Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR)

Nicht-steroidale-Antirheumatika (kurz: NSAR) sind eine Gruppe von Wirkstoffen, die schmerzstillend, fiebersenkend und entzündungshemmend wirken. Man bezeichnet sie in der Medizin häufig auch als NSAID (engl.: non-steroidal anti-inflammatory drug) oder nicht-steroidale Antiphlogistika. Bekannte Vertreter sind Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Diclofenac. Lesen Sie hier, wie NSAR wirken, wie man sie anwendet und welche Nebenwirkungen möglich sind!

Wirkung

Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wirken in erster Linie als Schmerzmittel, Entzündungshemmer und Fiebersenker. Darüber hinaus nutzt man sie teilsweise als Gerinnungshemmer (umgangssprachlich "Blutverdünner" genannt).

Der Namensteil "nicht-steroidal" zeigt an, dass die Wirkstoffe nicht zur Gruppe der Steroide (Glukokortikosteroide, "Kortison") gehören. Der Namensteil "Antirheumatika" deutet an, dass sich NSAR (unter anderem) zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen eignen – dank ihrer entzündungshemmenden Wirkung.

NSAR hemmen COX-Enzyme

Nicht-steroidale Antirheumatika hemmen die Cyclooxygenase-Enzyme (kurz: COX). Man unterscheidet zwei Unterformen der Enzyme:

  • COX-1: Die Cyclooxygenase-1 bildet aus der Fettsäure Arachidonsäure den Botenstoff Thromboxan-A2. Dieser spielt eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung: Er bewirkt, dass Blutplättchen sich zusammenlagern und Gefäße sich zusammenziehen.
  • COX-2: Sie wandelt Arachidonsäure in Prostaglandine um. Diese Botenstoffe sind an Entzündungen, Schmerzvermittlung und der Entstehung von Fieber beteiligt. Zudem beeinflussen sie weitere Körperfunktionen, was vor allem die Nebenwirkungen der NSAR-Medikamente erklärt.

NSAR als "Blutverdünner"

In niedrigeren Dosierungen blockieren NSAR-Medikamente vorwiegend die COX-1: Sie hemmen also die Bildung von Thromboxan-A2 und damit die Blutgerinnung. Deshalb eignen sich die Wirkstoffe in niedriger Dosierung als sogenannte "Blutverdünner" (etwa zur Vorbeugung eines weiteren Schlaganfalls).

Der Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS) hemmt das Enzym irreversibel (nicht-umkehrbar). Da Blutplättchen das COX-Enzym nicht selbst nachbilden können, hält die blutverdünnende Wirkung von ASS so lange an, bis der Körper neue Blutplättchen bildet. Das geschieht in etwa sieben bis zehn Tagen.

Informieren Sie Ihre Ärzte vor chirurgischen Eingriffen (Operationen, Zahnbehandlungen), wenn Sie NSAR-Medikamente einnehmen. Sie teilen Ihnen mit, wann Sie die Wirkstoffe absetzen müssen, um eine verstärkte Blutung während des Eingriffs zu verhindern.

NSAR gegen Schmerzen, Fieber und Entzündung

Blockieren die NSAR die COX-2-Enzyme, verhindern sie die Bildung der Prostaglandine. Infolgedessen wirken sie schmerzlindernd (analgetisch) und senken Fieber (antipyretisch). Zudem sind NSAR bezogen auf ihre chemischen Eigenschaften sauer. Dadurch gelangen sie gut in entzündetes Gewebe. Auf diese Weise wirken sie entzündungshemmend (antiphlogistisch).

Die Zellen bilden die COX-Enzyme innerhalb von sechs bis acht Stunden nach. Aus diesem Grund nimmt die NSAR-Wirkung nach dieser Zeit ab. Die meisten nicht-steroidalen Antirheumatika hemmen gleichermaßen die COX-1- und COX-2-Enzyme. Eine Ausnahme bildet die Gruppe der Coxibe: Diese NSAR hemmen selektiv COX-2.

NSAR: Liste

Zahlreiche Wirkstoffe gehören zur Gruppe der NSAR. Die wichtigsten Vertreter dieser NSAR-Medikamente finden Sie in der folgenden Liste:

NSAR: Nebenwirkungen

Besonders typische Nebenwirkungen von nicht-steroidalen Antirheumatika sind eine erhöhte Blutungsneigung, Magenbeschwerden, Nierenschäden und Atembeschwerden. Auch Kopfschmerzen, Schwindel, Ohrensausen und ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen können unerwünschte Effekte dieser Wirkstoffe sein.

Erhöhte Blutungsneigung

Wenn NSAR die Bildung von Thromboxan-A2 hemmen, steigt die Blutungsneigung. Infolgedessen bluten Wunden womöglich länger oder Patienten leiden unter Blutungen im Magen-Darm-Trakt.

Magenbeschwerden

Prostaglandine erhöhen die Schleimproduktion im Magen, verringern die Magensäurebildung und schützen dadurch die Magenschleimhaut. Wenn NSAR die Prostaglandin-Bildung hemmen, entwickeln Patienten deshalb häufig Bauchschmerzen, Übelkeit oder eine Magenschleimhautentzündung (Gastritis). Nimmt man regelmäßig NSAR ein, steigt zudem das Risiko für ein Magengeschwür (Ulcus ventriculi).

Bei Patienten, die NSAR-Medikamente über einen langen Zeitraum einnehmen müssen, verordnen Mediziner meist gleichzeitig einen "Magenschutz", also Medikamente, die die Magensäurebildung hemmen (zum Beispiel den Protonenpumpen-Hemmer Pantoprazol).

Nehmen Sie die Schmerzmittel idealerweise zu einer Mahlzeit oder kurz danach ein. So verringern Sie Magenbeschwerden durch den Wirkstoff.

Nierenschäden

Die Gewebshormone Prostaglandine erweitern die zuführenden Blutgefäße der Niere und fördern so die Nierendurchblutung. Durch den von NSAR verursachten Prostaglandin-Mangel sinkt also die Durchblutung der Niere. Bei längerer Anwendung der Medikamente (besonders in höherer Dosierung) steigt daher das Risiko für Nierenschäden.

Insbesondere für Patienten, die bereits unter Nierenerkrankungen oder Nierenfunktionsstörungen leiden, ist diese Nebenwirkung der NSAR gefährlich. Zudem leiden Patienten häufiger unter Wasseransammlungen (Ödeme) während der NSAR-Therapie.

Atembeschwerden

Die COX-Enzyme bilden ihre Botenstoffe aus der Fettsäure Arachidonsäure. Diese dient auch einem anderen Enzym, der Lipoxygenase (kurz: LOX), als Ausgangsstoff. Die LOX bildet daraus die Leukotrien-Botenstoffe.

Hemmen Schmerzmittel die COX-Enzyme, steht folglich mehr Ausgangssubstanz für die Bildung von Leukotrienen zur Verfügung: Deren Wirkung – das Zusammenziehen der Muskulatur der Bronchien – nimmt zu.

Durch die Anwendugn von NSAR können also die Bronchien verkrampfen, was Atemnot auslöst. Mediziner sprechen hierbei von einem Analgetika-Asthma, da die Beschwerden denen eines Asthma-Anfalls ähneln.

Weitere NSAR-Nebenwirkungen

Die Einnahme nicht-steroidalen Antirheumatika kann zudem weitere Nebenwirkungen haben. Dazu zählen:

Nicht-steroidale Antiphlogistika verursachen zudem Herz-Kreislauf-Nebenwirkungen. Insbesondere die selektiven COX-2-Hemmer (Coxibe) erhöhen das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Aus diesem Grund dürfen Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen keine Coxibe einnehmen.

Weitere Hinweise zu Nebenwirkungen finden Sie in den einzelnen Wirkstoff-Texten auf NetDoktor und in der Packungsbeilage Ihres NSAR-Medikaments. Informieren Sie Ihren Arzt und Apotheker zudem über alle Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel, die Sie einnehmen.

Anwendungsgebiete: Wogegen helfen NSAR?

Nicht-steroidale-Antirheumatika eignen sich zur Behandlung folgender Beschwerden und Erkrankungen:

Zudem verordnen Mediziner nicht-steroidale Antirheumatika unter folgenden Umständen auch vorbeugend:

  • Zur Hemmung der Blutgerinnung, z.B. nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall
  • Zur Vorbeugung von Schmerzen nach Operationen
  • Zur Vorbeugung von Entzündungen nach chirurgischen Eingriffen

Darreichungsformen

NSAR sind in zahlreichen Darreichungsformen wie Tabletten, Zäpfchen oder Salben erhältlich. Welche Arzneiform im Einzelfall am besten geeignet ist, hängt unter anderem vom Anwendungsgebiet und Alter des Patienten ab.

NSAR zum Einnehmen

Häufige NSAR-Darreichungsformen sind zum Beispiel Tabletten und Kapseln. Diese haben manchmal einen Retard-Überzug. Solche Retard-Tabletten oder -Kapseln setzen den Wirkstoff gleichmäßig über eine bestimmte Zeit frei. Dadurch wirken die Medikamente über einen längeren Zeitraum.

Manche Wirkstoffe gibt es auch als Schmelztabletten (lässt man auf der Zunge zergehen), Lutschtabletten oder Tropfen. Für Patienten mit Schluckbeschwerden sind auch NSAR-Brausetabletten oder -Granulat erhältlich. Sie werden entweder in Wasser aufgelöst getrunken oder im Fall von Direktgranulat direkt ohne Wasser eingenommen.

Vor allem für Kinder ist ein NSAR-Saft (etwa gegen Fieber) geeignet. Solche Arzneisäfte schmecken meist süßlich und lassen sich feiner abmessen. So kann man die Dosis gut an das Körpergewicht des Kindes anpassen.

NSAR als Mundspray

Manche nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) stehen auch als Mundspray zur Verfügung: Der enthaltene Wirkstoff gelangt hier schnell in die Mundschleimhaut. Das entfaltet zum Beispiel bei Halsschmerzen eine entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung.

NSAR als Zäpfchen

Einige nicht-steroidalen Antirheumatika gibt es als Zäpfchen in unterschiedlichen Dosierungen. Man führt sie in den After ein. Durch die Körperwärme lösen sie sich im Enddarm auf. Der freigesetzte Wirkstoff gelangt dann über die Darmschleimhaut in den Blutkreislauf.

NSAR zur äußerlichen Anwendung

Einige nicht-steroidale-Antirheumatika erhält man als Creme, Gel oder Salbe zum Auftragen auf die Haut. Ebenfalls verfügbar sind NSAR-Pflaster. Diese Darreichungsformen nutzen oft Patienten mit Gelenk- oder Muskelschmerzen. Wichtig ist aber, dass man sie nicht auf verletzte Haut aufklebt.

Bei Augen-Operationen erhalten Patienten manchmal NSAR-Augentropfen, um Entzündungen oder Schmerzen nach dem Eingriff zu verhindern oder zu bekämpfen. Zudem verordnen Ärzte die Augentropfen bei chronischen und nicht-ansteckenden Augenentzündungen.

NSAR als Spritze oder Infusion

Bei starken Schmerzen, nach Operationen oder bei stationärer Behandlung im Krankenhaus verabreichen Mediziner NSAR-Medikamente oft direkt als Spritze oder Infusion in eine Vene (intravenöse Anwendung). Außerdem lassen sich die Wirkstoffe in den Muskel injizieren (intramuskuläre Anwendung).

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Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Anne Strehlau
Anne Strehlau

Anne Strehlau studierte Pharmazie an der LMU München und war anschließend als Apothekerin in einer niedergelassenen Apotheke und am Uniklinikum der LMU tätig. Dabei merkte sie schnell, wie sehr sie die Schnittstelle zwischen Naturwissenschaften und Medizin interessiert, weshalb sie nun ergänzend das Studium der Humanmedizin absolviert. Seit Juni 2022 schreibt sie zudem für NetDoktor.

Quellen:
  • Aktories, K. et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH München, 11. Auflage, 2013
  • Fachinformationen zu NSAR-Schmerzmitteln, unter: www.fachinfo.de (für Deutschland), https://aspregister.basg.gv.at (für Österreich) und www.swissmedicinfo.ch (für die Schweiz) (Abrufdatum: 02.08.2023)
  • Geisslinger, G. et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen - Pharmakologie, Klinische Pharmakologie, Toxikologie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 11. Auflage, 2020
  • Karow, T. et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Thomas Karow Köln, 30. Auflage, 2022