Antidepressiva: Bessere Wirkung dank Genanalyse
Moderne Antidepressiva sind für viele depressive Menschen ein Segen. Doch leider entfalten die Medikamente längst nicht bei jedem Patienten ihre Wirkung. Eine Genanalyse könnte helfen, sie präziser zu dosieren.
Wenn Medikamente nicht richtig wirken, kann der Grund dafür in den Genen des Patienten zu finden sein. Das gilt auch für moderne Antidepressiva wie Escitalopram, das zu den sogenannten Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) gehört.
Wissenschaftler vom Karolinska Institut in Stockholm haben herausgefunden, dass spezielle Varianten des Genes CYP2C19 den Effekt der Medikamente beeinflussen. Denn das Gen liefert den Bauplan für ein Enzym, das Escitalopram im Körper abbaut.
Genvarianten beeinflussen Wirkstoffabbau
Menschen mit bestimmten Varianten des Genes produzieren grössere Mengen des Enzyms als gewöhnlich. Infolgedessen wird der antidepressive Wirkstoff in ihrem Körper zu schnell abgebaut und kann nicht wirken.
Andere genetische Varianten wiederum haben offenbar eine reduzierte Enzymproduktion zur Folge. Bei den Patienten ist der Wirkstoffspiegel dann zu hoch, sodass sie unter starken Nebenwirkungen leiden. Dazu zählen Übelkeit und Durchfall, Schlafstörungen und sexuelle Funktionsstörungen.
Diese genetischen Varianten sind nicht selten: Von den mehr als 2000 Studienteilnehmern, die das Team um Studienleiter Prof. Magnus Ingelman-Sundberg untersuchte, hatte daher immerhin ein Drittel zu hohe oder zu niedrige Wirkstoffspiegel von Escitalopram.
Präzisere Dosierung
„Durch eine Typisierung des Genes CYP2C19 könnte man Escitalopram präziser dosieren und so eine besseren antidepressive Wirkung erzielen“, sagt Ingelman-Sundberg. Ebenso liessen sich überdosierungsbedingte Nebenwirkungen vermeiden. Da CYP2C19 auch bei der Verstoffwechselung anderer SSRIs eine zentrale Rolle spiele, könne ein solches Vorgehen auch bei der Verordnung anderer Medikamente sinnvoll sein.
So wirken SSRI
SSRI haben seit den 1980er-Jahren einen festen Platz in der Behandlung von Depressionen. Die Wirkstoffe erhöhen den Spiegel von Serotonin im Gehirn. Serotonin ist ein Botenstoff, der unter anderem der Kommunikation zwischen den Nervenzellen dient. Im Gehirn wirkt er stimmungsaufhellend, angstlösend und aktivierend. Wird seine Wiederaufnahme verlangsamt, reichert er sich im Gehirn an.
Autoren- & Quelleninformationen
- Ingelman-Sundberg M. et al.: Impact of CYP2C19 Genotype on Escitalopram Exposure and Therapeutic Failure: A Retrospective Study Based on 2,087 Patients. Am J Psychiatry. 2018 Jan 12:appiajp201717050550. doi: 10.1176/appi.ajp.2017.17050550.