Methylprednisolon

Von , Apotheker und Pharmazie-Journalist
Mag. pharm. Christopher Waxenegger

Christopher Waxenegger studierte Pharmazie an der Universität Wien. Es folgten die erfolgreiche Fachprüfung für den Apothekerberuf sowie die freie Mitarbeit in einer Arztpraxis mit dem Schwerpunkt Medikationsanalyse. Seit 2020 widmet er sich dem Fachjournalismus und verfasst Sachtexte zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Im Urlaub erkundet Christopher gerne die schottischen Highlands und genießt die Ruhe der Natur.

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Methylprednisolon wirkt stark entzündungshemmend. Dementsprechend vielfältig sind die möglichen Anwendungsgebiete. Kurzzeitig angewendet, ist der Wirkstoff gut verträglich. Wird Methylprednisolon aber längere Zeit oder in hoher Dosis gegeben, ist vermehrt mit Neben- und Wechselwirkungen zu rechnen. Erfahren Sie mehr über Methylprednisolon, seine Wirkung, Neben- und Wechselwirkungen!

So wirkt Methylprednisolon

Methylprednisolon ist ein entzündungshemmender Wirkstoff aus der Klasse der Glukokortikoide („Kortison“).

Im Körper dockt er an bestimmte Bindungsstellen (Glukokortikoid-Rezeptoren) an. Diese befinden sich im Inneren von Zellen. Der beim Andocken von Methylprednisolon entstehende Komplex wandert in den Zellkern und interagiert dort mit dem Erbgut DNA - und zwar so, dass weniger Eiweisse gebildet werden, die bei entzündlichen Prozessen eine wichtige Rolle spielen.

Wie lange wirkt Methylprednisolon?

Methylprednisolon zählt zu den Glukokortikoiden mit mittellanger Wirkdauer. Eingenommen als Tablette hält seine Wirkung ungefähr 12 bis 36 Stunden an.

Ist Methylprednisolon stärker als Prednisolon?

Um die entzündungshemmende Wirkung künstlich hergestellter Glukokortikoide wie Mehtylprednisolon und Prednisolon besser einzuschätzen, wird diese mit jener des körpereigenen Glukokortikoids Cortisol verglichen.

Demnach wirkt Methylprednisolon rund fünfmal stärker entzündungshemmend als Cortisol, weil es eine stärkere Affinität zum Glukokortikoid-Rezeptor hat. Prednisolon dagegen wirkt rund viermal stärker als Cortisol.

Welche Nebenwirkungen hat Methylprednisolon?

Häufigkeit, Art und Schwere der Nebenwirkungen von Methylprednisolon hängen wesentlich von der Darreichungsform (z.B. Tabletten, Salben, Infusionen) ab.

Die kurzfristige Therapie mit Methylprednisolon-Tabletten und -Infusionen ist für gewöhnlich gut verträglich. Bei längerer, speziell hoch dosierter Anwendung sind allerdings unerwünschte Begleiterscheinungen möglich. Dazu gehören:

Methylprednisolon-haltige Salben und Cremen verursachen manchmal Nebenwirkungen wie zum Beispiel Hautverdünnung (Atrophie), streifenförmige Strukturen (Striae) und sichtbare Blutgefässe (Teleangiektasien).

Systemische Nebenwirkungen, wie sie oben genannt sind (z.B. Ödeme, Kopfschmerzen, Schwindel), sind bei äusserlich anzuwendenden Präparaten nur dann denkbar, wenn das Methylprednisolon in den Blutkreislauf übertritt. Das kann aber höchstens passieren, wenn man die Medikamente unsachgemäss (z.B. auf Schleimhäuten) oder zu lange anwendet.

Mehr zu möglichen Nebenwirkungen finden Sie in der Packungsbeilage Ihres Methylprednisolon-Medikaments. Wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Apotheker, wenn Sie unerwünschte Begleiterscheinungen vermuten.

Diese Wechselwirkungen können bei Methylprednisolon auftreten

Wenn Sie Methylprednisolon-Tabletten einnehmen oder -Infusionen erhalten und gleichzeitig andere Medikamente einnehmen, sind Wechselwirkungen möglich:

Einfluss von anderen Medikamenten auf Methylprednisolon

Methylprednisolon wird in der Leber über das Cytochrom Enzym P450 3A4 (CYP3A4) abgebaut. Hemmstoffe dieses Enzyms verlangsamen deshalb die Ausscheidung von Methylprednisolon und erhöhen das Risiko für Nebenwirkungen. Beispiele für CYP3A4-Inhibitoren sind:

  • Ritonavir und Cobicistat (in einigen HIV- und COVID19-Medikamenten enthalten)
  • Ketoconazol und Itraconazol (Antipilzmittel)
  • Diltiazem (Mittel gegen bestimmte Herzerkrankungen)
  • Östrogene (z.B. in der Verhütungspille und Hormonersatzpräparaten)

Einen gegenteiligen Effekt haben sogenannte CYP3A4-Induktoren. Das sind Substanzen, welche die Aktivität des Enzyms CYP3A4 ankurbeln. Sie beschleunigen dadurch den Abbau von Methylprednisolon und schwächen dessen Wirkung ab. Zu den CYP3A4-Induktoren zählen unter anderem:

Einfluss von Methylprednisolon auf andere Medikamente

Methylprednisolon kann seinerseits ebenfalls die Effekte anderer Medikamente verstärken oder abschwächen.

Beispiele für Medikamente, deren Wirkung und Nebenwirkungen durch Methylprednisolon verstärkt werden können, sind:

  • Herzglykoside (Mittel bei bestimmten Herzerkrankungen wie Herzschwäche)
  • muskelentspannende Mittel aus der Gruppe der nicht-depolarisierenden Muskelrelaxanzien wie Rocuronium, Pancuronium und Vecuronium
  • Schmerzmittel und Entzündungshemmer vom Typ nicht-steroidale Antirheumatika: In Kombination mit Methylprednisolon steigt das Risiko für Magen-Darm-Blutungen.
  • Anticholinergika (z.B. Asthma- und Parkinson-Medikamente): Die gleichzeitige Anwendung von Methylprednisolon kann den Augendruck zusätzlich erhöhen.
  • Chloroquin, Hydroxychloroquin und Mefloquin (Mittel gegen Malaria): Im Kombination mit Methylprednisolon steigt das Risiko für muskel- und herzbedingte Nebenwirkungen.
  • Ciclosporin (Immunsuppressivum)
  • ACE-Hemmer (Blutdruckmedikamente): Bei gleichzeitiger Gabe steigt das Risiko für Blutbildveränderungen.

Beispiele für Medikamente, deren Wirkung und Nebenwirkung durch Methylprednisolon abgeschwächt werden können, sind:

  • Diabetes-Medikamente (Antidiabetika wie Insulin, Metformin, Sulfonylharnstoffe, Gliflozine, Gliptine und GLP-1-Rezeptoragonisten)
  • Cumarin-Derivate (Gerinnungshemmer wie Warfarin und Phenprocoumon)
  • Somatotropin (Wachstumshormon)
  • Praziquantel (Mittel gegen Malaria)
  • Protirelin (Testsubstanz bei Verdacht auf Funktionsschwäche der Hypophysenvorderlappens)

Wofür wird Methylprednisolon angewendet?

Zu den zugelassenen Anwendungsgebieten von Methylprednisolon gehören unter anderem:

So wird Methylprednisolon angewendet

Methylprednisolon ist in mehreren Darreichungsformen im Handel. Es gibt zum Beispiel Tabletten, Salben und Zubereitungen zur Herstellung von Infusionslösungen.

Je nach Präparat verwenden Hersteller verschiedene Ester des Wirkstoffes, darunter Methylprednisolon-21-succinat, Methylprednisolon-21-acetat, Methylprednisolon-21-suleptanat sowie Methylprednisolon aceponat.

Zubereitungen zur Anwendung auf der Haut

Abhängig vom Hautzustand trägt man Methylprednisolon als Fettsalbe, Salbe, Creme, Emulsion oder Lösung auf die betroffenen Hautareale auf. Je fetter (lipidhaltiger) die Zubereitung, desto grösser der aufgenommene Wirkstoffanteil.

Lokale Lösungen mit Methylprednisolon sind in der Schweiz nicht registriert.

Die empfohlene Anwendungshäufigkeit ist altersunabhängig ein- bis zweimal täglich. Die Anwendungsdauer darf generell vier Wochen nicht überschreiten.

Waschen Sie sich nach jedem Gebrauch die Hände, wenn diese nicht behandelt werden sollen.

Zubereitungen zur oralen Einnahme

Tabletten mit Methylprednisolon werden angewendet bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern über sechs Jahren.

Die Dosierung richtet sich nach dem Alter sowie der Art und Schwere des Krankheitsbildes. Im Allgemeinen wird zu Behandlungsbeginn höher dosiert und die tägliche Menge dann schrittweise reduziert.

Die Anfangsdosis für Erwachsene liegt üblicherweise zwischen zwölf und 80 Milligramm Methylprednisolon. Für Jugendliche und Kinder über sechs Jahren beträgt die Anfangsdosis in der Regel zwischen 0,8 und 1,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Nehmen Sie die Methylprednisolon-Tabletten am besten morgens zwischen sechs und acht Uhr nach dem Frühstück ein. Der Körper produziert in den frühen Morgenstunden den Hauptteil des körpereigenen Glukokortikoides Cortisol. Die Einnahme des künstlichen Glukokortikoides zu dieser Zeit ist deswegen besser verträglich.

Zubereitungen zur Herstellung von Infusionslösungen

Mediziner verabreichen Infusionen meist bei lebensbedrohlichen Zuständen. Die Einzeldosis richtet sich nach dem Anwendungsgebiet und dem Zustand eines Patienten sowie dem Alter:

Bei Erwachsenen beträgt sie in der Regel zwischen 250 und 1000 Milligramm Methylprednisolon. Kinder erhalten im Allgemeinen zwischen vier und 20 Milligramm Methylprednisolon pro Kilogramm Körpergewicht.

In welchen Zeitabständen der Wirkstoff verabreicht wird, variiert je nach Krankheitszustand zwischen 30 Minuten und 24 Stunden.

Wann sollte man Methylprednisolon nicht anwenden?

Methylprednisolon darf man im Allgemeinen nicht anwenden:

  • wenn man überempfindlich (allergisch) auf den Wirkstoff oder einen der anderen Bestandteile des Medikaments reagiert
  • bei bakteriell oder viral verursachten Hautläsionen (betrifft äusserliche anzuwendende Präparate wie Salben)
  • bei Rosazea, perioraler Dermatitis, Haut-/Schleimhautgeschwüren (Ulzerationen), Akne, atrophischen Hauterkrankungen und Impfreaktionen im Behandlungsbereich (betrifft äusserlich anzuwendende Präparate)

Zusätzlich gelten noch einige Anwendungsbeschränkungen bei Kindern (siehe nächster Abschnitt).

Methylprednisolon bei Kindern: Was ist zu beachten?

Methylprednisolon-haltige Fettsalben dürfen nicht bei Kindern unter drei Jahren verwendet werden, Salben nicht bei Kindern unter zwei Jahren und Cremen nicht bei Kindern unter vier Monaten.

Lösungen mit Methylprednisolon zum Auftragen auf die Kopfhaut wurden bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht untersucht. Ihr Einsatz beruht auf einer sorgfältigen ärztlichen Nutzen-Risiko-Abwägung.

Methylprednisolon-Tabletten sind nicht für Kinder unter sechs Jahren zugelassen.

Methylprednisolon in der Schwangerschaft und Stillzeit

Methylprednisolon darf in allen Phasen der Schwangerschaft und Stillzeit angewendet werden, wenn es aus ärztlicher Sicht notwendig ist. Dosierung und Anwendungsdauer legen Mediziner im Einzelfall fest.

So erhalten Sie Medikamente mit Methylprednisolon

Sämtliche Medikamente mit Methylprednisolon unterliegen in Deutschland, Österreich und der Schweiz der Rezeptpflicht.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Christopher Waxenegger
Mag. pharm.  Christopher Waxenegger

Christopher Waxenegger studierte Pharmazie an der Universität Wien. Es folgten die erfolgreiche Fachprüfung für den Apothekerberuf sowie die freie Mitarbeit in einer Arztpraxis mit dem Schwerpunkt Medikationsanalyse. Seit 2020 widmet er sich dem Fachjournalismus und verfasst Sachtexte zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Im Urlaub erkundet Christopher gerne die schottischen Highlands und genießt die Ruhe der Natur.

Quellen:
  • Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker: Glucocorticoide, oral (Stand: 10.02.2021), unter: www.abda.de
  • Fachinformation zu Methylprednisolon-Präparaten (Deutschland), unter: www.dimdi.de (Abruf: 15.02.2023)
  • Fachinformation zu Methylprednisolon-Präparaten (Österreich), unter: www.basg.gv.at (Abruf: 15.02.2023)
  • Fachinformation zu Methylprednisolon-Präparaten (Schweiz), unter: www.swissmedicinfo.ch (Abruf: 15.02.2023)
  • Friese, K. et al.: Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 8. Auflage, 2016
  • Geisslinger, G. et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen - Pharmakologie, Klinische Pharmakologie, Toxikologie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 11. Auflage, 2020
  • Karow, T. et Lang-Roth, R.: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Thomas Karow Verlag, 29. Auflage, 2021
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