Gruppe junger Leute beim Rauchen

Wie Rauchen das Immunsystem langfristig schädigt

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Lungenkrebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, COPD: Die Liste der gesundheitlichen Folgen von Rauchen ist lang und gravierend. Auch die Anfälligkeit für Infekte steigt – insbesondere von Atemwegserkrankungen. Raucher stecken sich nicht nur häufiger mit Schnupfen oder Grippe an, die Krankheiten verlaufen häufig auch schwerer.

In der Corona-Pandemie zeigte sich rasch, dass Rauchen ein erheblicher Risikofaktor für schwere Krankheitsverläufe war. Der Grund: Rauchen schwächt die Abwehrkräfte, insbesondere in Nase, Bronchien und Lunge.

Nur das angeborene Immunsystem erholt sich schnell

Wer das Rauchen aufgibt, dessen Immunkräfte erholen sich schnell, bestätigt eine Untersuchung des Institut Pasteur. Doch das gilt offenbar nur für das angeborene Immunsystem. Dieses bildet das erste Bollwerk gegen Krankheitserreger und springt auf alle fremden Eindringlinge an.

Die erworbene Immunkompetenz, die Informationen über bereits erfolgreich bekämpfte Krankheitserreger speichert und so bei erneutem Kontakt schnell und gezielt reagieren kann, bleibt auch Jahre nach dem Rauchstopp „untertourig“.

Immunreaktion im Blut getestet

Das französische Forschungsteam hatte dazu Blutproben von 1000 gesunden Personen im Alter von 20 bis 70 Jahren einer Vielzahl von Krankheitserregern ausgesetzt. Anschliessend ermittelten sie die Immunreaktion anhand der Zytokine, welche die Immunzellen ausstiessen. Dabei handelt es sich um Entzündungsbotenstoffe, die weitere Abwehrzellen herbeirufen, um Krankheitserreger wie Bakterien und Viren auszuschalten.

Anschliessend ermittelten die Forschenden, welche der 136 untersuchten krankheitsfördernden Faktoren den stärksten Einfluss auf die Immunreaktion hatte. Dazu gehörten neben dem aktuellen und früheren Rauchverhalten auch Variablen wie der Body-Mass-Index, die Anzahl der Schlafstunden, Bewegung, Kinderkrankheiten, Impfungen und das Wohnumfeld.

Langzeiteffekte von Rauchen, BMI, Pfeiffersches Drüsenfieber

Drei Faktoren stachen dabei besonders hervor: Rauchen, ein höherer Body-Mass-Index und eine latente Infektion mit dem Zytomegalie-Virus, dem Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers. „Der Einfluss dieser drei Faktoren auf bestimmte Immunreaktionen scheint ähnlich gravierend zu sein wie Alter, Geschlecht und genetische Veranlagung“, erklärt Studienleiter Darragh Duffy.

Neu war dabei die Erkenntnis, dass die Aktivität bestimmter Zellen, die am Immungedächtnis beteiligt sind, beeinträchtigt war. „Ein Vergleich der Immunreaktionen von Rauchern und Ex-Rauchern ergab, dass die unmittelbare Entzündungsreaktion nach dem Rauchstopp schnell auf ein normales Niveau zurückkehrte, während die Auswirkungen auf die adaptive Immunität 10 bis 15 Jahre lang anhielten“, so Duffy. Damit zeigte die Studie erstmals eine Auswirkung des Rauchens auf das Langzeitgedächtnis des Immunsystems.

Epigenetische Veränderungen schwächen die Immunreaktion

Das Team konnte auch die Ursache der hartnäckigen Auswirkungen auf das Immungedächtnis finden: Rauchen verursacht sogenannte epigenetische Veränderungen im Erbgut. Dabei wird nicht der Gen-Code selbst verändert, sondern bestimmte „Schalter“ umgelegt, die darüber entscheiden, welche Gene abgelesen werden und welche nicht. Als Schalter fungieren dabei kleine Bausteine, sogenannte Methylgruppen, die sich an den genetischen Code anlagern. Im Vergleich zu Menschen, die noch nie geraucht hatten, waren bei Rauchern und Ex-Rauchern jene epigenetischen Muster auffällig verändert, die am Stoffwechsel der Immunzellen beteiligt sind.

Autoren- & Quelleninformationen

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Saint-André, Violaine et al.: Smoking changes adaptive immunity with persistent effects, in: nature, 22.02.2024, doi: https://doi.org/10.1038/s41586-023-06968-8
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