Fördern Fischölkapseln Vorhofflimmern?
Fischölkapseln mit Omega-3-Fettsäuren zählen zu den populärsten Nahrungsergänzungsmitteln. Die Konsumenten hoffen damit vor allem ihre Herz-Kreislauf-Gesundheit zu stärken. Doch zumindest ein Risiko könnten die Kapseln sogar verstärken: Vorhofflimmern.
Bei dieser verbreiteten Erkrankung schlägt das Herz unregelmässig und zieht sich mitunter zu schnell zusammen. Daher strudelt das Blut in den Herzkammern, es bilden sich verstärkt Gerinnsel – und damit steigt auch das Risiko für einen Schlaganfall und Herzschwäche.
Ist Fischöl riskant?
Bislang war die Studienlage zum Zusammenhang zwischen Fischölkapseln und Vorhofflimmern nicht eindeutig. Nun aber haben Forscher um Christine M. Albert vom Smidt Heart Institute im Rahmen einer Übersichtsstudie Daten von mehr als 81.000 Teilnehmern aus sieben grossen Einzeluntersuchungen ausgewertet.
Rund zwei Drittel von ihnen nahmen maximal 1 Gramm Omega-3-Fettsäuren pro Tag zu sich, rund ein Drittel erhielt mehr als 1 Gramm des Nahrungsergänzungsmittels täglich.
„Unser Ziel war es, Klarheit und umsetzbare Informationen zu liefern“, erklärte Albert den Zweck der Übersichtsstudie. Doch auf die Frage: ‚Ist Fischöl gut oder schlecht gegen Vorhofflimmern?‘ gebe es keine einfache Antwort.
Risiko hängt von der Dosis ab
Denn tatsächlich scheint das Risiko für Vorhofflimmern von der Dosis abzuhängen: Patienten, die mehr als ein Gramm Omega-3-Fettsäuren pro Tag einnahmen, hatten ein um 49 Prozent erhöhtes Risiko, Vorhofflimmern zu entwickeln. Bei den Teilnehmern, die nur ein Gramm Omega-3-Fettsäuren einnahmen, betrug die Risikoerhöhung lediglich 12 Prozent.
„Für Patienten scheint das Risiko, Vorhofflimmern zu entwickeln, relativ gering zu sein, wenn sie ein Gramm oder weniger Fischöl pro Tag einnehmen“, sagt Albert. Mehr als ein Gramm Fischöl pro Tag solle man hingegen nur in Absprache mit dem Arzt zu sich nehmen.
Dieser kann Patienten, die hochdosierte Omega-3-Fettsäuren einnehmen, über mögliche Risiken und frühe Symptomen von Vorhofflimmern informieren. So können gegebenenfalls frühzeitig gegengesteuert werden, so Albert.
Nicht feststellen liesse sich anhand der Studiendaten, ob es Menschen gibt, die bei der Einnahme von Fischöl besonders anfällig für die Entwicklung von Vorhofflimmern sind. Für eine entsprechen Risiko-Nutzen-Abwägung bedürfe es noch weiterer Untersuchungen, so die Forscher.
Risikofaktoren: Alter, Männlichkeit, Vorerkrankungen, Hochleistungssport
Das Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter. Männer sind dabei gefährdeter als Frauen. Weitere Risikofaktoren sind neben Alter und Geschlecht auch Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Herzklappenfehler, Fettleibigkeit und Diabetes.
Vorhofflimmern tritt auch häufiger während einer Infektion oder direkt nach einer Operation auf. Auch Stress, Koffein und Alkohol können die Anfälle auslösen - ebenso wie starke körperliche Belastung, etwa ein Marathonlauf. Ob Fischöl das Risiko von Vorhofflimmern bei Hochleistungssportlern oder Personen mit anderen Risikofaktoren speziell erhöht, ist noch unbekannt.
Besser Fisch als Kapseln
Obwohl es starke Hinweise darauf gibt, dass Omega-3-Fettsäuren den Blutfettspiegel von Triglyzeriden (Neutralfetten) senken, empfehlen Experten, Omega-3-Fettsäuren nicht in Form von Kapseln, sondern in Form von fetten Seefischmahlzeiten mehrmals wöchentlich zu sich zu nehmen.
Autoren- & Quelleninformationen
- Baris Gencer et al.: Effect of Long-Term Marine Omega-3 Fatty Acids Supplementation on the Risk of Atrial Fibrillation in Randomized Controlled Trials of Cardiovascular Outcomes: A Systematic Review and Meta-Analysis, Circulation. 6 Oct 2021, DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.121.055654
- https://www.eurekalert.org/news-releases/930790