Auch in rauchfreien Räumen hängt Tabakdunst
Ob im Flugzeug, Kino oder Krankenhaus: Auch in Räumen, in denen nicht geraucht werden darf, ist man nicht sicher vor giftigen Tabakrückständen. Sie werden über Kleidung und Haut von Rauchern und Passivrauchen eingeschleppt – und zwar in erheblicher Menge.
Dass Zigarettendunst giftige Rückstände auf Oberflächen, Textilien und Körpern hinterlässt, weiss man schon lange. Doch wie gravierend ist die Belastung? Ein internationales Team von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Chemie und der Yale University hat das jetzt erstmalig gezielt untersucht.
Emissionen vergleichbar mit zehn Zigaretten
In einem Kino mit striktem Rauchverbot suchte das Team an vier aufeinanderfolgenden Tagen mithilfe eines Massenspektrometers nach möglichen Tabakemissionen. Es wurde fündig: Die Forschenden ermittelten 35 verschiedene chemische Verbindungen, die von Ausdünstungen von Tabakablagerungen stammten.
Eine noch grössere Menge organischer Verbindungen aus Zigarettenrauch stellten sie in Proben der Luft im Kinosaal fest, die sie anschliessend im Labor untersuchten. Überraschend war vor allem die Menge der Emissionen: Sie entsprach dem Rauch von einer bis zehn Zigaretten.
Hohe Belastung in schlecht belüfteten Räumen
Die Ergebnisse der Studie lassen sich auf andere, weniger gut belüftete Standorte übertragen. „In schlecht belüfteten engen Räumen wie beispielsweise Autos, Bars, Zügen oder Wohnungen werden die gefährlichen Emissionen vermutlich deutlich höher sein“, erläutert der Mitautor der Studie, Prof. Drew Gentner, von der Yale Universität und Stipendiat der Alexander-Humboldt-Stiftung.
„Personen, die zuvor Tabakrauch ausgesetzt waren, geben beim Betreten eines zuvor strikt rauchfreien Raums konzentrierte Emissionen gefährlicher Gase ab“, so der Wissenschaftler. Die Vorstellung, dass man als Nichtraucher in einem rauchfreien Raum vor Passivrauch geschützt sei, sei somit ein Trugschluss.
Gefahr für Kinder
Diese Erkenntnis könnte vor allem für Schwangere und Eltern wichtig sein. Wer glaubt, sein Kind sicher zu schützen, indem er zum Rauchen die Wohnung verlässt, irrt. Und auch, wer sich als Nichtraucher in rauchendem Umfeld aufhält, bringt die Ausdünstung mit nach Hause.
Tabakrauch enthält nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung etwa 5.300 chemische Substanzen. Rund 250 gelten als giftig, 90 als „krebserregend“ oder zumindest „möglicherweise krebserregend“.
Der Qualm besteht aus Feinstaub und flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) wie Nikotin oder Acetonitril. Einen Schwellenwert, bis zu dem der Kontakt mit Tabakrauch unbedenklich ist, gibt es nicht.
Rauchverbote reduzieren zwar die Gefahren durch Passivrauchen. Wie die Studie zeigt, ist das Risiko für Nichtraucher damit aber bei weitem nicht vollständig gebannt.
Autoren- & Quelleninformationen
- Roger Sheu et al.: Human transport of thirdhand tobacco smoke: A prominent source of hazardous air pollutants into indoor non-smoking environments, Science Advances, 4. März 2020, Vol 6, Issue 10, DOI: 10.1126/sciadv.aay41