Hochnormaler TSH-Wert: Keine Gefahr fürs Ungeborene
Bei Schwangeren gerät die Schilddrüse schnell aus dem gewohnten Takt. Bleibt das Organ gesund, droht aber keine Gefahr fürs Kind, zeigt die aktuelle Studienlage. Medikamente müssen die werdenden Mütter nur bei einer krankhaften Funktionsstörung einnehmen.
Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann in der Schwangerschaft gravierende Folgen haben: Eine solche Hypothyreose kann schwere geistige und körperliche Schäden beim Fötus verursachen. Ausserdem treten vermehrt Schwangerschaftskomplikationen wie Fehl- oder Frühgeburten auf.
Riskante Unterfunktion oder ungefährliche Abweichung?
Um auf Nummer sicher zu gehen, haben Medizinier auch Schilddrüsenwerte im oberen Normbereich bei Schwangeren oft mit Medikamenten behandelt. So wurden Werte des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH) zwischen 2,5 und 4,0 Milli-Einheiten pro Liter (mU/l) bereits als eine leichte Unterfunktion der mütterlichen Schilddrüse gewertet.
Inzwischen geben Experten Entwarnung. Sofern die Schilddrüse der Mutter gesund ist, haben TSH-Werte in im oberen Normbereich keinen negativen Einfluss auf die Kindesentwicklung und die Schwangerschaft. Das stellt der Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN) auf Basis der aktuellen Studienlage fest. Schilddrüsenhormon-Tabletten seien dann in der Regel nicht nötig.
Schilddrüsenerkrankung ausschliessen!
Bei Werten in diesem Grenzbereich sollte aber sichergestellt werden, dass es sich nicht doch um eine beginnende behandlungsbedürftige Schilddrüsenerkrankung handelt - beispielsweise um eine Autoimmunerkrankung wie die Hashimoto-Thyreoiditis. Experten empfehlen dazu unter anderem weitere Bluttests und eine Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse.
Stresstest für die Schilddrüse
„Eine Schwangerschaft bedeutet eine Art Stresstest für die Schilddrüse. Das Schwangerschaftshormon übernimmt die Kontrolle über die mütterliche Schilddrüse“, erklärt Prof. Karin Frank-Raue von der Endokrinologisch-Nuklearmedizinischen Gemeinschaftspraxis in Heidelberg. Unter anderem nimmt die Produktion des Schilddrüsenhormons Thyroxin um etwa 50 Prozent zu. Der Jodbedarf der Mutter steigt, das Schilddrüsenvolumen vergrössert sich.
Ist das Organ ohnehin schon angeschlagen, kann eine Schwangerschaft es vollends aus dem Gleichgewicht bringen. Bei einigen werdenden Müttern treten dann zum ersten Mal Funktionsstörungen der Schilddrüse auf.
Autoren- & Quelleninformationen
- Alexander EK, Pearce EN, Brent GA. et al 2017 Guidelines of the American Thyroid Association for the Diagnosis and Management of Thyroid Disease During Pregnancy and the Postpartum. Thyroid 2017; 27: 315-389
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- Pressemitteilung Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V., 29.04.2020