Wirkstoff CBD: Wie Cannabis Entzündungen bremst
Der Cannabis-Wirkstoff CBD verursacht keinen Rausch, wird aber in der Medizin geschätzt. Er kann nicht nur Schmerzen lindern, sonden auch Entzündungen hemmen.
Hanf ist eine Pflanze mit vielen Talenten: Die meisten Konsumenten nutzen seine Rauschwirkung, um zu entspannen oder Heiterkeitsausbrüche zu erzeugen. Doch auch in der Medizin werden seine Qualitäten geschätzt. Cannabis wird vor allem in der Schmerztherapie eingesetzt, aber auch als Appetitanreger und Übelkeitsdämpfer für Menschen während einer Chemotherapie.
Welche entzündungshemmenden Effekte haben Cannabinoide?
Eine Wirkung, die bislang noch weniger untersucht wurde, sind entzündungshemmende Effekte von bestimmten Hanfwirkstoffen, den Cannabinoiden. Insgesamt acht von diesen hat nun ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Paul Mike Jordan von der Universität Jena genauer untersucht.
Bekannt ist vor allem THC (Tetrahydrocannabinol), das für die Rauschwirkung von Hanf verantwortlich ist. Wie das Team herausfand, scheint aber in besonderem Masse ein anderer Stoff entzündungshemmend zu wirken: CBD (Cannabidiol).
„Allerdings war der Grund dafür bislang weitgehend unklar“, sagt Jordan. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Italien, Österreich und den USA haben der Forscher und sein Team nun den biochemischen Mechanismus entschlüsselt, über den der Stoff Entzündungen bremst.
Entzündungshemmende Kettenreaktion
Das Ergebnis: CBD löst eine entzündungshemmende Kettenreaktion aus. Es aktiviert das Enzym 15-Lipoxygenase-1. Dieses wirkt vor allem auf die sogenannten Lipidmediatoren ein, die der Körper aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren herstellt. Die Lipidmediatoren regulieren die Immunantwort und beeinflussen alle Entzündungsprozesse.
Sie bremsen beispielsweise die Produktion von Botenstoffen wie den sogenannten Eicosanoiden. Dabei handelt es sich um hormonähnliche Stoffe, die Entzündungsprozesse befeuern.
Zugleich verstärkt CBD die Bildung entzündungsauflösender Botenstoffe. Dazu gehören sogenannte spezialisierte pro-auflösende Mediatoren (SPMs), die die Ausschüttung entzündungsfördernder Zytokine bremsen.
Umgelegter Entzündungsschaler
„CBD legt in den betroffenen Zellen quasi einen Schalter um, der das Entzündungsgeschehen von der fördernden zur hemmenden Seite lenkt“, so Jordan. Erste Ergebnisse in Zellkulturen überprüften die Forschenden in Experimenten mit Mäusen.
In weiteren Schritten muss nun geklärt werden, ob und in welchem Masse die beobachteten Prozesse bei chronischen oder akuten entzündlichen Erkrankungen tatsächlich helfen können – bei Morbus Crohn beispielsweise oder auch Psoriasis (Schuppenflechte). Als besonders chancenreich stufe er die CBD-Therapie von Menschen mit rheumatischen Erkrankungen ein, so Jordan auf Nachfrage von NetDoktor.
CBD erzeugt keinen Rausch
Da Cannabidiol, anders als THC, keinen Rausch erzeugt und nicht abhängig macht, ist es schon jetzt in Form von Tropfen im Handel verfügbar. Wie bei allen frei verkäuflichen Wirkstoffen sollten Patientinnen und Patienten aber mit ihrem Arzt sprechen, bevor sie diese einnehmen.
Autoren- & Quelleninformationen
- Peltner, L.K. et al.: Cannabidiol acts as molecular switch in innate immune cells to promote the biosynthesis of inflammation-resolving lipid mediators, Cell chemical Biology, 29. Aug 23, doi: 10.1016/j.chembiol.2023.08.001