Diagnose Zöliakie

Bei einer Zöliakie sind die Symptome oft nicht eindeutig und deshalb leicht mit Symptomen anderer Nahrungsmittelallergien oder -unverträglichkeiten zu verwechseln. Eine genaue medizinisch Abklärung und Diagnose sind wichtig, um Betroffenen mit der richtigen Behandlung helfen zu können.
Die Zöliakie ist eine lebenslange immunologisch vermittelte chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die sich bei Personen mit einem genetischen Risiko manifestiert. Sie ist die Folge einer fehlgerichteten Immunantwort auf Gluten und verwandte Proteine, die in Weizen, Roggen, Gerste und anderen Getreidesorten vorkommen.
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Nehmen Betroffene glutenhaltige Nahrung zu sich, kommt es zu einer Entzündung der Dünndarmschleimhaut. Dabei kann es zu unangenehmen Beschwerden wie Durchfall, Gewichtsverlust, Blähungen, Müdigkeit und eingeschränkter Leistungsfähigkeit kommen. Um eine Zöliakie feststellen zu können und von anderen Darmerkrankungen zu unterscheiden, ist eine eindeutige Diagnose mittels medizinischer Untersuchungen notwendig.
Am Anfang steht das ärztliche Gespräch mit Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese). Danach wird der Arzt eine körperliche Untersuchung durchführen. Besteht der Verdacht auf eine Zöliakie, erfolgt eine genauere Diagnose in mindestens zwei weiteren Schritten: eine Blutuntersuchung und eine Biopsie der Zwölffingerdarm-Schleimhaut.
Zöliakie-Diagnose mittels Blutuntersuchung
Zunächst wird Blut abgenommen und im Labor auf charakteristische Antikörper untersucht. Mithilfe einer Blutuntersuchung kann auch festgestellt werden, ob eine Anämie oder ein Mangel an Vitaminen, Elektrolyten oder Eiweiß bzw. Veränderungen der Blutgerinnung, des Eisen- und Knochenstoffwechsels oder allgemeine Hinweise auf eine Entzündung vorliegen.
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Die früher oft bestimmten Anti-Gliadin-Antikörper sind (mit Ausnahme bei Kleinkindern bis 2 Jahre) obsolet. Diese Antikörper sind gegen spezielle Eiweißstrukturen im Getreide gerichtet. Moderne Antikörper-Tests (Anti-tTG und Anti-DGP-Antikörper) sowie die schon lange verwendeten endomysialen Antikörper (EMA; Antikörper des Bindehautgewebes um die Muskulatur) sind für das Vorliegen einer Zöliakie hochempfindlich und hochspezifisch. Wird ein bestimmter Wert dieser Antikörper im Blut nachgewiesen, erhärtet sich der Verdacht auf Zöliakie.
Allerdings schließen negative Antikörper-Tests die Erkrankung nicht hundertprozentig aus, z.B. in sehr frühen Krankheitsstadien oder bei Vorhandensein eines sogenannten IgA-Mangels. Die Diagnose oder der Ausschluss einer Zöliakie sollte daher niemals nur aufgrund eines Antikörper-Befundes gestellt werden. Für eine genaue Abklärung muss die Diagnose durch eine Dünndarmbiospie bestätigt werden.
Zöliakie-Diagnose mittels Dünndarmbiopsie
Die allgemein als beweisend anerkannte Untersuchungsmethode ist die Dünndarmbiopsie. Dabei werden im Rahmen einer Spiegelung von Magen und Zwölffingerdarm (Gastroduodenoskopie) kleine Gewebeproben aus dem obersten Dünndarmabschnitt entnommen und anschließend unter dem Mikroskop untersucht.
Anhand der Veränderungen der Dünndarmzotten und -krypten sowie der Zahl der in die Darmzellen eingewanderten Lymphozyten (weiße Blutkörperchen) können dann verschiedene Stadien unterschieden und die endgültige Diagnose gestellt werden. Jedoch kann auch hier in sehr seltenen Fällen ein falsch positives Ergebnis vorliegen - z.B. bei der sogenannten Lambliasis, einer durch Parasiten ausgelösten Durchfallerkrankung, bei einer Nahrungsmittelallergie oder bei anderen Immundefekten.
Ohne eindeutige medizinische Diagnose sollte nie mit einer glutenfreien Diät begonnen werden. Denn die Diät ist nicht nur aufwändig und mit einer erhöhten finanziellen Belastung verbunden, sondern kann die Diagnose einer etwaigen Zöliakie auch erschweren und die Ergebnisse verfälschen. Von einer Selbstdiagnose ist daher dringend abzuraten.
Auch Bioresonanz oder ähnliche Diagnosemethoden eignen sich nicht zum Nachweis einer Zöliakie. Nach eigenmächtiger glutenfreier Diät oder in unklaren Fällen muss bei negativer Blutuntersuchung oder negativer Dünndarmbiopsie eine neuerliche Glutenbelastung durchgeführt werden. Dadurch steigen bei Personen mit Zöliakie die Antikörperspiegel an bzw. werden Entzündungen der Darmschleimhaut ausgelöst, die sich dann nachweisen lassen. Bei allen neu diagnostizierten Fällen sollte zudem eine Knochendichtemessung stattfinden, um krankhafte Knochenveränderungen rechtzeitig erkennen und entsprechend behandeln zu können.
Familienscreening
Da bei der Zöliakie eine genetische Veranlagung besteht, sollten Zöliakiekranke ihre Verwandten (Kinder, Eltern, ...) auf diesen Umstand hinweisen, da bei ihnen ein erhöhtes Risiko besteht, im Laufe ihres Lebens ebenfalls an Zöliakie zu erkranken (oder bereits erkrankt zu sein). Sollten bei diesen Verwandten typische Symptome oder auch unklare Beschwerden bestehen, sind eine Vorstellung beim Gastroenterologen oder Kinderarzt sowie eine Antikörperuntersuchung zum Ausschluss einer aktuell bestehenden Zöliakie zu empfehlen.
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Autoren:
Matthias Thalhammer, Ulrich Kraft
Medizinisches Review:
Dr. Martin Reichmayr
Redaktionelle Bearbeitung:
Dr. med. Stefanie Sperlich, Tanja Unterberger, Bakk. phil.