Haare

Von , Ärztin
Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

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Die Haare sind Gebilde aus Keratin, die bei Menschen und Säugetieren den ganzen Körper mehr oder weniger dicht bedecken. Sie schützen vor Witterungseinflüssen und erhöhen den Tastsinn. Sie haben beim Menschen auch die Funktion einer Gruppenzugehörigkeit und sind Ausdruck von Lebenseinstellungen und Werten. Lesen Sie alles Wichtige zum Thema: Woraus bestehen Haare? Wie entwickeln sie sich? Welche gesundheitlichen Probleme können die Haare betreffen?

Was sind die Haare?

Haare sind lange Hornfäden, die aus Keratin bestehen. Als sogenannte Hautanhangsgebilde bilden sie sich ab dem dritten Embryonalmonat in der Oberhaut.

Man unterscheidet drei Haartypen beim Menschen:

  • Lanugohaare (Flaumhaare): feine, kurze, dünne und unpigmentierte Haare, die während der Embryonalzeit vorkommen und spätestens bis zum 4. Lebensmonat abgestossen werden.
  • Vellushaare (Wollhaare): diese kurzen, feinen, leicht pigmentierten Haare ersetzen zunächst die Lanugohaare. Sie bilden bei Kindern, teils aber auch bei Frauen die Körperbehaarung.
  • Terminalhaare (Dauerhaare): meist lange, dicke und mehr oder weniger pigmentierte Haare, die seit der Geburt die Kopfhaare, Wimpern und Augenbrauen bilden. In der Pubertät werden aus den Vellushaaren in Achseln und im Genitalbereich solche Terminalhaare. Das Gleiche gilt für den Grossteil der männlichen Körperhaare.

Haare: Aufbau

Haare entstehen aus zapfenförmigen Anlagen in der Tiefe der Oberhaut, die in das embryonale Bindegewebe einwachsen. Daraus entwickelt sich die Haarpapille, ein durchbluteter Bindegewebszapfen. Um diese herum sitzt die Haarzwiebel, das verdickte Ende der Haarwurzel, die schräg in die Unterhaut reicht.

Äusserlich sichtbar ist nur der aus der Haut ragende Haarschaft. Das Haar wird nach aussen von einem einfachen, verhornten Plattenepithel umgeben (Kutikula), das nach oben gerichtete, gezackte Kanten hat. Diese Kanten greifen dachziegelartig übereinander. Wenn sie dicht ineinander greifen, wirkt das Haar glatt und glänzend. Wenn sie aber auseinander stehen, wirkt es spröde und glanzlos.

Da die Haare schräg in der Haut stehen, ist eine Richtung, ein „Strich“, zu erkennen. Sichtbar wird dies besonders bei Wirbeln, die die Haare bilden.

Zwischen dem Haarbalg und der Hautoberfläche verläuft ein Haarbalgmuskel, der sich bei Erregung zusammenziehen kann, wodurch sich die Haare aufstellen und die Hautoberfläche wie eine „Gänsehaut“ aussehen lassen.

Ob Haare glatt oder lockig sind, liegt am Querschnitt des Haarschafts. Ist der Querschnitt rund, sind sie meist sehr glatt. Bei einem runden bis ovalen Querschnitt sind sie glatt oder können Locken bilden. Bei einem stark elliptischen Querschnitt bilden sie meist sehr starke, kleine Locken.

Die Entwicklung eines Haares erfolgt zyklisch, und jeder Haarfollikel oder Haarbalg hat einen eigenen Zyklus, der unabhängig von anderen Haarfollikeln ist. Der Zyklus lässt sich in drei Abschnitten einteilen: Anagen-, Katagen- und Telogenphase.

Haar-Entwicklung: Anagenphase

Die Haarzwiebel nimmt während der Entwicklung des Haarschafts verschiedene Formen an:

In der Wachstumsphase (Anagenphase), in der sich ein neues Haar bildet, entsteht auch eine neue Zwiebel in der Haarwurzel, die durch dauernde Neubildung von Zellen in mehreren Lagen geschichtet ist. Es besteht eine hohe Stoffwechselaktivität, aber auch eine hohe Empfindlichkeit gegenüber Schadstoffen aller Art.

Die Anagenphase dauert zwei bis sechs Jahre und ist abhängig vom Alter, Geschlecht und von der Stelle, an der das Haar wächst. Etwa 90 Prozent der Kopfhaare befinden sich in der Anagenphase.

Haar-Entwicklung: Katagenphase

In der Übergangsphase (Katagenphase) enden die Stoffwechselaktivität und damit die Zellproduktion der Haarzwiebel – sie wird geschlossen und verhornt (Einlagerung von Keratin). Das Haar wird unten abgerundet und von der äusseren Scheide der Haarwurzel umschlossen und rückt langsam nach oben.

Die Katagenphase dauert ein bis zwei Wochen. In ihr befinden sich etwa ein Prozent der Kopfhaare.

Haar-Entwicklung: Telogenphase

In der End- oder Ruhephase (Telogenphase) wird die Zwiebel verdrängt, die innere Haarwurzelscheide verschwindet und die neu entstandene Matrix erneuert die Haarpapille und die Zellteilung beginnt wieder. Es bildet ein neues „Anagenhaar“, das dann das Kolbenhaar in seiner Telogenphase ausstösst.

In dieser Phase befinden sich etwa 18 Prozent der Haare auf dem Kopf. Die Telogenphase dauert zwei bis vier Monate.

Wie viele Haare hat ein Mensch?

Die Zahl der Kopfhaare beträgt ungefähr 90.000 bis 100 000. Es gibt aber deutliche Unterschiede bei Menschen mit verschiedenen Haarfarben: Im Durchschnitt die meisten Haare haben blonde Menschen mit rund 140.000. Dann folgen brünette Menschen mit rund 100.000 Haaren auf dem Kopf. Das Schlusslicht bilden Rothaarige mit nur etwa 85.000 Haaren.

Trotz Unterschieden bei der Gesamtzahl ist aber die Zahl der Haare, die täglich ausfallen, bei allen gleich: Der natürliche Haarausfall beträgt etwa 70 bis 100 Haare pro Tag.

Die Haare wachsen täglich um etwa 0,3 Millimeter, also etwa einen Zentimeter im Monat. Die Haardicke (Durchmesser/Haar) beträgt bei den Vellushaaren 0,04 Millimeter, bei den Terminalhaaren 0,12 Millimeter. Die Dichte liegt bei etwa 200 Haaren pro Quadratzentimeter.

Die Haarfarbe

Die Farbe der Haare entsteht durch Pigmente, die von bestimmten Zellen, den Melanozyten, gebildet wird. Diese Zellen finden sich reichlich im Bereich der Haarzwiebel. Wenn Luft in das Haarmark eindringt, führt dies zum Ergrauen. Die anfängliche Mischung von farblosen und naturfarbenen Haaren erweckt den Eindruck von „Grau“. Wenn alle Haare pigmentfrei sind, sehen sie weiss aus.

Welche Funktion haben die Haare?

Bei vielen Tieren sind die Haare wichtig für die Wärmeisolierung, als Schutz gegen äussere Einflüsse und als Orientierungs- und Tastorgane. Bei Menschen spielen diese Haarfunktionen keine grosse Rolle mehr. Nur noch spezielle Haare haben eine Schutzfunktion. So schützen die Kopfhaare vor Kälte und UV-Strahlung und die Haare in Nase und Gehörgang vor dem Eindringen von Staubpartikeln.

Darüber hinaus können auch menschliche Haare (wie tierische) Berührungsempfindungen, Druck- und Tastreize weitergeben – dank der vielen Nervenendigungen an der Haarwurzel.

Nicht zuletzt haben Haare in allen Kulturen eine bedeutende Funktion als Schmuck.

Wo befinden sich die Haare?

Sie befinden sich auf der gesamten Körperoberfläche mit wenigen Ausnahmen – Handflächen und Fusssohlen, Fingerinnenseiten, Brustwarzen und Lippen sind haarlos. Auch Schleimhäute sind grundsätzlich unbehaart.

Welche Probleme können die Haare verursachen?

Eine eitrige Entzündung der Haarbalgdrüse nennt man Furunkel. Ihre schwerste Verlaufsform wird als Karbunkel bezeichnet. Dabei sind mehrere benachbarte Haarfollikel entzündet (mit Gewebeeinschmelzung).

Schadstoffe

Giftstoffe schädigen Haare besonders in der Anagenphase. Die Stärke und Dauer der Einwirkung eines Schadstoffs und die Empfindlichkeit des einzelnen Follkels spielen eine Rolle bei der Intensität der Schädigung.

Bei leichteren Schadstoffen wandeln sich Anagenhaare vorzeitig in Telogenhaare um, was nach zwei bis vier Monaten (entsprechend der Dauer der Telogenphase) zu Haarausfall führt.

Bei stärkeren Schadstoffen wird nur ein Teil der Anagenhaare in Telogenhaare umgewandelt. Die Mehrzahl der empfindlichen Anagenhaare wird dystrophisch und bricht an der schmalsten Stelle ab, was zu einem rasch einsetzenden Haarausfall führt.

Bei sehr starken Schadstoffen passieren die Umwandlung und das Einsetzen des Haarausfalls innerhalb von Stunden bis Tagen.

Extrem starke oder plötzlich einwirkende Schadstoffe führen innerhalb von Stunden zu einem Untergang der gesamten Haarmatrix: Die Haare brechen und fallen aus.

Haarausfall und Haarmangel

Die Bildung einer Glatze beruht bei Männern auf einer erblichen Veranlagung. Sie kann schon kurz nach der Pubertät einsetzen.

Androgene (männliche Geschlechtshormone) wie Testosteron haben auf das Wachstum der Haare unterschiedliche Wirkungen. Die Entwicklung der Kopfhaare wird gehemmt, es kommt zu Haarausfall und Glatzenbildung (wobei hier auch Vererbung und Alter eine Rolle spielen). Die Entwicklung der Körperhaare bei Männern wird dagegen durch Androgene gefördert.

Bei manchen Menschen kommt es plötzlich zu einem kreisrunden Haarausfall (Alopecia areata). Er kann zum Beispiel die Haare am Kopf, Bart, unter den Achseln, in der Genitalregion oder die Augenbrauen betreffen.

Ein Haarmangel (Hypotrichose) kann verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel Stoffwechselstörungen (wie Eisenmangel oder Mangelernährung), hormonelle Veränderungen (etwa in der Schwangerschaft, Stillzeit und in den Wechseljahren) oder Infektionskrankheiten (wie Typhus, Spätstadium der Syphilis, Grippe). Eine Hypotrichose kann aber auch erblich bedingt und angeboren sein.

Übermässig viele Haare

Bei Frauen führt ein Überschuss an Androgenen zu einem männlichen Behaarungstyp (Hirsutismus). Die Ursache dafür bleibt in manchen Fällen unklar. In anderen ist der Grund eine Überproduktion von Testosteron (etwa bei Eierstocktumoren, Morbus Cushing, Adipositas oder Polyzystischem Ovarialsyndrom).

Menschen mit der sogenannten Hypertrichosis congenita tragen am Körper lange, dichte, seidigenartige Haare: Die angeborenen Lanugohaare weiter bestehen und werden nicht durch Vellushaare ersetzt. Die Betroffenen werden oft umgangssprachlich auch "Affenmenschen" genannt.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Eva Rudolf-Müller
Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

Quellen:
  • Altmeyer, P.: Therapielexikon Dermatologie. Springer-Verlag. 2. Auflage, 2005
  • Braun-Falco,O.: Dermatologie und Venerologie. Springer-Verlag. 5. Auflage, 2005
  • Elsässer, S.: Körperpflege und Kosmetik. Springer-Verlag, 2013
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. Walter De Gruyter Verlag. 262. Auflage, 2002
  • Umbach, W.: Kosmetik und Hygiene. Wiley-VCH Verlag, 3. Auflage, 2004
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