Cannabis: Kiffen geht ans Herz
Häufiger Cannabiskonsum könnte Herz und Gefässe schädigen. Insbesondere, wer täglich kifft, hat unter anderem ein höheres Risiko für Herzinfarkt, Koronare Herzkrankheit (KHK) und Schlaganfall.
Der Konsum von Cannabis hat nicht nur erwünschte, sondern auch unerwünschte Nebenwirkungen. Was bislang weniger beachtet wurde, sind die negativen Auswirkungen auf Herz und Kreislauf. Zu genau diesem Thema sind in diesem Jahr bereits zwei grosse Studien erscheinen.
60 Prozent erhöhtes Schlaganfallrisiko
Die jüngste Untersuchung zeigt, dass Personen mit einer Cannabiskonsumstörung ein um etwa 60 Prozent erhöhtes Risiko haben, einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder ein anderes schwerwiegendes kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden.
Die Forschenden um Dr. Anees Bahji hatten dazu Krankendaten von je rund 30.000 starken Cannabiskonsumenten mit einer etwa gleich grossen Gruppe verglichen, deren Teilnehmenden die Droge noch nie konsumiert hatten. Insgesamt hatte das Team dabei einen Zeitraum von sieben Jahren nachverfolgt.
Während in der Cannabisgruppe bei 2,4 Prozent (721) erstmals kardiovaskuläre Erkrankungen auftraten, waren es in der Abstinenzgruppe nur 1,5 Prozent (458).
Ein Zusammenhang ist noch kein Beleg
Allerdings reichen die Daten nicht aus, um nachzuweisen, dass das erhöhte Risiko auf den Cannabiskonsum selbst zurückzuführen ist. Denkbar wäre auch, dass Cannabiskonsumenten insgesamt weniger gesund lebten.
Tatsächlich wird Cannabis am häufigsten mit Tabak gemischt in Form von Joints konsumiert – und erhöht schon auf diesem Wege das Risiko fürs Herz. Cannabis regt zudem den Appetit an, ein Umstand, der bei Krebspatienten genutzt wird, aber bei gesunden Menschen Übergewicht begünstigen kann.
Ursachen entlarven
Ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen zwei Beobachtungen besteht, lässt sich aber mithilfe der sogenannten Mendelschen Randomisierung herausfinden. Diese Analyse bezieht genetische Zusammenhänge mit ein.
Angewendet hat diese Methode eine Forschergruppe um Dr. Ishan Paranjpe von der Stanford University, die sich auf den Zusammenhang von Cannabiskonsum und Koronarer Herzkrankheit konzentriert hat.
Bei dieser Erkrankung sind die Koronararterien durch Ablagerungen verengt und versteift, was unter anderem die Hauptursache für einen Herzinfarkt ist. Die Forschenden fanden heraus, dass das Risiko für eine KHK bei Menschen, die täglich Cannabis konsumieren, um ein Drittel höher liegt als bei Personen, die auf Cannabis verzichten.
Wer einmal im Monat kifft, hat kein erhöhtes Risiko
Im Gegensatz dazu war ein monatlicher Cannabiskonsum nicht mit einem signifikanten Anstieg des Risikos für KHK verbunden. Potenziell verzerrende Einflüsse von Tabak und Alkoholkonsum hatten die Forschenden in ihren Berechnungen berücksichtigt.
THC dockt an Gefässrezeptoren an
Tatsächlich hat man einen möglichen schädigenden Mechanismus von Cannabis auf Herz und Gefässe schon in früheren Untersuchungen aufgedeckt: So aktiviert der Cannabiswirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC), der für die psychoaktive Wirkung von Cannabis verantwortlich ist, auch Rezeptoren des Herz-Kreislauf-Systems. Auf diese Weise könnte er Entzündungen verursachen und die Ansammlung von Plaques in den Gefässen fördern.
Zudem haben frühere Studien gezeigt, dass THC Puls und Blutdruck in die Höhe treiben kann – eine Nebenwirkung, die langfristig ebenfalls Arteriosklerose und damit auch eine KHK begünstigt. Vor diesem Hintergrund ist der Umstand, dass der THC-Gehalt in Marihuana zunehmend steigt, besorgniserregend.
Auch wer Cannabis nicht raucht, sondern in Form von Haschkeksen konsumiert, könnte demnach durch einen intensiven Konsum sein Herz und seine Gefässe schädigen.
Autoren- & Quelleninformationen
- Anees Bahji et al.: Cannabis use disorder and adverse cardiovascular outcomes: A population-based retrospective cohort analysis of adults from Alberta, Canada, Addiction, 27. Sep 2023, doi: https://doi.org/10.1111/add.16337
- Ishan Paranjpe et al.: Association of Cannabis Use Disorder with risks of Coronary Heart Disease: A Mendelian Randomzation Study, J Am Coll Cardiol., März 2023