Migräne-Spritze

Von , Apotheker und Pharmazie-Journalist
Mag. pharm. Christopher Waxenegger

Christopher Waxenegger studierte Pharmazie an der Universität Wien. Es folgten die erfolgreiche Fachprüfung für den Apothekerberuf sowie die freie Mitarbeit in einer Arztpraxis mit dem Schwerpunkt Medikationsanalyse. Seit 2020 widmet er sich dem Fachjournalismus und verfasst Sachtexte zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Im Urlaub erkundet Christopher gerne die schottischen Highlands und genießt die Ruhe der Natur.

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Migräne-Spritzen sind neuartige Medikamente zur Vorbeugung von Migräne. Man muss sie injizieren, weil die enthaltenen Eiweisse im Magen aufgelöst und dadurch unwirksam werden. Die meisten Menschen vertragen die Migräne-Spritzen sehr gut. Die häufigsten Nebenwirkungen sind leichte Schmerzen und eine Rötung an der Einstichstelle. Erfahren Sie mehr über die Migräne-Spritzen, wie sie wirken und wann man sie einsetzt!

Frau injiziert sich eine Spritze

Migräne-Spritze: Beschreibung

Als Migräne-Spritze werden Migräne-Medikamente bezeichnet, die in Form von Fertigpens zur Verfügung stehen. Diese Einwegspritzen sind bereits mit der Injektionslösung befüllt. Derzeit sind vier Wirkstoffe zugelassen:

  • Erenumab (wird monatlich unter die Haut gespritzt)
  • Galcanezumab (wird monatlich unter die Haut gespritzt)
  • Fremanezumab (wird jeden Monat oder alle drei Monate unter die Haut gespritzt)
  • Eptinezumab (wird von medizinischem Fachpersonal alle drei Monate als Infusion verabreicht)

Migräne-Spritzen enthalten monoklonale Antikörper. Das sind spezielle Eiweisse (Proteine), die nur an eine bestimmte Zielstruktur binden. Monoklonale Antikörper unterscheiden sich damit von körpereigenen Antikörpern. Diese sind polyklonal, sie können also an mehrere Zielstrukturen binden.

Die „Anti-Migräne-Spritzen“ wirken nur, wenn man sie regelmässig verwendet. Sie beugen Migräne-Kopfschmerzen vor, helfen aber nicht bei akuten Attacken.

Was Sie bei akuten Migräne-Anfällen tun können, lesen Sie im Beitrag: „Was hilft gegen Migräne?

Das Migräne-Medikament Sumatriptan kann auch unter die Haut gespritzt werden. Anders als monoklonale Antikörper wirkt es aber nicht vorbeugend, sondern nur bei akuten Attacken. Umgangssprachlich sind mit dem Ausdruck „Migräne-Spritze“ aber monoklonale Antikörper gemeint.

Migräne-Spritze: Nebenwirkungen

Migräne-Spritzen verursachen kaum Nebenwirkungen und sind im Allgemeinen gut verträglich.

Häufige (mehr als eine von 100 Personen) unerwünschte Begleiterscheinungen sind Rötung, Verhärtung und Schmerzen an der Einstichstelle sowie Verstopfung und Muskelkrämpfe.

Gelegentlich (mehr als eine von 1000 Personen) treten Überempfindlichkeitsreaktionen wie Ausschlag, Nesselsucht, Juckreiz und Schwellung auf.

Informationen zu den möglichen Nebenwirkungen finden Sie in der Packungsbeilage Ihrer Migräne-Spritze. Fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in der Apotheke, wenn Sie Nebenwirkungen vermuten.

Migräne-Spritze: Wirkung

Die monoklonalen Antikörper in der Spritze wirken, indem sie an den Botenstoff Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) oder dessen Rezeptor binden und genau diese Bindungsstellen inaktivieren. Sie werden als CGRP-Antikörper bezeichnet.

CGRP spielt bei der Entstehung von Migräne-Anfällen eine wichtige Rolle. Der Botenstoff wirkt gefässerweiternd und entzündungsfördernd und wird von vielen Migräne-Betroffenen im Überschuss gebildet. Die monoklonalen Antikörper können an einer bestimmten Stelle den Signalweg gezielt unterbrechen und dadurch verhindern, dass es zu einer Migräne-Attacke kommt.

Aufnahme, Abbau und Ausscheidung

CGRP-Antikörper werden im Körper sehr langsam abgebaut. Es reicht deshalb aus, wenn man sie – je nach Präparat – monatlich oder sogar nur alle drei Monate verabreicht. Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab werden aus dem Unterhautfettgewebe aufgenommen, Eptinezumab muss direkt in die Blutbahn injiziert werden.

Für den Abbau sind eiweissspaltende Enzyme verantwortlich. Sie zerlegen die CGRP-Antikörper in ihre Einzelteile, die anschliessend wiederverwertet oder vom Körper ausgeschieden werden.

Anwendungsgebiete

In der Schweiz sind die Migräne-Spritzen zur prophylaktischen Behandlung von Migräne bei Erwachsenen zugelassen, sofern diese indiziert ist. Betroffene mit weniger als acht Migräne-Tagen pro Monat können die Spritze ebenfalls verschrieben bekommen.

Schwangere und stillende Frauen sowie Kinder mit Migräne müssen auf andere Migräne-Medikamente ausweichen, weil die Datenlage für die Anwendung bei diesen Personengruppen unzureichend ist. Bei Migräne in der Schwangerschaft stehen andere Medikamente und Massnahmen zur Verfügung.

Migräne-Spritze: Anwendung

Wie Sie die Spritze anwenden, hängt vom jeweiligen Präparat ab. Ihr Arzt zeigt Ihnen die korrekte Handhabung. Ausserdem wird er den Behandlungserfolg regelmässig überprüfen und gemeinsam mit Ihnen besprechen.

Erenumab

Spritzen Sie eine Einzeldosis Erenumab alle vier Wochen unter die Haut. Der Fertigpen enthält normalerweise 70 Milligramm Injektionslösung. Reicht die Menge nicht aus, kann Ihnen Ihre Ärztin oder Ihr Arzt auch 140 Milligramm verordnen.

Injizieren Sie Erenumab in den Bauch oder Oberschenkel. Wenn Ihnen eine andere Person Erenumab verabreicht, kann das Medikament auch in die Aussenseite des Oberarms gespritzt werden.

Galcanezumab

Die Behandlung mit Galcanezumab beginnt mit einer Anfangsdosis von 240 Milligramm. Anschliessend werden monatlich nur noch 120 Milligramm gespritzt. Sie können Galcanezumab in den Bauch, Oberschenkel, hinteren Oberarm oder Gesässbereich injizieren.

Fremanezumab

Fremanezumab wird entweder monatlich oder alle drei Monate injiziert. Der Wirkstoff ist in zwei Dosierungen erhältlich: 225 Milligramm Fremanezumab für die monatliche und 675 Milligramm für die dreimonatliche Gabe. Fremanezumab soll in den Bauch, Oberschenkel oder Oberarm gespritzt werden.

Wechseln Sie regelmässig die Injektionsstelle. Wenn Sie eine Injektion vergessen, holen Sie diese möglichst rasch nach. Spritzen Sie in keine geröteten oder verhärteten Hautareale.

Eptinezumab

Eptinezumab muss – im Gegensatz zu den drei anderen CGRP-Antikörpern – von medizinischem Fachpersonal verabreicht werden. Der Wirkstoff wird nicht in das Unterhautfettgewebe gespritzt. Üblicherweise werden 100 Milligramm Eptinezumab als intravenöse Infusion alle drei Monate gegeben. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt kann diese Dosis bei Bedarf auf 300 Milligramm steigern. Eine Infusion dauert ungefähr 30 Minuten.

Migräne-Spritze: Gegenanzeigen

Migräne-Spritzen darf man im Allgemeinen nicht anwenden, wenn man überempfindlich oder allergisch auf den Wirkstoff oder einen anderen Bestandteil des Medikaments reagiert.

Auch Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schwangere und Stillende sollen nicht mit Migräne-Spritzen behandelt werden, weil es nicht genügend Daten dazu gibt.

Migräne-Spritze: Wechselwirkungen

Es sind keine Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten bekannt.

Migräne-Spritze: Abgabevorschriften

Migräne-Spritzen sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz rezeptpflichtig.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Christopher Waxenegger
Mag. pharm.  Christopher Waxenegger

Christopher Waxenegger studierte Pharmazie an der Universität Wien. Es folgten die erfolgreiche Fachprüfung für den Apothekerberuf sowie die freie Mitarbeit in einer Arztpraxis mit dem Schwerpunkt Medikationsanalyse. Seit 2020 widmet er sich dem Fachjournalismus und verfasst Sachtexte zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Im Urlaub erkundet Christopher gerne die schottischen Highlands und genießt die Ruhe der Natur.

Quellen:
  • Bundesamt für Gesundheit (BAG): Präparate Spezialitätenliste, unter: https://www.spezialitätenliste.ch (Abrufdatum: 29.11.2023)
  • Fachinformationen unter: www.basg.gv.at (Abrufdatum: 15.08.2023)
  • Fachinformationen unter: www.portal.dimdi.de (Abrufdatum: 15.08.2023)
  • Fachinformationen unter: www.swissmedicinfo.ch (Abrufdatum: 15.08.2023)
  • Geisslinger, G. et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen – Pharmakologie, Klinische Pharmakologie, Toxikologie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 11. Auflage, 2020
  • Karow, T. et Lang-Roth, R.: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Thomas Karow Verlag, 29. Auflage, 2021
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