Schwangere Frau trinkt Wasser bei Hitze

Bei Hitze steigt das Risiko für Fehlgeburten

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Mit steigenden Temperaturen nimmt auch die Zahl der späten Frühgeburten zu. Ab wann wird Hitze riskant fürs Kind?

Ab dem dritten Hitzetag wird es riskant

Bei Hitze sollten schwangere Frauen sich möglichst in kühlen Räumen aufhalten. Vor allem bei mehreren Hitzetagen am Stück steigt das Risiko, dass das Kind zu früh zur Welt kommt.

Untersucht hat die Auswirkungen von Hitzewellen in der Schwangerschaft ein Team des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) in Hamburg. „Auffällig war, dass die werdenden Mütter ein bis zwei heisse Tage offensichtlich überbrücken konnten. Folgte aber ein dritter, vierter, fünfter Tag ohne Abkühlung, setzten vermehrt vorzeitige Wehen ein. Und zwar besonders dann, wenn eine hohe Luftfeuchtigkeit das gefühlte Wärmeempfinden noch erhöhte“, erläutert Studienleiterin Prof. Petra Arck vom Zentrum für Geburtshilfe, Kinder- und Jugendmedizin am UKE.

Dass Hitzestress auch die Zahl der Frühgeburten vor der 34. Schwangerschaftswoche erhöhen könnte, haben die Forschenden nicht beobachtet: „Dabei spielen ja oft andere Gründe eine Rolle, wie aufsteigende Infektionen, mütterliche Erkrankungen“, erklärt Arck auf Nachfrage von NetDoktor.

Bei 35 Grad 45 Prozent höheres Risiko

Ihr Team hat für die Untersuchung anonymisierte Daten von mehr als 42.000 Schwangeren analysiert, die in den vergangenen 20 Jahren im UKE entbunden hatten. Die Forschenden verglichen die errechneten sowie die tatsächlichen Geburtstermine mit den Klimatabellen des Hamburger Wetterdienstes. Dabei konzentrierten sie sich jeweils auf den Zeitraum von März und September.

Das Ergebnis: Temperaturen von 30 Grad Celsius liessen das Frühgeburtsrisiko um 20 Prozent steigen, Temperaturen über 35 Grad sogar um 45 Prozent.

Schlecht versorgte Föten

Tage- oder wochenlange Hitzewellen belasten Schwangere extrem: „Weil der Bauch auf die Hauptvene drückt, kommt am Herzen nicht mehr so viel Blut an”, so Arck. Durch die Dauerhitze weiten sich die Blutgefässe, was diesen Effekt verstärkt.

Eine solche hitzebedingte Gefässerweiterung beobachten die Forschenden auch in der Gebärmutter. „Unsere Daten deuten darauf hin, dass Hitzestress nicht nur die Umverteilung von Blut in die Haut, sondern auch in den Fötus auslösen kann. Das beeinträchtigt die Versorgung des heranwachsenden Babys mit Sauerstoff und Nährstoffen“, erklärt Arck.

Kommt 2033 jedes sechste Kind zu früh?

2033 könnte annähernd jedes sechste Kind aufgrund steigender Temperaturen zu früh geboren werden, errechneten die Forschenden. Das wären doppelt so viele wie heute. „Welche Folgen das für die Gesundheit der Neugeborenen hat, ist bislang noch nicht absehbar“, so die Wissenschaftlerin.

Von einer Frühgeburt sprechen Mediziner, wenn Kinder vor der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen. „Eine Geburt vor der 37. Schwangerschaftswoche geht mit einem erhöhten Risiko für gesundheitliche Probleme im späteren Leben einher“, erklärt Co-Studienleiterin Prof. Anke Diemert, die in der Klinik für Geburtshilfe schwangere Frauen betreut.

„Jeder Tag zählt“

Auch eine sogenannte „späte Frühgeburt“ zwischen der 34. und 37. Schwangerschaftswoche kann sich störend auf die Entwicklung des Kindes auswirken. So müssen unter anderem die Lungen, das Verdauungs- und Immunsystem noch reifen. „Hier zählt jeder Tag“, sagt die Medizinerin. Konzentrationsstörungen, schlechtere Schulleistungen, ein höheres Risiko für Infektionen, Allergien, Asthma und Übergewicht sind Studien zufolge mögliche Folgen einer Frühgeburt.

Was also tun bei Hitzestress? Arck empfiehlt Frauen zwischen der 34. und 38. Schwangerschaftswoche bei anhaltend hohen Temperaturen

  • möglichst die Sonne zu meiden
  • sich in klimatisierten Räumen aufzuhalten
  • viel Flüssigkeit zu sich nehmen

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Dennis Yüzen et. al., Increased late preterm birth risk and altered uterine blood flow upon exposure to heat stress, EBIOMedicine, 2023. DOI: https://doi.org/10.1016/j.ebiom.2023.104651
  • Pressemitteilung Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), 26. Juni 2023
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