Neues Medikament: Hormonfrei gegen Hitzewallungen
Oft kommen sie im ungünstigsten Moment: Heisse Wellen fluten von Kopf, Hals und Brust ausgehend durch den ganzen Körper, lassen einen schweissgebadet und rotfleckig zurück. Hitzewallungen gehören zu den häufigsten Wechseljahresbeschwerden – und sie sind auch psychisch eine starke Belastung.
Fehlregulierte Körpertemperatur
Tipps dagegen gibt es viele, wirklich helfen konnte bei starken Beschwerden bislang nur eine Hormonersatztherapie (HET). Denn Östrogene spielen als Botenstoffe eine wichtige Rolle bei der Temperaturregulation im Gehirn und im vegetativen Nervensystem. Sinken die Hormonspiegel ab oder schwanken sie stark, treten Fehlregulationen auf, so die medizinische Hypothese. Dann entwickeln sich immer wieder plötzliche Hitzeschübe durch abrupt geweitete Gefässe.
Angst vor Brustkrebs
Trotz dieser Belastung verzichten viele Frauen auf eine HET. Dahinter steckt meist die Angst vor Brustkrebs. Im Jahr 2002 fand eine grosse Studie erstmals einen solchen Zusammenhang. Und auch wenn längst aufgedeckt wurde, dass die Daten damals verzerrt wurden, eine korrigierte Auswertung nur einen geringen Risikoanstieg verzeichnet und zudem moderne Medikamente das verbleibende Risiko wahrscheinlich noch weiter reduzieren: die Verunsicherung bleibt.
Neues Medikament blockiert Hitzewallungen direkt im Gehirn
Eine Alternative bietet seit Anfang Februar nun ein neues Medikament, das Hitzewallungen effektiv und hormonfrei eindämmen kann. Der Wirkstoff Fezolinetant (Handelsname Veozal) dockt an die sogenannten Neurokinin-3 (NK3)-Rezeptoren an. Diese wirken spezifisch auf die thermoregulatorischen Zentren im Hypothalamus ein – dem wichtigsten Steuerungszentrum für das vegetative Nervensystem im Gehirn. Dadurch werden Hitzewallungen gar nicht erst angestossen.
Geringe Nebenwirkungen
Dieser sehr spezifische Wirkmechanismus hält auch die Nebenwirkungen gering. Dazu gehören vor allem Durchfall und Schlafstörungen, die rund drei Prozent der Anwenderinnen betreffen.
In den USA ist das Medikament schon seit Sommer 2023 zugelassen (NetDoktor berichtete). Weitere Medikamente der Wirkstoffklasse der sogenannten NK3R-Antagonisten könnten schon bald hinzukommen.
Wenn die HET keine Alternative ist
Die neuen Wirkstoffe bieten auch Frauen Hilfe gegen Hitzewallungen, die aus gesundheitlichen Gründen keine Hormonersatztherapie erhalten können: Frauen, die sich aktuell einer Krebsbehandlung unterziehen oder bereits einen hormonsensiblen Brusttumor hatten, der durch Östrogene erneut zum Wachstum angeregt werden kann. Aber auch Frauen, die ein erhöhtes Risiko für Thrombosen haben. Denn mehr noch als das Krebsrisiko steigt das Risiko für Blutgerinnsel durch eine HET.
Die spezifische Wirksamkeit von Fezolinetant bedeutet aber auch, dass das Medikament gegen andere Wechseljahresbeschwerden nichts ausrichten kann: Scheidentrockenheit, Libidoverlust, depressive Stimmung oder auch Schlafstörungen, die nicht durch nächtliches Schwitzen verursacht werden.
Was dann alternativ zur Hormontherapie helfen könnte, lesen Sie im grossen Spezial „Wechseljahre“.
Autoren- & Quelleninformationen
- Gelbe Liste, 14.02.2024, Abruf 13.03.2024