Warum Sport den Hunger vertreibt
Wer Sport treibt, verbrennt zwar ordentlich Energie – hat im Anschluss aber meist wenig Appetit. Die Erklärung für diesen Widerspruch liegt im Hypothalamus, einer Hirnregion, die eine zentrale Rolle bei der Regulierung von Stoffwechsel und Gewicht spielt.
Der Neurowissenschaftler Young-Hwan Jo vom Albert Einstein College of Medicine in New York konnte an sich selbst beobachten, was viele Sportler kennen: Nach einer intensiven Trainingseinheit stieg seine Körpertemperatur für mehrere Stunden leicht an. Gleichzeitig war sein Appetit deutlich reduziert.
Lücke in der Blut-Hirn-Schranke
Bei der Suche nach der Ursache konzentrierte er sich vor allem auf spezielle Nervenzellen, die den Appetit reduzieren, die sogenannten POMC-Neuronen. Sie sitzen am Arcuate Nucleus, einem bestimmten Abschnitt des Hypothalamus. Das Besondere: Diese Zellen werden nicht wie die meisten Hirnstrukturen von der Blut-Hirn-Schranke abgeschirmt, die das empfindliche Organ vor Schadstoffen und Krankheitserregern schützt. Daher können die Neuronen Hormone und Nahrungsstoffe im Blutstrom wahrnehmen.
Temperaturmesser im Gehirn
In Untersuchungen mit Mäusen konnte Jo zeigen, dass die appetitzügelnden Neuronen mit Temperaturrezeptoren ausgestattet waren. Steigt die Körpertemperatur durch sportliche Aktivität der Tiere an, reduzierten die Nervenzellen den Appetit. Nach 40 Minuten im Laufrad frassen die Sportmäuse 50 Prozent weniger als Artgenossen, die körperlich nicht aktiv gewesen waren.
Zwölf Stunden weniger Hunger
De gleiche Effekt erzielte der Forscher, wenn er Capsaicin in den Arcuate Nucleus leitete. Dieser Stoff steckt unter anderem in Chilischoten und ist für die brennende Schärfe verantwortlich, die dieses auszeichnet. Der appetitzügelnde Effekt hielt so sogar bis zu zwölf Stunden an.
Bei Tieren, die nicht über den entsprechenden Temperatur-Rezeptor verfügten, wurde der Appetit weder durch Capsaicin noch durch Sport reduziert.
„Die Körpertemperatur wirkt wie ein biologisches Signal, die das Essverhalten reguliert“, so Jo. Möglicherweise könne man diesen Zusammenhang nutzen, um Menschen das Abnehmen zu erleichtern.