Virostatika

Von , Medizinredakteurin
Lisa Vogel

Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.

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Virostatika (Virustatika) sind Wirkstoffe, die zur Bekämpfung von Viren eingesetzt werden. Es gibt verschiedene Ansatzpunkte für diese antivirale Mittel. Welches Virostatikum zum Einsatz kommt, hängt immer vom jeweiligen Erreger ab. Lesen Sie, wie Virostatika wirken, bei welchen Infektionen sie zum Einsatz kommen und mit welchen Nebenwirkungen Sie rechnen müssen!

Viren: Bekämpfung durch Virostatika

Was sind Virostatika?

Virostatika (auch Virustatika) sind antivirale Medikamente, also Mittel, die Viren hemmen. Sie verhindern zum Beispiel, dass die Erreger an körpereigene Zellen andocken oder sich im Inneren solcher Zellen vermehren können. Durch die frühzeitige Anwendung von Virostatika bei einer Virusinfektion lassen sich so in vielen Fällen Symptome, Infektiosität und auch die Krankheitsdauer verringern.

Erhältlich sind Virostatika zur äusseren Anwendung (z.B. in Form von Salben oder Pflastern) sowie zur inneren Anwendung (z.B. als Tabletten).

Wie wirken Virostatika?

Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel. Sie benötigen für ihre Vermehrung immer eine Wirtszelle: Sie dringen in die Zelle ein und setzen ihr Erbgut frei, was die Zelle zwingt, nach dieser fremden Bauanleitung neue Viren zu produzieren. Diese verlassen dann die Wirtszelle und können ihrerseits neue Zellen befallen - das Ganze beginnt von vorne.

Virostatika können in diesen Prozess an verschiedenen Stellen eingreifen und so die Virenvermehrung beziehungsweise -freisetzung stoppen. Dabei hat jedes Virostatikum nur einen bestimmten Angriffspunkt und somit Wirkmechanismus. Zu diesen möglichen Angriffspunkten gehören:

  • das Anheften der Viren an und Eindringen in eine Wirtszelle (z.B. Amantadin)
  • das Vervielfältigen des Viren-Erbguts innerhalb der Wirtszelle (z.B. Aciclovir, Lamivudin)
  • die Herstellung der einzelnen Viruskomponenten anhand der Anleitung im Viren-Erbgut (z.B. Fomivirsen)
  • der Zusammenbau der verschiedenen Viruskomponenten zu einem neuen Virus (z.B. Lopinavir)
  • das Ausschleusen und die Freisetzung der neu gebildeten Viren aus der Wirtszelle (z.B. Oseltamivir)

Wenn sich ein Virus durch eine Mutation verändert (z.B. Proteinveränderung), kann dabei der Angriffspunkt für ein vorher wirksames Virostatikum verloren gehen. Mediziner sprechen dann von einer Resistenz dieses Erregers. In ähnlicher Weise können Bakterien resistent gegen bestimmte Antibiotika werden.

Aus den verschiedenen Wirkmechanismen von Virostatika lässt sich ableiten, dass die Mittel nur bei einer aktiven Virusvermehrung in den Körperzellen wirken können. Gegen Viren, die sich nicht vermehren oder in den Körperzellen schlummern (latente Viren), sind Virostatika unwirksam.

Welche Virostatika gibt es?

Gegen diverse - aber bei weitem nicht alle - Virus-Erkrankungen sind Virostatika verfügbar, so etwa gegen:

Welche Virostatika bei welchem Virus?

Jedes Virostatikum ist mit seinem Wirkmechanismus auf bestimmte Viren spezialisiert und wirkt deshalb meist nur gegen eine bestimmte Virusfamilie. Einige Beispiele:

Gegen Herpes-Infektionen (z. B. Lippenherpes, Gürtelrose, Herpes-bedingte Hirnhautentzündung, Zytomegalie) verschreiben Ärzte in vielen Fällen das Virostatikum Aciclovir. Es wird von Virus-Enzymen in das Erbgut (DNA) der Viren eingebaut, was die Virus-Vermehrung stoppt. Auch die Virostatika Famciclovir und Valaciclovir werden gegen Herpes-Infektionen eingesetzt.

Bei einer Grippe (Influenza) wirken sogenannte Neuraminidase-Hemmer wie der Wirkstoff Oseltamivir. Die Neuraminidase ist ein Protein auf der Oberfläche der Grippeviren. Es sorgt dafür, dass sich die von einer befallenen Körperzelle neu produzierten Viren von der Zelle lösen können - um dann ihrerseits neue Körperzellen zu befallen. Das Virostatikum Oseltamivir hemmt die Neuraminidase und verhindert so die weitere Ausbreitung der Grippeviren im Körper des Patienten. Das funktioniert allerdings nur dann, wenn Patienten das Mittel innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der Symptome einnehmen.

Virostatika gegen Coronaviren?

Gegen Coronaviren gibt es bislang kein gezielt wirksames Virostatikum - auch nicht gegen den derzeit weltweit kursierenden Coronavirustyp Sars-CoV-2. Forscher arbeiten aber daran, neue antivirale Medikamente gegen den Covid-19-Erreger zu entwickeln. Ausserdem prüft man, ob bereits bekannte Virostatika, die gegen andere Erkrankungen eingesetzt werden, auch gegen Sars-CoV-2 helfen.

Derzeit gibt es nur ein solches Virostatikum, das unter Vorbehalt zur Behandlung von schwer erkrankten Covid-19-Patienten versucht werden kann - Remdesivir. Dieser antivirale Wirkstoffe wurde ursprünglich gegen Ebola entwickelt. Untersuchungen zufolge kann es aber auch die Krankheitsdauer bei Covid-19 verkürzen, zumindest bei einigen Patienten.

Gibt es auch pflanzliche Virostatika?

Neben antiviralen Medikamenten aus dem Labor haben sich auch einige natürliche Mittel gegen Viren bewährt: Einige Pflanzen besitzen eine virenhemmende Wirkung und/oder unterstützen das Immunsystem im Kampf gegen die Viren. Beispiele für solche Pflanzen sind:

  • Roter Sonnenhut (Echinacea purpurea), etwa in Form von Tropfen und Lutschtabletten erhältlich.
  • Zistrose (Cystus incanus), oft Bestandteil in Lutschpastillen.
  • Schwarzer Holunder (Sambucus nigra), beispielsweise als Tee oder in Tropfen und Säften angewendet.
  • Ingwer (Zingiber officinale), ebenfalls als Tee genutzt, aber auch in Kapseln und als Tinktur zu finden.
  • Süssholz (Glyzyrrhiza glaba), als Tee, Sirup, in Kapseln und anderen Fertigpräparaten eingesetzt.
  • Thymian (Thymus vulgaris), oft als Tee getrunken oder zum Gurgeln verwendet oder in Form von Fertigpräparaten wie Hustensaft genutzt.
  • Blutwurz (Potentilla erecta), ebenfalls in Form von Tee, Gurgellösung oder Fertigpräparaten (wie Dragees) angewendet.
  • Knoblauch (Allium sativum), pur oder in Form von Kapseln und anderen Fertigpräparaten eingesetzt.

Auch ätherische Öle diverser Heilpflanzen wie Eukalyptus- und Teebaumöl können unterstützend gegen Virusinfektionen eingesetzt werden. Sie kommen äusserlich zum Einsatz, etwa beim Inhalieren.

Sind Virostatika verschreibungspflichtig?

Leichte Virostatika zur äusserlichen Anwendung erhalten Sie rezeptfrei in der Apotheke, z.B. antivirale Salbe gegen Lippenherpes. Dagegen sind Virostatika zur inneren Anwendung (z.B. antivirale Tabletten) in der Regel verschreibungspflichtig. Das richtige antivirale Mittel verschreibt der Arzt nachdem er die Viren identifiziert hat.

Virostatika: Nebenwirkungen

Wie alle Medikamentenwirkstoffe können auch Virostatika Nebenwirkungen auslösen. Am ehesten treten solche unerwünschte Effekte bei innerlicher Anwendung auf. Je nach Virustatikum sind zum Beispiel folgende Nebenwirkungen möglich:

Der Packungsbeilage können Sie entnehmen, welche Nebenwirkungen das von Ihnen angewendete antivriale Mittel haben kann. Auch Ihr Arzt oder Apotheker kann Sie diesbezüglich genauer informieren.

Das sollten Sie bei der Anwendung von Virostatika beachten

Wenden Sie ein Virostatikum in genau der Dosierung und Dauer an, wie sie Ihnen von Ihrem Arzt oder Apotheker empfohlen wurden.

Virostatika können Wechselwirkungen mit anderen Arzneimittel verursachen. Wenn Sie daher aufgrund einer chronischen Erkrankung (z.B. Diabetes, Gicht, rheumatoide Arthritis) gewohnheitsmässig andere Präparate einnehmen, sollten Sie vor der Anwendung antiviraler Mittel immer mit Ihrem Arzt sprechen.

Auch schwangere und stillende Frauen sollten vor der Anwendung von Virostatika zuerst Rücksprache mit einem Arzt halten.

Wenn Sie während der Anwendung von Virostatika Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen entwickeln, sollten Sie umgehend mit Ihrem Arzt sprechen. Gegebenenfalls kann dieser die Dosierung anpassen oder ein anderes Präparat verschreiben.

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:

Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.

Quellen:
  • Amboss - Fachwissen für Mediziner: "Virustatika"; unter www.amboss.com (Abruf: 06.11.2020)
  • Beiser, R.: "Pflanzenheilkunde bei Virusinfektionen"; unter www.thieme.de (Abruf: 06.11.2020)
  • Deutsches Zentrum für Infektionsforschung: "Virostatika"; unter www.dzif.de (Abruf: 06.11.2020)
  • Gelbe Liste: "Neues Breitspektrum-Virostatikum gegen SARS-CoV-2" (Meldung vom 15.04.2020); unter www.gelbe-liste.de
  • Institut für Qualität und Wirtschafltichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG): "Grippe: Schützt Oseltamivir (Tamiflu) vor Komplikationen?"; unter www.gesundheitsinformation.de (Abruf: 06.11.2020)
  • MSD Manual - Ausgabe für medizinische Fachkreise: "Herpes-simplex-Virusinfektionen (HSV)"; unter www.msdmanuals.com (Abruf: 06.11.2020)
  • Pschyrembel Online, Klinischesa Wörterbuch: www.pschyrembel.de (Abruf: 06.11.2020)
  • Themenportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): "Viren"; unter www.infektionsschutz.de (Abruf: 06.11.2020)
  • Thieme Verlag, via medici: "Virostatika: Überblick"; unter www.viamedici.thieme.de (Abruf: 06.11.2020)
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