Gruppe macht Yoga-Übungen

Was Yoga bei Epilepsie bewirken könnte

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Menschen mit Epilepsie fühlen sich häufig stark stigmatisiert. Yoga könnte hier deutlich entlastend wirken – und sogar die Zahl der Attacken reduzieren.

Forschende vom All India Institute of Medical Sciences haben untersucht, ob es Betroffenen helfen kann, Yoga zu praktizieren. Mit Erfolg: Insbesondere das Gefühl, stigmatisiert zu sein, liess deutlich nach. Aber auch die Zahl der epileptischen Anfälle verringerte sich.

Das Team konnte insgesamt 160 Männer und Frauen mit Epilepsie im Alter zwischen 18 und 60 Jahren für die Studie gewinnen. Im Schnitt erlitten sie einen Anfall pro Woche und nahmen zwei Antiepileptika ein. Wie stark die Studienteilnehmenden sich aufgrund ihrer Erkrankung stigmatisiert fühlten, ermittelten die Forschenden anhand eines Fragebogens auf einer Skala von 0 bis 30 (Kilifi Stigma Scale for Epilepsy).

Darunter waren Fragen wie „Haben Sie das Gefühl, dass andere Menschen Sie ablehnen?“, „Haben Sie das Gefühl, dass andere Menschen Sie meiden?“, "Haben Sie das Gefühl, dass Sie kein erfülltes Leben führen können?“ und „Fühlen Sie sich anders als andere Menschen?“.

Drei Monate Yoga

Die Hälfte der Teilnehmenden erhielt über einen Zeitraum von drei Monaten je eine Stunde Yogaunterricht und war zudem angehalten, auch an den übrigen Tagen täglich eine halbe Stunde Yoga zu praktizieren. Die Yogatherapie umfasste neben den Yogafiguren auch Übungen zur Muskelentspannung, Atmung, Meditation und Glaubenssätze, die positive und motivierende Gedanken erzeugen (Affirmationen).

Die übrigen Teilnehmenden absolvierten stattdessen „Schein-Yoga“-Stunden. Sie praktizierten zwar dieselben Übungen wie die Patientinnen und Patienten aus der eigentlichen Yoga-Gruppe, erhielten aber keine Anweisungen zu zwei Schlüsselkomponenten des Yoga, die eine Entspannungsreaktion hervorrufen sollen: langsame und synchronisierte Atmung sowie Aufmerksamkeit für die Körperbewegungen und Empfindungen während der Übungen.

Beide Gruppen wurden zusätzlich über die Hintergründe der Erkrankung informiert.

Deutlich reduziertes Gefühl von Stigmatisierung

Das Ergebnis: Bei den Teilnehmenden, die Yoga praktizierten, reduzierte sich das Gefühl von Stigmatisierung von durchschnittlich sieben Punkten auf vier Punkte am Ende des sechsmonatigen Beobachtungszeitraums. Bei den Betroffenen aus der Gruppe, die Schein-Yoga machte, hatten die Übungen keine positiven Auswirkungen. Im Gegenteil: Das Gefühl der Stigmatisierung stieg sogar leicht von anfangs sechs auf sieben Punkte.

Auch die Anfallshäufigkeit entwickelte sich in beiden Gruppen unterschiedlich. So hatte sich die Anzahl der Anfälle in der Yogagruppe bei viermal so vielen Personen halbiert wie in der Schein-Yoga-Gruppe. Die Zahl der Teilnehmenden, die im Beobachtungszeitraum keine Anfälle erlitten, war in der Yogagruppe sogar siebenmal so hoch.

Weniger Stress, weniger Anfälle

Eine denkbare Erklärung wäre hier der Abbau von Stress aufgrund der Atemtechnik und Achtsamkeit, die nur in der Yogagruppe gelehrt wurden. Tatsächlich weiss man schon länger, dass Stress die Zahl epileptischer Anfälle erhöhen kann.

„Menschen mit Epilepsie sind oft mit einem Stigma konfrontiert“, erklärt Studienleiterin Manjari Tripathi. Die Erkrankung könne das Leben einer Person in vielerlei Hinsicht beeinträchtigen, durch die notwendige Behandlung aber auch aufgrund von Besuchen in der Notaufnahme und der schlechten psychischen Gesundheit.

„Unsere Studie hat gezeigt, dass Yoga die Belastung durch Epilepsie lindern und die Lebensqualität insgesamt verbessern kann, indem es das Gefühl von Stigmatisierung reduziert“, so die Wissenschaftlerin.

Hinweis ist noch kein Beleg für Wirksamkeit

Anzumerken ist, dass die Studie angesichts der geringen Zahl von Teilnehmenden noch keinen echten Beleg für die tatsächliche Wirksamkeit von Yoga bei Epilepsie liefert. Auch ist denkbar, dass sich die Bedingungen in Indien nicht unbedingt mit europäischen Verhältnissen vergleichen lassen.

Dort könnte zum einen die Stigmatisierung der betroffenen Personen stärker sein, zum anderen ist Yoga dort tiefer in der Kultur verankert. Beides könnte die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Bevölkerungsgruppen reduzieren.

Schon früher hatten verschiedene Forschungsgruppen den Effekt von Yoga auf Epilepsie untersucht. Ein Team des Cochrane-Instituts hat die Ergebnisse dazu zusammengetragen und in einer Übersichtsstudie ausgewertet. Einen eindeutigen Nachweis der Wirksamkeit konnten die Wissenschaftler damals nicht feststellen.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Kirandeep Kaur et al.: Effectiveness of Yoga Intervention in Reducing Felt Stigma in Adults With Epilepsy: A Randomized Controlled Trial, Neurology, 8. November 2023, doi: https://doi.org/10.1212/WNL.0000000000207944
  • Mariangela Panebianco et al.: Yoga bei Epilepsie, Cochrane Library, 05. Okt 2017, https://doi.org/10.1002/14651858.CD001524.pub3
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