Von wegen Kaffee: Was wirklich den Schlaf raubt
Kaffee gilt als der Muntermacher schlechthin. Viele vermeiden ihn darum schon Stunden vor dem Schlafengehen. Dabei ist der schlimmste Schlafräuber eine ganz andere Substanz.
Nachts liegen sie wach, tagsüber hängen sie in den Seilen: Mehr als jeder dritte Deutsche leidet unter Schlafstörungen. Viele Betroffene verzichten darum bereits am Nachmittag auf Kaffee. Forscher der Florida Atlantic University haben nun die Probe aufs Exempel gemacht. Dabei untersuchten sie nicht nur die Auswirkungen des Kaffeekonsums auf den Schlaf ihrer Teilnehmer, sondern auch, welche Wirkung Alkohol und Nikotin hatten.
Für die Studie rekrutierten sie 785 Probanden, deren Schlaf durchschnittlich 6,7 Nächte lang erfasst wurde. Die Teilnehmer führten Tagebuch über ihre Schaltqualität, ihr seelisches und körperliches Befinden am darauffolgenden Tag sowie über den Konsum von Koffein, Nikotin und Alkohol vier Stunden vor dem Zubettgehen. Ausserdem trugen sie jede Nacht ein elektronisches Brustband, das nächtliche Aktivität, Schlafdauer und Schlummerqualität aufzeichnete.
Gute Nachricht für Kaffeejunkies
Das Ergebnis ist eine gute Nachricht für Kaffeejunkies: Wenn zwischen dem Zubettgehen und der letzten Tasse Kaffee mindestens vier Stunden lagen, liess sich kein negativer Effekt auf den nächtlichen Schlummer nachweisen. Allerdings seien die Dosierung des Kaffees sowie individuelle Unterschiede hinsichtlich Sensibilität für Koffein nicht gemessen worden, warnen die Forscher. Diese Faktoren könnten aber eine wichtige Rolle für den Zusammenhang von Schlaf und Koffein spielen.
Alkohol und vor allem Nikotin rauben den Schlaf
Deutlich negativ wirkte sich aber ein alkoholischer Schlummertrunk aus: Je zeitnaher zur Bettruhe ein solcher konsumiert wurde, desto grösser war die Wahrscheinlichkeit für nachfolgende Schlafprobleme.
Als grösster Schlafräuber erwies sich aber mit Abstand ein Genussmittel, das viele im Hinblick auf Schlafstörungen nicht unbedingt auf dem Radar haben: Nikotin. Das Nervengift kann zwar entspannend wirken, regt aber gleichzeitig auch die Lebensgeister an. Wer in den vier Stunden vor dem Schlafengehen rauchte, schlief besonders unruhig und lag nachts länger wach.
Das galt auch, wenn die Forscher Faktoren einbezogen, die ebenfalls den Schlaf beeinflussen können wie Geschlecht, Übergewicht, Job oder Schule am darauffolgenden Tag, depressive Symptome oder Ängstlichkeit.
Schlafgestörte reagieren besonders stark
Besonders durchschlagend war die Nikotinwirkung bei Teilnehmern, die ohnehin unter Schlafproblemen litten: Sie schliefen durchschnittlich um rund 43 Minuten weniger, wenn sie in den kritischen vier Stunden geraucht hatten, als wenn sie auf Zigaretten verzichteten. Möglicherweise seien Personen, die schlafgestört sind, besonders empfindlich gegenüber Nikotin, mutmassen die Forscher. Ein weiteres Argument also, um mit dem Rauchen aufzuhören.
Die Ergebnisse der Studie seien umso bedeutsamer, als sie an Menschen beobachtet wurden, die nicht im Hinblick auf Schlafprobleme ausgewählt worden waren, schreiben die Forscher. Die meisten der Teilnehmer schliefen normalerweise gut.
Schlafstörungen sind riskant
Schlafprobleme erhöhen das Risiko für verschiedene gesundheitliche Probleme. Dazu gehören Übergewicht, Herz-Kreislauf-Probleme, Diabetes, Bluthochdruck und verschiedene Krebsformen. Menschen mit Schlafstörungen fühlen sich tagsüber zerschlagen, können sich schlecht konzentrieren und sind weniger leistungsfähig. Ausserdem steigt die Wahrscheinlichkeit für Unfälle. Besonders gefürchtet: der Sekundenschlaf hinterm Steuer, der übermüdete Fahrer auch am Tag ereilen kann.
Autoren- & Quelleninformationen
- Christine E Spadola et al.: Evening intake of alcohol, caffeine, and nicotine: night-to-night associations with sleep duration and continuity among African Americans in the Jackson Heart Sleep Study. Sleep, 2019; DOI: 10.1093/sleep/zsz136