Mikrobiom: Wie eine westliche Ernährung Darmkrebs begünstigt
Menschen in westlichen Industrieländern verzehren häufig grosse Mengen an rotem und verarbeitetem Fleisch, Zucker und Weissmehl. Schon länger weiss man, dass diese Lebensmittel das Risiko für Darmkrebs erhöhen können. Doch auf welche Weise das funktioniert, war bislang unbekannt. Jetzt zeigt sich: Eine Schlüsselrolle spielen dabei bestimmte Darmbakterien.
Das hat eine Arbeitsgruppe vom Brigham and Women's Hospital in Boston anhand der Daten von mehr als 134.000 Personen nachgewiesen. Die Teilnehmenden wurden regelmässig zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt.
Eine genetische Analyse ihrer Darmflora ergab, dass Menschen, die sich „typisch westlich“ ernährten, häufiger einen bestimmten Stamm des Darmbakteriums Escherichia coli aufwiesen.
Krebsfördernde Bakterien entdeckt
Vertreter dieses Bakterienstamms sind mit einem speziellen Protein ausgerüstet, der Polyketidsynthase (pks). Dieses Enzym wiederum begünstigt die Entstehung von Mutationen und damit von Tumoren.
Tatsächlich fanden sich die mit pks ausgerüsteten E. coli-Bakterien besonders häufig bei den rund 1.000 an Darmkrebs erkrankten Teilnehmenden. Dabei liessen sie sich in grosser Zahl im Tumorgewebe selbst feststellen. Andere Stämme von E. coli hatten hingegen keinen Einfluss auf das Darmkrebsrisiko.
"Dies ist die erste Studie, die einen Zusammenhang zwischen westlicher Ernährung und spezifischen pathogenen Bakterien bei Krebs herstellt", so Studienleiter Shuji Ogino. In einer weiteren Studie will die Arbeitsgruppe nun klären, welche Bestandteile der westlichen Ernährung die Bildung von schädlichen Proteinen in den Darmbakterien am stärksten fördern.
Wie Krankheitserreger Tumore fördern
Dass Krankheitserreger auch Krebs verursachen können, ist erst für wenige Krebsformen nachgewiesen. Dazu gehören der Magenkeim Helicobacter pylori, Hepatitisviren, aber auch das Humane Papillomavirus (HPV), das unter anderem Gebärmutterhalskrebs begünstigen kann.
Experten rechnen jedoch damit, dass künftig weitere Zusammenhänge zwischen bestimmten Viren und Bakterien einerseits sowie Krebserkrankungen andererseits aufgedeckt werden.
Das ermöglicht neue Wege der Vorsorge. Im Fall von HPV ist das schon jetzt eine frühe Impfung von Jugendlichen, im Falle von Helicobacter schützt eine entsprechende Antibiotikakur.
Darmkrebs lässt sich früh erkennen
Darmkrebs gehört neben Prostata-, Brust- und Lungenkrebs zu den häufigsten Krebserkrankungen. Mit einer Darmspiegelung lassen sich Darmtumoren jedoch frühzeitig und zudem zuverlässiger erkennen als mit einer Stuhluntersuchung. Zudem können die behandelnden Ärzte bei diesem Eingriff bereits Krebsvorstufen entfernen. Anspruch auf eine solche Untersuchung haben Männer und Frauen ab 50 Jahren.
Die meisten Patienten erkranken im höheren Alter an Darmkrebs, allerdings treten etwa zehn Prozent der Fälle bereits vor dem 50. Lebensjahr auf. Für Menschen mit einem familiär bedingten oder medizinisch erhöhten Risiko für Darmkrebs können entsprechende Vorsorgeuntersuchungen daher schon in jüngeren Jahren sinnvoll sein. In solchen Fällen werden auch die Kosten dafür übernommen.
Autoren- & Quelleninformationen
- Kota Arima et al.: Western-style Diet, pks Island-Carrying Escherichia coli, and Colorectal Cancer: Analyses from Two Large Prospective Cohort Studies, Gastroenterology, 24. Juni 2022, 2022, DOI:https://doi.org/10.1053/j.gastro.2022.06.054