Orgasmusstörungen bei Frauen

Von Dr. med. Britta Bürger
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In der heutigen Zeit wird sehr viel mehr über Sex gesprochen als noch vor einigen Jahrzehnten. Auch die Probleme damit werden eher thematisiert als früher. Dabei spielen bei der Frau zum grössten Teil die Lustlosigkeit sowie Erregungs- und Orgasmusstörungen eine Rolle.

Wann spricht man von einer Orgasmusstörung?

Wenn der sexuelle Höhepunkt bei ausreichender Stimulation und vorhandener Lust nicht oder nur sehr verzögert erreicht wird und dies über einen längeren Zeitraum immer wieder passiert, spricht man von Orgasmusstörungen.

Bei den Orgasmusstörungen der Frau kommen viele Ursachen in Frage. Entsprechend facettenreich ist daher auch die Beurteilung. Wenn Störungen vorhanden sind, ist zu hinterfragen:

  • Wurde noch nie ein Orgasmus erlebt oder ist es erst im Verlauf der eigenen sexuellen Entwicklung zu einer Orgasmusstörung gekommen?
  • Tritt die Störung nur manchmal - abhängig von der Situation - auf , oder ist sie ständig gegeben?
  • Wird der Höhepunkt auch nicht durch Selbstbefriedigung erreicht?
  • Bleibt der Orgasmus unabhängig vom Partner aus?

Welche Ursachen können zu Orgasmusstörungen führen?

Für eine Orgasmusstörung gibt es unterschiedliche Ursachen. Beispiele dafür sind:

Körperliche Ursachen

An körperliche Ursachen sollte man denken, wenn eine Frau ohne andere psychologische Gründe plötzlich nicht mehr zum Orgasmus kommen kann.

  • Neurologische Krankheiten
  • Folge von Erkrankungen wie Diabetes, Tumoren, Entzündungen
  • Testosterondefizit, Erkrankungen der Schilddrüse, der Nebenniere und der Hirnanhangsdrüse
  • Folge der Einnahme von Medikamenten, Psychopharmaka
  • Folge von Drogen, Alkohol
  • Fehlende Zuneigung
  • Fehlende sexuelle Attraktivität des Partners
  • Unkenntnis über die bevorzugte Technik oder Stellung
  • Nichtberücksichtigung oder Unkenntnis der gegenseitigen Vorlieben beim Sex
  • Zu starke Konzentration allein auf den Orgasmus, ohne die Lust zu geniessen
  • Glaube an falsche Sexualmythen (z. B. reifer, vaginaler Orgasmus)

Seelische Ursachen

Sie sind am häufigsten für Orgasmusstörungen verantwortlich, dazu gehören:

  • Unverarbeitete innere Konflikte
  • Störung der Persönlichkeitsstruktur
  • Triebkonflikte
  • Beziehungsängste
  • Gewissensängste
  • Paardynamik
  • Traumatische Erlebnisse in der Kindheit

Einnahme von Medikamenten

Auch die Einnahme von Medikamenten wie Antidepressiva, Antihistaminika und die Anti-Baby-Pille haben eventuell Effekte auf das Sexualleben. Ein Wechsel zu einem anderen Medikament ist eine mögliche Lösung. Halten Sie dafür Rücksprache mit Ihrem Arzt.

Fehlende Stimulation

Werden G-Punkt und die Klitoris nicht ausreichend stimuliert, bleibt der weibliche Orgasmus häufig aus.

Kombination mehrerer Faktoren

Man kann davon ausgehen, dass nicht ein Faktor allein eine Rolle spielt, sondern gerade wegen der Komplexität des weiblichen Orgasmus viele Einzelfaktoren zum Tragen kommen. So spielen sich zum Beispiel Ängste grossteils im Unbewussten ab. Es können Erlebnisse aus der Kindheit, Konflikte in der Mutter-Tochter- oder Vater-Tochter-Beziehung eine Rolle spielen. Angst vor dem Kontrollverlust wird als wichtiger Faktor angesehen. Die verstärkte Selbstbeobachtung kann dazu führen, dass der Erregungszuwachs bis zum Höhepunkt gehemmt wird.

Die Grenzen von "normal" und dem Vorliegen einer Störung sind bei den Orgasmusstörungen teilweise recht willkürlich. Die Übergänge sind hier sicher fliessend, und es existieren keine klaren Grenzen. Eine Frau kann selbst beurteilen, ob sie sich sexuell zufrieden fühlt oder nicht, unabhängig von Massstäben, die von anderen oder durch die Medien an sie herangetragen werden.

Was kann man bei Orgasmusstörungen tun?

Wenn eine Frau es als Problem empfindet, nicht zum sexuellen Höhepunkt kommen zu können, so sollte sie sich zunächst bei einem Sexualtherapeuten beraten lassen. Es gibt viele Behandlungsoptionen, die abhängig vom individuellen Problem gewählt werden können. Wichtig ist, dass die Frau im Verlauf der Gespräche mit dem Therapeuten für sich begreift, dass es nicht einen "richtigen" Orgasmus und nur eine "richtige Sexualität" gibt, sondern dass sie selbst bestimmen kann, was richtig ist. Sie kann lernen, wodurch sie sich gut fühlt und wie sie einen Orgasmus erreichen kann.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Dr. med.  Britta Bürger
Quellen:
  • Beier, Bosinski, Hartmann und Loewitt, "Sexualmedizin", Urban & Fischer Verlag 2005).
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