Übergewichtige Frau bei einer Ärztin

Was ist dran am Mythos vom gesunden Dicken?

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Übergewicht belastet den Körper: Mit den Kilos steigt das Risiko für Diabetes, Herz-Kreislauf-Leiden und verschiedene Krebserkrankungen. Doch manche Schwergewichte scheinen die Medizin Lügen zu strafen: Blutdruck-, Blutfett- und Blutzuckerwerte sind bei ihnen allesamt im grünen Bereich.

Untersuchungen zufolge trifft dies auf 7 bis 28 Prozent der übergewichtigen Frauen und 2 bis 19 Prozent der Männer mit Übergewicht zu. In der Medizin kennt man diese Gruppe als Personen mit stoffwechselgesunder Adipositas (Metabolically Healthy Obesity, MHO) oder unter dem griffigen Slogan „fat but fit – dick aber fit“.

Ein Team um Prof. Matthias Blüher von der Universität Leipzig und dem Helmholtz-Zentrum München hat untersucht, was die „gesunden Dicken“ von anderen Übergewichtigen unterscheidet.

Schlanke Leber, normale Fettzellen

Zum einen fiel ihnen auf, dass bei diesen Personen die Leber weniger stark verfettet war, als aufgrund des Body-Mass-Index (BMI) zu erwarten gewesen wäre.

Entscheidend für die Stoffwechselgesundheit bei Übergewicht sind offenbar die fettspeichernden Zellen, die sogenannten Adipozyten. Sind diese unnatürlich vergrössert, geht das häufig mit Entzündungsprozessen einher, die unter anderem die Gefässe schädigen können. Zudem entwickeln die Zellen häufiger Anzeichen einer Insulinresistenz – und damit ein Warnzeichen für einen beginnenden Diabetes.

Wo das Fett im Körper bevorzugt gespeichert wird, ist auch entscheidend für die Stoffwechselgesundheit: Sitzt es vor allem in der Bauchgegend oder im Inneren der Organe, ist das Risiko für Typ-2-Diabetes deutlich höher, als wenn es sich gleichmässiger im Körper verteilt, erklärt Blüher.

50 Prozent erhöhtes Risiko für Zweiterkrankungen

Trotz der biologischen Unterschiede und der gesunden Werte kann der Wissenschaftler für Personen mit MHO keine Entwarnung geben. Selbst wenn keine weiteren Risikofaktoren vorliegen, trügen eine erhöhte Fettmasse und eine Dysfunktion des Fettgewebes zu einem höheren Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei.

Ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen liegt um 50 Prozent höher als für Normalgewichtige, zeigen die Daten von Blühers jüngsten Auswertungen. „Es besteht also immer noch ein erhöhtes Restrisiko für Menschen mit Adipositas, selbst bei einer sogenannten stoffwechselgesunden Adipositas“, sagt er. Der Begriff einer „metabolisch gesunde Adipositas“ sei daher irreführend.

„Gewichtsmanagement und Empfehlungen zur Gewichtsabnahme sind für Menschen mit metabolisch gesundem Übergewicht nach wie vor wichtig“, betont der Wissenschaftler.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Metabolically healthy obesity: fact or fiction?, Reports and Proceedings, 3. Okt 2023
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