergleichbare Schutzausrüstung tragen, damit die Wirkung des Nagellacks nicht beeinträchtigt wird.

Altersbeschränkung

Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wurde die Behandlung mit Amorolfin-Nagellack nicht untersucht, weshalb sie zuvor ärztlich abgeklärt werden sollte. Erwachsene können Amorolfin problemlos anwenden.

Schwangschaft und Stillzeit

Es liegen keine ausreichenden Daten zur Anwendung von Amorolfin in der Schwangerschaft und Stillzeit vor. Deshalb rät die Fachinformation davon ab - es sei denn, die Amorolfin-Anwendung ist eindeutig erforderlich. In Tierstudien konnte eine Reproduktionstoxizität beobachtet werden, also eine fruchtbarkeitsgefährdende und fruchtschädigende Wirkung.

Die klinische Erfahrung zeigte jedoch bislang keine relevanten Nebenwirkungen bei Kindern, deren Mütter Amorolfin angewendet haben. Weil der Wirkstoff aus dem Nagellack bzw. der Creme kaum in die Blutbahn übertritt, sind solche auch wenig wahrscheinlich.

Schwangere Frauen sollten Amorolfin-Creme aber nicht auf grösseren oder verletzten Hautarealen auftragen. Ausserdem sollte die Haut nach dem Auftragen nicht abgedeckt werden, da sonst möglicherweise vermehrt Amorolfin durch die Haut ins Blut gelangt und das Ungeborene schädigen kann.

Stillende Mütter sollten Amorolfin-Creme nicht im Bereich der Brust anwenden, da der Säugling ansonsten unbeabsichtigterweise Wirkstoffreste mit dem Mund aufnimmt. Es empfiehlt sich zudem, die Hände nach dem Auftragen der Creme gründlich mit Seife zu waschen.

So erhalten Sie Medikamente mit Amorolfin

Nagellack-Präparate mit dem Wirkstoff Amorolfin sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz rezeptfrei und apothekenpflichtig. Sie können daher in jeder Apotheke erworben werden.

Die Amorolfin-Creme befindet sich zurzeit nur in Deutschland im Handel. Sie ist wie der Nagellack rezeptfrei und apothekenpflichtig.

Seit wann ist Amorolfin bekannt?

Amorolfin wurde 1992 rezeptpflichtig zugelassen. Mittlerweile ist das Antimykotikum rezeptfrei in Deutschland und anderen europäischen Ländern erhältlich. Seit Ablauf des Patentschutzes kamen diverse Generika mit dem Wirkstoff Amorolfin auf den Markt.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Benjamin Clanner-Engelshofen
Benjamin Clanner-Engelshofen

Benjamin Clanner-Engelshofen ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Er studierte Biochemie und Pharmazie in München und Cambridge/Boston (USA) und merkte dabei früh, dass ihm die Schnittstelle zwischen Medizin und Naturwissenschaft besonders viel Spaß macht. Deshalb schloss er noch ein Studium der Humanmedizin an.

Quellen:
  • Aktories, K. et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 11. Auflage, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2013.
  • Fachinformation: Amorolfin, unter: www.fachinfo.de (Abruf: 19.02.2022).
  • Friese, K. et al.: Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 8. Auflage, 2016.
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