Lymphdrainage

Von 
Dr. med. Philipp Nicol

Dr. med. Philipp Nicol ist freier Autor der NetDoktor-Medizinredaktion.

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Als Lymphdrainage (Entstauungstherapie, manuelle Lymphdrainage, MLD) bezeichnet man eine spezielle, medizinische Form der Massage. Sie ist Teil der „Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie“ und wird bei Stauungen der Gewebsflüssigkeit (Lymphödem) angewandt. Lesen Sie alles Wichtige über dieses Verfahren, wann es durchgeführt wird und welche Risiken es birgt.

Lymphdrainage

Was ist eine Lymphdrainage?

Eine Lymphdrainage wird zur Behandlung von Lymphödemen eingesetzt. Ein Lymphödem entsteht, wenn infolge einer chronischen, entzündlichen Erkrankung des Interstitiums (Zwischenraum zwischen Zellen, Geweben, Organen) der Lymphabfluss gestört ist, sodass sich Flüssigkeit im Gewebe staut. Erkennbar ist dies an einer deutlich sichtbaren Schwellung. Häufig treten Lymphödeme an den Gliedmassen auf; es können sich aber auch im Gesicht Lymphödeme bilden.

Lymphödeme können angeboren sein (primäre Lymphödeme). Sehr viel häufiger aber sind sie durch eine andere Erkrankung bedingt. Solche sekundären Lymphödeme haben meist eine Krebserkrankung als Ursache. Für den behandelnden Therapeuten ist daher jedes Lymphödem krebsverdächtig, bis das Gegenteil bewiesen ist.

In der Anfangsphase der Behandlung von Lymphödemen sollten die Patienten ein- bis zweimal täglich eine Lymphdrainage erhalten. Das kann ambulant oder auch stationär passieren. Die „Komplexe physikalische Entstauungstherapie“ kennt insgesamt vier grundsätzliche Verfahren bei Lymphödemen:

  • Kompressionstherapie mittels Verbänden
  • Entstauende Bewegungsübungen
  • Hautpflege
  • Manuelle Lymphdrainage

Beine und Arme sind bevorzugt von einem Lymphödem betroffen und deshalb gut therapierbar mit einer Lymphdrainage. Gesicht und Rumpf können aber ebenfalls mit diesem Verfahren behandelt werden.

Die Wirkung von Lymphdrainagen beruht im Wesentlichen auf vier Wirkeffekten, nämlich der entstauenden, der schmerzlindernden und der muskelentspannenden Wirkung sowie einer stärkenden Wirkung auf die Abwehrkräfte. Der letztgenannte Effekt ist allerdings medizinisch umstritten.

Wann führt man eine Lymphdrainage durch?

Bei  folgenden Erkrankungen kommt die Ödemtherapie häufig zum Einsatz:

  • Chronisches Lymphödem
  • Chronisch-venöse Insuffizienz (sichtbar häufig in Form von „Krampfadern“)
  • Postoperative Schwellung

Auch bei anderen Krankheiten kann eine Lymphdrainange förderlich sein, der therapeutische  Stellenwert ist dabei jedoch geringer. Dazu zählen:

Darüber hinaus gibt es weitere, nicht-krankheitsbedingte Einsatzgebiete für die Lymphdrainage: Schwangerschaft kann bei Frauen beispielsweise zu Ödemen führen, die vor allem abends und nach langem Stehen auftreten. Diese sind nicht zwingend behandlungsbedürftig, können eine Schwangere aber sehr belasten. Dann hilft eine Lymphdrainage. Cellulite ist ein weiteres Anwendungsgebiet. Wissenschaftlich eindeutig belegt ist die Wirkung von Lymphdrainage hier aber nicht. 

Wann ist Lymphdrainage nicht ratsam?

Bei bestimmten Krankheitszuständen sollte die Lymphdrainage nicht angewendet werden. Dazu zählen:

Was macht man bei einer Lymphdrainage?

Bei  der Lymphdrainage sollen die Lymphgefässe stimuliert und zu einem verstärktem Abtransport der Lymphflüssigkeit angeregt werden. Eine vermehrte Durchblutung oder eine Aktivierung von Schmerzrezeptoren der Haut ist nicht Ziel der Lymphdrainage. „Massage“ in ihrer klassischen Form dagegen wirkt über beide Mechanismen.

Die besondere Wirkung der Lymphdrainage erzielt der Therapeut durch kreisförmige Bewegungen. Wichtig sind dabei vor allem die folgenden vier Grundgriffe:

  • stehender Kreis
  • Pumpgriff
  • Schöpfgriff
  • Drehgriff

Diese Griffe werden grundsätzlich verwendet. Abhängig von der Ursache des Ödems kommen dann sogenannte „Ergänzungsgriffe“ hinzu.

Nach der Behandlung wird die entsprechende Körperstelle eingewickelt („Kompressionstherapie“). Dies verhindert, dass sich nach Beendigung der manuellen Lymphdrainage das Ödem wieder ausbildet. Die Lymphdrainage sollte von einem speziell dafür ausgebildeten Physiotherapeuten durchgeführt werden.  

Lymphdrainage der Kopf-Hals-Region

Die Lymphdrainage der Kopf-Hals-Region wird meist am Hals beziehungsweise an der Schulter begonnen. Man bezeichnet sie daher auch als „Basistherapie“.  Der Therapeut beginnt die Behandlung arbeitet sich dann vom Rumpf ausgehend langsam zu den Extremitäten vor. Anschliessend folgt die Lymphdrainage im Gesicht. Meist kommt es durch diese Art der Lymphdrainage  zu einem sehr ausgedehnten „Entspannungseffekt“. Augen, Kiefer, Stirn und Nase werden dabei einzeln und nacheinander behandelt.

Lymphdrainage der Extremitäten und des Rumpfes

Auch die Extremitäten sind oft Ansatzpunkt der Lymphdrainage: Arm und Bein sind nämlich recht häufig von einem Lymphödem betroffen. So kommt es beispielsweise im Rahmen einer Strahlentherapie bei Brustkrebs oder einer Lymphknotenentfernung in der Achselhöhle zur Ödembildung am Arm.  

Die Behandlung an den Armen beginnt manim Bereich der Achsel, bevor man sich dann über den Oberarm zur Hand vor arbeitet. Auch hier werden die Grundgriffe eventuell um Ergänzungsgriffe erweitert. An den Beinen beginnt man entsprechend an der Leiste mit der Lymphdrainage (Knie und Gesäss kann man dabei mit speziellen Griffen behandeln).

Welche Risiken birgt eine Lymphdrainage?

Wird eine Lymphdrainage ordnungsgemäss von einem ausgebildeten Therapeuten durchgeführt und sind bestimmte Krankheitsbilder vorab ausgeschlossen worden, bestehen in der Regel keine Risiken.

Was muss ich nach einer Lymphdrainage beachten?

Nach der Lymphdrainage sind keine besonderen Verhaltenweisen notwendig. Allerdings können Sie etwas tun, damit das Lymphödem nicht so schnell wieder auftritt:

  • Kleidung: Achten Sie darauf, keine enge oder einschnürende Kleidung zu tragen, die den Lymphabfluss zusätzlich erschwert. Das gleiche gilt für Uhren, Schmuck und Schuhwerk.
  • Hautpflege: Da bei Lymphödemen eine erhöhte Infektionsgefahr besteht, sollten Sie ihre Haut sorgfältig pflegen, am besten mit pH-neutraler Creme. Vorsicht bei der Nagelpflege – schon kleine Verletzungen können Eintrittspforten für Erreger sein. Eventuell sollten Sie eine medizinische Fusspflege in Betracht ziehen.
  • Haushalt: Tragen Sie bei der Haus- oder Gartenarbeit Handschuhe! Lagern Sie Ihre Beine regelmässig hoch, um einen besseren Abfluss der Lymphe zu erreichen.
  • Freizeit: Bei sportlichen Aktivitäten sollten Sie sich auf „leichte“ Bewegungen beschränken (Spazierengehen, Nordic Walking, Schwimmen etc.). Vermeiden Sie ausgedehnte Sonnenbäder, Sauna- oder Solariumbesuche – Ihre Haut wird dadurch angegriffen!

Grundsätzlich ist die Lymphdrainage eine effektive und sichere Methode zur Behandlung von Lymphödemen, die gut verträglich ist. 

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Dr. med.  Philipp Nicol

Dr. med. Philipp Nicol ist freier Autor der NetDoktor-Medizinredaktion.

Quellen:
  • Bringezu, G. & Schreiner, O.: Lehrbuch der Entstauungstherapie, Springer Verlag, 4. Auflage, 2014
  • Herpetz, U.: Ödeme und Lymphdrainage, Schattauer Verlag, 5. Auflage, 2013
  • S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Lymphödeme“ (Mai 2017)
  • UpToDate: „Prevention and treatment of lymphedema“ (Abruf: 06.07.2019)
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