Waldbaden

Von , Online-Medizinredakteurin
Miriam Dietz

Miriam Dietz hat in Heidelberg Deutsche Philologie, Politikwissenschaft und mittlere und neuere Geschichte studiert. Danach absolvierte sie ihr Print-Volontariat bei einer Tageszeitung in Pforzheim. Hier spezialisierte sie sich innerhalb einer Online-Redaktion und im Bereich digitale Medien. Seit 2016 ist Miriam Dietz als Online-Medizinredakteurin tätig.

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Entspannung inmitten der Natur: Beim Waldbaden erleben Sie die Kraft und Stille des Waldes. Das hilft nachweislich gegen Stress und wirkt positiv auf das Herz-Kreislaufsystem. Warum Körper und Geist vom Waldbaden profitieren und wie es richtig funktioniert, lesen Sie hier.

Waldbaden

Was ist Waldbaden?

Waldbaden hat seinen Ursprung in Japan. Der Begriff „Shinrin yoku“ steht dafür, „ein Bad in der Atmosphäre des Waldes zu nehmen“. Seit den 1980er-Jahren gehört die Entspannungsmethode in dem ostasiatischen Land zur Gesundheitsvorsorge. Der Bereich "forest medicine" ist in Japan sogar ein anerkanntes Forschungsgebiet. Seit einigen Jahren wird Waldbaden auch in Deutschland immer bekannter.

Waldbaden kombiniert mehrere wohltuende Aspekte miteinander:

  • eine ruhige Atmosphäre
  • frische, reine, sauerstoffreiche Luft
  • wohltuende Gerüche und Klänge
  • Landschaften, in denen die Natur dominiert, nicht der Mensch

Beim Waldbaden kommen alle fünf Sinne zum Einsatz, also Sehen, Riechen, Hören, Fühlen und Schmecken. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass sich das positiv auf die Psyche und auf die physische Gesundheit auswirkt.

Wie funktioniert Waldbaden?

Eine allgemeingültige Anleitung zum Waldbaden gibt es nicht. Wichtig ist aber, dass Sie sich genügend Zeit nehmen, langsam laufen und achtsam mit der Natur sind. Welche Gerüche nehmen Sie beispielsweise wahr, was hören Sie und wie fühlen sich die Blätter an?

Sie können Ihr Waldbad allein nehmen oder mit einer Gruppe gehen. Inzwischen gibt es einige zertifizierte Kurse, die folgende Elemente vereinen:

  • Spaziergang durch den Wald
  • Atemübungen
  • Achtsamkeitsübungen
  • Yoga
  • Qigong

Wenn Sie sich für einen Kurs entscheiden, ist in der Regel ein zertifizierter Waldbademeister dabei, wie ihn etwa die Deutsche Akademie für Waldbaden und Gesundheit ausbildet.

Der Vorteil dabei: Ein Waldbademeister kennt die Gegebenheiten des Waldes vor Ort und kann Sie anleiten, wie Sie die Stille bewusst geniessen und den Wald noch intensiver wahrnehmen – beispielsweise durch direkten Kontakt der nackten Füsse mit dem Waldboden.

Beim angeleiteten Waldbad entstehen Kosten, die je nach Anbieter, unterschiedlich hoch ausfallen.

Planen Sie eine Zeitspanne von ein bis drei Stunden dafür ein – und zwar ohne Zeitdruck. Wer sein Waldbad gestresst nimmt, erfährt dabei nicht die volle positive Wirkung, denn es geht darum, bewusst zu entschleunigen und sich in Achtsamkeit zu üben.

Egal ob in einer Gruppe oder allein: Ziehen Sie sich immer wetterfest an, wenn Sie in den Wald gehen und tragen Sie bequeme Schuhe.

Welche Wirkung hat das Waldbaden auf die Gesundheit?

Mittlerweile gibt es viele Studien, die sich mit den heilsamen Effekten des Waldbadens für den menschlichen Körper auseinandersetzen.

So wirkt Waldbaden wie eine natürliche Aromatherapie. Möglich wird das mitunter durch die Kraft von ätherischen Holzölen (Phytonzide), die dabei eingeatmet werden. Etwa Alpha-Pinen, das beispielsweise in Kiefern vorkommt, und Cineol aus Eukalyptus oder Lorbeer.

Aromatherapien bieten sich grundsätzlich für alle Altersgruppen an. Sie dienen mitunter der Vorbeugung von Krankheiten, werden aber auch begleitend zu anderen Behandlungen eingesetzt.

Hier erfahren Sie mehr zur Aromatherapie.

Japanische Forschungen zeigen, wie gross die Einflüsse des Waldbadens auf den menschlichen Körper sind. Dazu wurden Blut- und Urinproben von Menschen nach Waldbädern mit welchen nach einem normalen Arbeitstag verglichen. Es zeigte sich, dass Waldbaden sowohl psychische als auch physische Auswirkungen hat.

Psychische Vorteile

Folgende Mechanismen wirken sich aktiv auf die Psyche aus und helfen möglicherweise, psychische Erkrankungen wie Burn-out oder Depressionen vorzubeugen:

  • Die leisen Natur-Geräusche beim Waldbaden fördern das Wohlbefinden. Das kommt vor allem Menschen zugute, die inmitten von eher lauten Städten wohnen.
  • Sowohl Cortisol- als auch Adrenalinspiegel werden gesenkt, was Stress reguliert und für Entspannung sorgt.
  • Die besondere Waldumgebung aktiviert das parasympathische Nervensystem. Es ist besonders dann aktiv, wenn der menschliche Körper in Ruhephasen entspannt.

Physische Vorteile

Positive Effekte hat das Waldbaden auch in physischer Hinsicht. Auswirkungen zeigen sich unter anderem auf das Herz-Kreislaufsystem und das Immunsystem:

  • Das Immunsystem wird gestärkt, da die Produktion von Abwehrzellen – mitunter Killerzellen – im Körper angeregt wird. Möglich wird dies durch die Aufnahme von Terpenen, einer Untergruppe der Phytonziden. Das sind Botenstoffe, die Bäume über Blätter oder Nadeln abgeben. Über die Atmung oder die Haut gelangen diese in den Blutkreislauf.
  • Verringerung von Alltagsstress: Puls, Atmung und Blutdruck werden reguliert. Das kann Herz-Kreislauferkrankungen vorbeugen.
  • Die Schleimhäute werden durch das spezielle Waldmikroklima besser durchfeuchtet.
  • Da das parasympathische Nervensystem aktiviert ist, kommt es zur aktiven Muskelentspannung und Regenerationsphasen des Körpers.

Wie oft soll ich Waldbaden?

Der japanische Wissenschaftler Qing Li rät dazu, mindestens einen Waldtag im Monat einzulegen, um dem Immunsystem dauerhaft etwas Gutes zu tun.

6 Tipps für ein perfektes Waldbad

Sie möchten die Kraft des Waldes gern mit allen Sinnen erfahren? Probieren Sie es doch mit folgenden Tipps aus:

  • Stress passt nicht ins Konzept des Waldbadens: Bei Zeitdruck verschieben Sie den Ausflug in den Wald lieber. Im schlechtesten Fall erzeugen Sie sonst mehr Stress als diesen zu reduzieren.
  • Hetzen Sie nicht durch den Wald. Verweilen Sie und schauen sich Ihre Umgebung genau an – atmen Sie immer wieder bewusst tief ein und aus.
  • Verzichten Sie auf Ablenkung – etwa das Smartphone oder auch die Kopfhörer, mit denen Sie sonst gern Musik oder Podcasts hören. Letzteres lässt Sie das Erlebnis im Wald sonst nicht mit allen Sinnen geniessen.
  • Den Wald bewusst zu erleben, bedeutet beispielsweise, dass Sie Bäume berühren oder Waldfrüchte kosten – natürlich nur jene, von denen Sie genau wissen, dass Sie essbar sind.
  • Um sich bewusst von Stress loszusagen, hilft es, vor Ihrem Waldbad auf aufputschende Mittel zu verzichten – wie Koffein und Alkohol.
  • Entscheiden Sie sich bewusst für Ihre Auszeit im Wald. Egal, ob es regnet oder bewölkt ist. Unterschiedliche Witterungsverhältnisse fördern verschiedene Wahrnehmungserlebnisse. Feuchtes Moos riecht anders als trockenes. Im Sommer zwitschern mehr Vögel als im Winter. Sehen Sie jedoch bei extremen Wetterlagen von einem Waldbad ab, beispielsweise bei Sturm und Gewitter.

Funktioniert Waldbaden auch in der Stadt?

Bäume und Natur sind die Grundvoraussetzung für ein Waldbad. Was aber, wenn der Weg zum Park sehr viel näher liegt als jener zum nächsten Wald? Hat ein Parkbesuch ähnliche Effekte?

Die gute Nachricht ist: Auch bei einem Spaziergang im Park wird das parasympathische Nervensystem aktiviert. Stressabbau und Entspannung sind die Folge. Den Ergebnissen einer australischen Studie zufolge, spielt die Anwesenheit von Bäumen aber eine massgebliche Rolle, um eine noch bessere Wirkung unter anderem auf das Immunsystem zu erzielen.

Im Wald gibt es ausserdem mehr Pflanzen und Tiere. Und je grösser die Vielfalt der Natur ist, desto höher das psychische Wohlbefinden, so die Studie weiter. Ausserdem sorgen mehr Bäume für die Erhöhung von Botenstoffen in der Luft. Letztere sind massgeblich für die positiven Effekte auf den Körper verantwortlich.

Für Menschen in der Stadt lohnt sich deshalb am Wochenende der Ausflug in den nächstgelegenen Wald, um die vollen Vorzüge von Waldbaden zu geniessen.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Miriam Dietz
Miriam Dietz

Miriam Dietz hat in Heidelberg Deutsche Philologie, Politikwissenschaft und mittlere und neuere Geschichte studiert. Danach absolvierte sie ihr Print-Volontariat bei einer Tageszeitung in Pforzheim. Hier spezialisierte sie sich innerhalb einer Online-Redaktion und im Bereich digitale Medien. Seit 2016 ist Miriam Dietz als Online-Medizinredakteurin tätig.

Quellen:
  • Astell-Burt, T. / Feng, X., (2019): Association of Urban Green Space with Mental Health and General Health Among Adults in Australia. In: Jama Network Open, Volume 2 (7).
  • Horiuchi M., Endo J., Akatsuka S., Uno T., Hasegawa T., Seko Y. (2013). Influence of forest walking on blood pressure, profile of mood states, and stress markers from the viewpoint of aging. J Aging Gerontol 1:9–17.
  • Qing Li, (2010). Effect of forest bathing trips on human immune function. Environmental Health and Preventive Medicine volume 15, 9-7.
  • Ye W., Qi Y., Yangliu P., Xinren G., Yuanqiu L., (2019). Medical empirical research on forest bathing (Shinrin-yoku): a systematic review. Environmental Health and Preventive. Medicine volume 24, Article number: 70.
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