Hirsutismus

Von , Medizinredakteurin und Biologin
und , Medizinjournalistin
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

Sabine Schrör

Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.

Alle NetDoktor.ch-Inhalte werden von medizinischen Fachjournalisten überprüft.

Von Hirsutismus spricht man, wenn Frauen stark behaart sind an Stellen, die eher typisch für die männliche Körperbehaarung sind. Dazu gehören etwa Kinn und Oberlippe ("Damenbart"), Wangen, Oberarme, Rücken und Bauch. Mögliche Ursachen sind hormonelle Erkrankungen oder Tumoren; meist steckt jedoch keine Grunderkrankung dahinter. Lesen Sie hier mehr über Behandlungsmöglichkeiten und Ursachen von Hirsutismus.

hirsutismus

Kurzübersicht

  • Behandlung: Therapie auslösender Grunderkrankungen, Ersatz durch andere Wirkstoffe, medikamentöse Therapie (z. B. mit Antiandrogenen), rasieren, epilieren, chemische Haarentfernung, Laserhaarentfernung, Veröden von Haarfollikeln
  • Wann zum Arzt? Bei plötzlich auftretender, starker männlicher Körperbehaarung, vor allem, wenn weitere Symptome hinzukommen wie eine tiefere Stimmlage oder eine stark vergrösserte Klitoris
  • Ursachen: Gestörte Testosteronproduktion in Eierstöcken oder Nebennieren, Eierstock- oder Nebennierentumoren, Morbus Cushing, Porphyrien, bestimmte Medikamente (wie Anabolika, Glukokortikoide), erblich bedingte Übersensibilität der Haarfollikel gegenüber Testosteron
  • Diagnostik: Erhebung der Krankengeschichte, körperliche Untersuchung, Bluttests (mit Hormonmessungen), Computertomografie (CT) oder Ultraschalluntersuchung

Hirsutismus: Behandlung

Die Behandlung des Hirsutismus erfolgt individuell an jede Patientin angepasst. Sie hängt im Wesentlichen von der Ursache der Störung ab. Zusätzlich richtet sich der Umgang mit Damenbart und Co. danach, wie stark die störende Körperbehaarung ausgeprägt ist und an welchen Stellen sie auftritt. Weitere wichtige Faktoren sind das Alter der Patientin, eventuelle Vorerkrankungen sowie der Wunsch nach Kindern beziehungsweise nach einer Empfängnisverhütung.

Es gibt also verschiedene Behandlungsmöglichkeiten bei Hirsutismus, die manchmal auch miteinander kombiniert werden. Dazu gehört zum Beispiel:

Die Behandlung eventueller Grunderkrankungen, wenn der Arzt diese als Ursache für die männliche Körperbehaarung identifiziert hat. So wird ein zugrunde liegendes polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) oft mit Clomifen behandelt, bei Bedarf begleitet von einer Gewichtsreduktion. Das betrifft insbesondere Frauen mit Hirsutismus, die schwanger werden wollen. Ist ein hormonproduzierender Tumor der Eierstöcke oder Nebennieren Auslöser für den Hirsutismus, wird dieser meist operativ entfernt.

Bei medikamentös bedingtem Hirsutismus versuchen Ärzte und Patienten, das verursachende Medikament abzusetzen beziehungsweise zu ersetzen – durch ein Präparat, das keinen Hirsutismus verursacht. Die verstärkte Behaarung verschwindet dann meist von selbst.

Darüber hinaus kommen oft Medikamente gegen Hirsutismus zum Einsatz, zum Beispiel:

  • Antiandrogene: Wirkstoffe wie Cyproteronacetat drosseln die Wirkung der männlichen Sexualhormone an den Haarfollikeln und hemmen so das übermässige Haarwachstum. Antiandrogene verschreibt der Arzt entweder als Einzelsubstanz (Monotherapie) oder in Kombination mit einem hormonellen Verhütungsmittel (Ethinylestradiol).
  • Ethinylestradiol: Der Ovulationshemmer (Eisprunghemmer) verringert die Testosteronausschüttung der Eierstöcke und hat gleichzeitig eine empfängnisverhütende Wirkung.
  • GnRH-Analoga (Gonadotropin-Releasing-Hormon-Analoga)unterdrücken die Ausschüttung bestimmter Hormone, sodass in den Eierstöcken weniger Androgene produziert werden.
  • Glukokortikoide(Kortison-Präparate) unterdrücken die Stimulation der hormonproduzierenden Nebennierenrinde.
  • Eflornithin:Für eine lokale Hirsutismus-Behandlung verschreibt der Arzt gegebenenfalls eine eflornithinhaltige Creme. Diese tragen die Betroffenen zweimal täglich im Abstand von mindestens acht Stunden dünn auf die betroffenen Hautstellen auf. Die hemmende Wirkung auf das Haarwachstum zeigt sich erst nach mehrwöchiger Behandlung und geht wieder verloren, wenn die Creme abgesetzt wird. Cremes mit Eflornithin kommen vorwiegend für die Hirsutismus-Behandlung im Gesicht zum Einsatz.

Das können Sie selbst tun

Bei leichtem Hirsutismus hilft eine kosmetische Behandlung: Haare auf dem Rücken oder im Gesicht lassen sich beispielsweise regelmässig wegrasieren oder epilieren. Auch chemische Enthaarungsmittel helfen gegen die Behaarung. Lassen Sie sich die Anwendung aber am besten vor dem ersten Mal von einem Experten erklären, um Nebenwirkungen wie Hautreizungen zu vermeiden.

Der Hirsutismus lässt sich ausserdem per Laserenthaarung oder durch das Veröden der Haarwurzeln ausbremsen. Alternativ lassen sich die dunklen Terminalhaare mit Wasserstoffperoxid bleichen.

Überlassen Sie solche Behandlungen unbedingt einem Experten (Hautarzt oder spezialisierter Kosmetiker)!

Manche Frauen versuchen, Hirsutismus natürlich zu behandeln; zum Beispiel mit einer Ernährungsumstellung. Hierzu gibt es jedoch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Hirsutismus: Wann zum Arzt?

Der richtige Ansprechpartner bei einem Hirsutismus ist zunächst der Hautarzt oder der Frauenarzt (Gynäkologe). Bei der weiteren Abklärung der hormonellen Ursachen hilft bei Bedarf ein Endokrinologe – also ein Hormonspezialist – weiter. Spezielle Fragen bezüglich der Behaarung sind gegebenenfalls ein Fall für den Hautarzt.

Auf jeden Fall ist ein Arztbesuch ratsam, wenn die verstärkte Körperbehaarung plötzlich auftritt – insbesondere dann, wenn weitere Symptome (wie eine tiefere Stimme oder ein Wachstum der Klitoris) hinzukommen. Aber auch bei leichteren Formen eines Hirsutismus empfiehlt sich die Rücksprache mit dem Haut- oder Frauenarzt, wenn ein grosser persönlicher Leidensdruck damit verbunden ist.

Hirsutismus: Ursachen und Risikofaktoren

Bei einem Hirsutismus sind ganz unterschiedliche Ursachen möglich:

Idiopathischer Hirsutismus

Rund neun von zehn Betroffenen leiden unter einem idiopathischen Hirsutismus. Das heisst, dass sich der Hirsutismus nicht auf eine Grunderkrankung zurückführen lässt. Das Symptom beruht dann vielmehr auf einer genetischen Veranlagung. Experten vermuten, dass die Haarfollikel der Betroffenen überempfindlich auf Testosteron reagieren (bei normalem Testosteronspiegel).

Ursachen im Bereich der Eierstöcke

Die Eierstöcke (Ovarien) sind bei Frauen die wichtigsten Testosteron-Produktionsstätten. Bilden sie zu viel des männlichen Sexualhormons, steigt der Testosteronspiegel im Blut. Mediziner sprechen dann von einem erhöhten freien Testosteronindex.

Eine Testosteron-Überproduktion in den Eierstöcken tritt zum Beispiel beim polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) auf. Diese komplexe Funktionsstörung der Eierstöcke geht mit Zyklusstörungen, Fettleibigkeit (Adipositas) und Hirsutismus einher.   

Eine sehr seltene ovarielle Ursache für Hirsutismus ist ein Eierstocktumor, der männliche Sexualhormone produziert.

Ursachen im Bereich der Nebennieren

Die Ursache für Hirsutismus liegt in manchen Fällen auch in einer Funktionsstörung der Nebennieren – bei Frauen wird dort ebenfalls Testosteron gebildet. Ein Beispiel ist das sogenannte adrenogenitale Syndrom (AGS). Unter diesen Begriff fällt eine Gruppe von Stoffwechselerkrankungen, bei denen die Hormonproduktion in den Nebennieren gestört ist. Unter anderem werden dabei vermehrt Androgene wie Testosteron produziert.

Selten steckt ein androgen-produzierender Tumor der Nebennieren hinter dem Hirsutismus.

Medikamentös bedingter Hirsutismus

Manchmal entwickelt sich Hirsutismus infolge einer langfristigen oder hoch dosierten Behandlung mit bestimmten Medikamenten. Zu diesen Medikamenten zählen zum Beispiel:

  • Androgene (männliche Sexualhormone)
  • Anabolika (Muskelaufbaumittel)
  • Gestagene (weibliche Sexualhormone)
  • ACTH (nebennierenrinden-stimulierendes Hormon)
  • Glukokortikoide ("Kortison")
  • Minoxidil (Blutdrucksenker und Haarwuchsmittel)
  • Ciclosporin (nach Transplantationen und bei Autoimmunerkrankungen)
  • Diazoxid (bei Unterzuckerung)

Andere Ursachen für Hirsutismus

Weitere mögliche Auslöser von Hirsutismus sind beispielsweise:

  • Akromegalie (seltene hormonelle Erkrankung mit einem Überschuss an Wachstumshormon)
  • Morbus Cushing (übermässige Produktion des Hormons ACTH, bedingt durch einen Tumor der Hirnanhangdrüse)
  • Porphyrie (Gruppe von Stoffwechselerkrankungen)
  • Neurologische Erkrankungen

Was ist Hirsutismus?

Frauen mit Hirsutismus leiden unter verstärktem Haarwuchs an typisch männlichen Behaarungsstellen wie Kinn und Oberlippe ("Damenbart"), Brust und Bauch. Auch Arme und Oberschenkel sind bei Hirsutismus häufig betroffen. Statt der hellen, weichen Härchen (Vellushaare), die normalerweise bei Frauen an den genannten Stellen spriessen, erscheinen dunkle, dicke Haare (Terminalhaare). Manchmal ist der Hirsutismus nur sehr leicht ausgeprägt, es gibt aber auch schwere Formen.

Die möglichen Ursachen des Symptoms sind vielfältig. Einige davon gehen mit einem erhöhten Testosteronspiegel im Blut einher, andere nicht. Testosteron ist der wichtigste Vertreter männlicher Sexualhormone (Androgene). Meist entwickelt sich Hirsutismus infolge von hormonellen Umstellungen, besonders in der Pubertät, während der Schwangerschaft und in den Wechseljahren. Dabei scheinen dunkle Haut- und Haartypen gefährdeter zu sein als helle.

Unterscheidung zwischen Hirsutismus und Hypertrichose

Vom Hirsutismus zu unterscheiden ist die Hypertrichose. Dabei verstärkt (verdichtet) sich die normale Körperbehaarung, entweder am ganzen Körper oder lokalisiert. Es werden dabei aber androgen-abhängige Körperstellen (wie der Bartbereich) nicht bevorzugt, wie das beim Hirsutismus der Fall ist. Bei der Entstehung von Hypertrichose scheinen Androgene wie Testosteron demnach keine Rolle zu spielen.

Virilisierung (Vermännlichung)

Manchmal begleiten weitere typisch männliche Veränderungen den Hirsutismus. Dann wird die Stimme der betroffenen Frau tiefer, während die Kopfbehaarung dünner wird bis hin zur Glatze. Typisch für die Virilisierung (Vermännlichung) sind zudem Zyklusstörungen. Ausserdem beobachtet man bei manchen der betroffenen Frauen eine verstärkte Muskelbildung, wogegen die Brüste schrumpfen und erschlaffen. Verantwortlich für diese Vermännlichung ist immer die vermehrte Bildung männlicher Sexualhormone.

Hirsutismus: Untersuchungen und Diagnose

Der Mediziner wird Sie zunächst zu Ihrer Krankengeschichte befragen (Anamnese). Er erkundigt sich zum Beispiel, wann die männliche Behaarung eingesetzt hat, ob weitere Frauen in Ihrer Familie davon betroffen sind, ob Sie an bestimmten Grunderkrankungen leiden und welche Medikamente Sie einnehmen.

Es empfiehlt sich auch, den Arzt über sonstige Anzeichen von Virilisierung zu informieren, zum Beispiel über eine tiefere Stimmlage, ein mögliches Ausbleiben der Regelblutung oder eine ungewöhnlich stark vergrösserte Klitoris (Klitorishypertrophie). Auf solche Veränderungen und auf das Muster der verstärkten Körperbehaarung achtet der Mediziner auch bei der körperlichen Untersuchung.

Daran schliessen sich Blutuntersuchungen an. Im Fokus stehen dabei die Messwerte verschiedener Hormone wie Testosteron, Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEAS, eine Vorstufe von Testosteron und anderen Sexualhormonen) sowie Prolaktin (fördert unter anderem die Muttermilchbildung). Diese Daten liefern wichtige Hinweise auf die mögliche Ursache des Hirsutismus:

  • Sind die Werte von Testosteron, DHEAS und Prolaktin normal, ist der Hirsutismus idiopathisch bedingt oder auf ein polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) zurückzuführen.
  • Wenn dagegen Testosteron- und DHEAS-Werte unauffällig sind, der Prolaktinspiegel aber erhöht ist, weist dies eventuell auf einen gutartigen Tumor der Hirnanhangdrüse (Hypophysenadenom) hin. Auch bestimmte Medikamente erhöhen mitunter den Prolaktinspiegel.

Je nach vermuteter Ursache wird der Arzt weitere Untersuchungen durchführen. So lassen sich etwa mit einer Computertomografie (CT) oder einer Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes Tumoren der Eierstöcke oder Nebennieren entdecken.

Autoren- & Quelleninformationen

Jetzt einblenden
Datum :
Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

Sabine Schrör
Sabine Schrör

Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.

Quellen:
  • Altmeyer, P. & Paech, V.: Therapielexikon Dermatologie und Allergologie. Springer Verlag, 2005
  • Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e. V.: Hirsutismus, unter: www.endokrinologie.net (Abrufdatum: 13.06.2022)
  • Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin e. V. und des Berufsverbands der Frauenärzte e. V.: Hirsutismus – Medikamentöse Therapie, unter: www.kup.at (Abrufdatum: 13.06.2022)
  • Greten, H. et al.: Innere Medizin. Georg Thieme Verlag, 2010
  • Guillou, I. et al.: Medizin für Heilpraktiker. Georg Thieme Verlag, 2012
  • Leidenberger, F. et al.: Klinische Endokrinologie für Frauenärzte. Springer Verlag, 2014
  • Sterry, W. et al.: Checkliste Dermatologie. Georg Thieme Verlag, 2014
  • Technau, K.: Dermatologie. Georg Thieme Verlag, 2010
  • Traupe, H. & Hamm, H.: Pädiatrische Dermatologie. Springer Verlag, 2006
  • von Wolff, M. et al.: Verstärkte Körperbehaarung. Lokal oder hormonal behandeln?, in: Der Allgemeinarzt 15/2011
Teilen Sie Ihre Meinung mit uns
Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie NetDoktor einem Freund oder Kollegen empfehlen?
Mit einem Klick beantworten
  • 0
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
0 - sehr unwahrscheinlich
10 - sehr wahrscheinlich