Luftverschmutzung

Luftverschmutzung: Begünstigt Feinstaub Parkinson?

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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In manchen Regionen der USA gibt es mehr an Parkinson erkrankte Menschen als anderswo. Auffällig ist, dass dort die Luftqualität besonders schlecht ist.

Bei Menschen mit Parkinson gehen Zellen im Gehirn zugrunde, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Was diesen Prozess in Gang setzt, ist noch immer nicht geklärt. Eine US-Studie zeigt nun, dass Feinstaub dabei eine entscheidende Rolle spielen könnte.

Demnach haben Personen, die in Regionen mit mittelstarker Luftverschmutzung leben, ein um 56 Prozent höheres Parkinson-Risiko als Menschen in Regionen mit besonders geringer Luftverschmutzung.

Feinstaub verursacht Entzündungen im Gehirn

Schon vor einiger Zeit haben Forschende beobachtet, dass Feinstaub die Blut-Hirn-Schranke, die das Denkorgan vor Schäden schützen soll, überwinden kann. "Frühere Studien haben gezeigt, dass Feinstaub Entzündungen im Gehirn hervorruft ", sagt Studienleiterin Brittany Krzyzanowski vom Barrow Neurological Institute in Phoenix, Arizona.

Dieser Mechanismus gilt schon länger als möglicher Treiber für Parkinson, ist aber bislang unbewiesen. "Durch den Einsatz modernster raumbezogener Analysetechniken konnten wir zum ersten Mal einen starken landesweiten Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Parkinson-Krankheit und Feinstaub in den USA bestätigen", sagt die Wissenschaftlerin.

Feinstaub ist nicht gleich Feinstaub

Die Studie zeigt auch, dass der Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Parkinson-Krankheit je nach Region unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Bei gleich hoher Feinstaubbelastung ist das Risiko, zu erkranken, dennoch unterschiedlich hoch.

Die Forscherin vermutet, dass dies mit regionalen Unterschieden in der Zusammensetzung des Feinstaubs zusammenhängt. „In einigen Gebieten könnte der Feinstaub mehr toxische Komponenten enthalten als in anderen", so Krzyzanowski.

Schwermetalle und Verbrennungspartikel

Ein Hotspot für Parkinson ist beispielsweise das Mississippi-Ohio River Valley, in dem das Strassennetz besonders dicht ist, und auch der sogenannte „Rostgürtel“ der USA, der mit seiner hohen Industriedichte einen Teil der Region prägt.

"Das bedeutet, dass die Luftverschmutzung in diesem Gebiet möglicherweise mehr Verbrennungspartikel aus dem Verkehr und Schwermetalle aus der Industrie enthält ", so Krzyzanowski. Diese würden von der Medizin mit dem Zelltod in der Substantia nigra in Verbindung gebracht - jenem Teil des Gehirns, der an der Parkinson-Krankheit beteiligt ist.

Welche Bestandteile von Feinstaub die Entstehung von Parkinson besonders stark begünstigen, müssen nun nachfolgende Untersuchungen zeigen.

Für die Studie werteten die Forschenden medizinische Datensätzen von fast 22 Millionen Menschen zwischen 66 und 90 Jahren aus. Dabei ermittelten sie rund 90.000 an Parkinson erkrankte Personen, die sie den verschiedenen Landesteilen zuordneten.

Ausserdem berechnete das Team die durchschnittlichen jährlichen Feinstaubkonzentrationen der jeweiligen Regionen. So liess sich ein Zusammenhang zwischen der Feinstaubbelastung einer Person und ihrem späteren Risiko, an Parkinson zu erkranken, errechnen.

Dabei berücksichtigen die Forschenden auch Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Rasse, Rauchen und Inanspruchnahme medizinischer Versorgung.

Bei Parkinson nicht nur an Pestizide denken!

"Obwohl seit Jahren versucht wird, die umweltbedingten Risikofaktoren für die Parkinson-Krankheit zu ermitteln, konzentrierten sich die meisten Bemühungen auf die Exposition gegenüber Pestiziden", sagt Krzyzanowski. "Diese Studie legt nahe, dass wir auch die Luftverschmutzung als einen Beitrag zur Entwicklung der Parkinson-Krankheit betrachten sollten.“

Bevölkerungsbezogene geografische Studien hätten das Potenzial, wichtige Erkenntnisse über die Rolle von Umweltgiften bei der Entstehung und dem Fortschreiten der Parkinson-Krankheit zu liefern. „Dieselben Methoden können auch zur Untersuchung anderer neurologischer Erkrankungen beitragen", sagt Krzyzanowski.

Das Forschungsteam hofft, dass die Daten dieser neuen Studie helfen, strengere politische Massnahmen durchzusetzen, die die Luftverschmutzung verringern und so das Risiko für Parkinson und andere damit verbundene Krankheiten senken.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Brittany Krzyzanowski et al.: Fine Particulate Matter and Parkinson Disease Risk Among Medicare Beneficiaries, Neurology, Okt 2023, doi: https://doi.org/10.1212/WNL.0000000000207871
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