Logopädie

Von , Medizinjournalistin
Sabine Schrör

Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.

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Die Logopädie behandelt Probleme der Stimme, der Sprache und des Sprechens. Das medizinisch-therapeutische Fachgebiet beschäftigt sich mit der Diagnose und Behandlung von Störungen in diesen Bereichen. Ziel ist es, die Kommunikationsfähigkeit der Betroffenen zu verbessern bzw. wiederherzustellen. Lesen Sie hier alles Wichtige zur Bedeutung der Logopädie, den Behandlungsmethoden und lernen Sie praktische Übungen kennen.

Kind beim Logopäden

Was ist Logopädie?

Kommunikation ist ein wichtiger Teil des Lebens. Sich anderen klar und verständlich mitteilen zu können, ermöglicht die aktive Teilhabe an nahezu allen Lebensbereichen – ob im beruflichen Alltag oder im sozialen und familiären Umfeld. Sind Sprachverständnis, Artikulation, Lautbildung oder ähnliches beeinträchtigt, bremst das die Betroffenen aus – häufig leiden neben den sozialen Beziehungen auch die beruflichen, bei Kindern die schulischen, Perspektiven.

Die Logopädie zielt darauf ab, die Kommunikationsfähigkeit wiederherzustellen bzw. überhaupt erst zu entwickeln. Sie untersucht und behandelt Störungen rund um Sprache, Stimme und Sprechen. Auch Schluckstörungen gehören zum Fachgebiet, da sie sich negativ auf die Sprechfähigkeit auswirken können.

Im Fokus steht die Therapie solcher Beeinträchtigungen durch ausgebildete Logopäden. Diagnose und Verordnung erfolgen über den Arzt. Meist verordnen Hausärzte, Pneumologen (Lungenfachärzte), HNO-Spezialisten und Kinderärzte eine logopädische Therapie.

Wann führt man Logopädie durch?

Die Zielgruppe logopädischer Massnahmen sind Erwachsene und Kinder gleichermassen. Zu den Einsatzfeldern gehören beispielweise:

  • Dysphagien (Saug-, Fütter-, Ess- und Schluckstörungen) bei Babys und Kleinkindern
  • Dysphagien (Schluckstörungen) bei Erwachsenen, z. B. bei neurologischen und geriatrischen Erkrankungen oder infolge von Tumor-Erkrankungen
  • Bei orofacialen Funktionsstörungen zur Unterstützung einer kieferorthopädischen/zahnärztlichen Behandlung
  • Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern
  • Mutismus („Sprechangst“)
  • Dyslalien (Lautfehlbildungen)
  • Hörverarbeitungs- und Hörwahrnehmungsstörungen
  • Stottern und Poltern
  • Stimmstörungen
  • Sprech- und Sprachstörungen (Aphasien) im Kontext neurologischer oder geriatrischer Erkrankungen, wie Schlaganfälle, Multiple Sklerose, Parkinson, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Demenzen sowie bei Hörgeschädigten und Ertaubten.

Logopädie für Kinder

Bei manchen Kindern entwickelt sich die Sprache aus unterschiedlichen Gründen verzögert. Doch ab wann ist Logopädie angezeigt? Experten empfehlen eine logopädische Untersuchung, wenn das Kind mit vier Jahren sprachlich noch deutlich hinter Gleichaltrigen zurück liegt. Dabei können die Entwicklungsstörungen folgende Bereiche betreffen:

  • die Aussprache (z. B. Lispeln oder das konsequente Verwenden falscher Buchstaben wie Tasper statt Kasper)
  • den Wortschatz (deutlich reduzierter individueller Wortschatz)
  • die Grammatik (z. B. falsche Satzstellung bei Tätigkeitswörtern: „Rita gegangen ist“)
  • den Sprachgebrauch
  • das Sprachverständnis
  • den Redefluss (z. B. Stottern und Vorstufen davon)

Grundsätzlich lassen sich Störungen im Spracherwerb durch einen Logopäden gut behandeln. Bei einer medizinisch diagnostizierten gestörten Sprachentwicklung reicht die allgemeine Sprachförderung, die es nahezu in jeder Kita gibt, meist nicht aus. Es bedarf vielmehr einer fundierten logopädischen Therapie, mit der Sprach- und Sprechprobleme gezielt behandelt werden können.

Was macht man bei Logopädie?

Die logopädische Behandlung fusst im Wesentlichen auf drei Verfahren: Sprachtherapie, Sprechtherapie und Stimmtherapie. Je nach zugrundeliegendem Beschwerdebild verordnet der Arzt eine der Therapieformen oder eine Kombination daraus. Zunächst als Erstverordnung, an die sich bei Bedarf Folgeverordnungen anschliessen können.

Die Basis dafür bildet eine umfassende Diagnose. Davon ausgehend wird die individuell passende Therapieform ermittelt. Zu den logopädischen Diagnoseverfahren gehören beispielsweise:

  • Tonaudiogramm (Hörkurve) zur Messung des individuellen Hörvermögens
  • Stroboskopische Befunde
  • Stimmstatus
  • Bildgebende Verfahren
  • Stimmfeldmessung
  • Endoskopische und neurologische Untersuchungen
  • Sprachanalysen
  • Aachener Aphasietest (AAT)
  • Sprach- und Sprechanalysen

Logopädie: Sprachtherapie

Bei der Sprachtherapie geht es darum, Probleme in der Sprachentwicklung, im Sprachgebrauch und im Sprachverständnis zu beseitigen. Dazu gehört beispielweise ein eingeschränkter Wortschatz, die Unfähigkeit, in zusammenhängenden Sätzen zu sprechen oder die Bedeutung von Texten und Sprache zu erfassen. Bei Kindern geht es meist darum, Störungen in der Sprachentwicklung zu korrigieren. Auch die Behandlung der Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) gehört in diesen Bereich.

Laut Heilmittelkatalog zielen die Massnahmen der Sprachtherapie vor allem auf Folgendes ab:

  • Anbahnung sprachlicher Äusserungen
  • Aufbau des Sprachverständnisses
  • Ausbildung und Erhalt der Lautsprache zur sprachlichen Kommunikation
  • Artikulationsverbesserung bzw. Schaffung nonverbaler Kommunikationsmöglichkeiten
  • Normalisierung bzw. Verbesserung der auditiven Wahrnehmungsfähigkeit
  • Aufbau von Kommunikationsstrategien
  • Normalisierung des Sprachklanges
  • Beseitigung von Dysfunktionen der Kehlkopf- und Zungenmuskulatur
  • Besserung und Erhalt des Schluckvorganges

Logopädie: Sprechtherapie

Die Sprechtherapie behandelt Artikulationsprobleme, also Schwierigkeiten bei der korrekten Aussprache und Lautbildung.

Der Heilmittelkatalog sieht sprechtherapeutische Massnahmen vor zur gezielten Anbahnung und Förderung:

  • der Artikulation
  • der Sprechgeschwindigkeit
  • der koordinativen Leistung
  • der motorischen und sensorischen Sprachregionen des Sprechapparates, der Atmung, der Stimme und des Schluckvorganges.

Logopädie: Stimmtherapie

Eine Stimmtherapie zielt darauf ab, die Stimme zu stärken und stimmliche Beschwerden wie Heiserkeit oder Räusperzwang zu beheben.

Die Anwendungen der Stimmtherapie zielen laut Heilmittelkatalog ab auf die Regulation von:

  • Atmung
  • Phonation (Laut- und Stimmbildung)
  • Artikulation
  • Schluckvorgängen

Bewährte Methoden sind beispielsweise das funktionale Stimmtraining und die manuelle Stimmtherapie. Ersteres basiert auf gesangspädagogischen Elementen, die für die Stimmtherapie adaptiert und weiterentwickelt wurden. Kernelement ist die funktionale Verbindung von Bewegung und Stimme. Behandelt werden sowohl funktionelle, als auch organisch bedingte Stimmstörungen.

Die manuelle Stimmtherapie nach Münch nutzt Elemente der Osteopathie und Krankengymnastik und kombiniert diese mit aktiven Übungen des Patienten. Ziel ist es, den Spannungszustand der für Stimme, Atmung und Schlucken zuständigen Muskulatur zu normalisieren.

Logopädie: Übungen

In der logopädischen Praxis stehen vielfältige Sprach- und Sprechübungen sowie motorische Trainingseinheiten auf dem Programm. Ausgehend von der Diagnose stellt der Logopäde einen individuellen Therapie- und Übungsplan zusammen. So trainieren die Betroffenen zum Beispiel durch Summ-Übungen die korrekte Aussprache von Vokalen, Konsonanten und Silben.

Mundgymnastik kann dabei helfen, die Sprechwerkzeuge zu lockern und bewusster einzusetzen. Schluck- und Atemübungen sowie lautes Vorlesen unterstützen den Betroffenen dabei, deutlich und verständlich zu sprechen. Andere Übungen konzentrieren sich darauf, das Wahrnehmungs- und Konzentrationsvermögen zu steigern.

Doch nicht nur in der Logopädie-Praxis gibt es viele Übungen der Logopädie: Übungen für zuhause ergänzen das Training und verfestigen das Gelernte effektiv.

Beispiel: Dysarthrie-Übung für zuhause

  • Summen: Nacheinander die Vokale a, e, i, o, und u laut und lang anhaltend summen. Pro Vokal 10 Mal wiederholen, dreimal täglich üben.
  • Hoch und tief: Jeden Vokal einmal mit sehr tiefer Stimme, danach mit sehr hoher Stimme sprechen.
  • Leise und laut: Worte und Sätze mit zunehmender Lautstärke wiederholt sprechen.
  • Gezielt üben: Worte aufschreiben, die besonders schwierig auszusprechen sind und diese besonders intensiv trainieren.

Weitere Beispiele und Anregungen können Sie sich in diversen Büchern zum Thema holen. Auch das Internet bietet zahlreiche praktische Übungen zum Download. Wer seine Trainingseinheiten immer und überall parat haben möchte, ist mit einer Logopädie-App gut beraten. Einfach zu bedienen und leicht verständlich lassen sich damit logopädische Übungen problemlos in den Alltag integrieren.

Für Kinder gibt es spezielle Materialien als Buch, App oder Übungsmaterial im Netz. Damit lässt sich die logopädische Therapie zuhause und unterwegs spielerisch fortsetzen.

Beispiel: kindgerechte mundmotorische Übungen für zuhause

  • Lippenübungen: In der Badewanne blubbern mit oder ohne Strohhalm, Gummitiere pusten, Segelschiffe aus Papier oder Korken pusten, Salzstangen ohne Hände essen.
  • Zungenübung: Essensreste von den Lippen ablecken.

Welche Risiken birgt die Logopädie?

Spezielle Risiken sind nicht mit der Logopädie verbunden. Wenn die Behandlung frühzeitig begonnen wird, ist die Chance gross, Sprach- oder Sprechstörungen deutlich zu reduzieren.

Was muss ich nach der Logopädie beachten?

Die Therapie beim Logopäden können Sie gut mit zusätzlichen eigenen Trainingseinheiten unterstützen (siehe oben). Fragen Sie Ihren Logopäden nach Tipps für Ihr individuelles Beschwerdebild und verstärken Sie so die Wirkung der Logopädie.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Sabine Schrör
Sabine Schrör

Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.

Quellen:
  • Bode, H., Schröder, H., Waltersbacher, A. (Hrsg): Der Heilmittel Report, Schattauer Verlag, 2008
  • Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik e. V., DGS, www.dgs-ev-de, www.dgs-ev.de, Broschüre Störungen des Spracherwerbs, Abruf vom 7.5.2019
  • Deutscher Bundesverband für akademische Sprachtherapie und Logopädie, DBS, www.dbs-ev.de, Informationsbroschüren Stottern, Störungen des Spracherwerbs, Aphasie, Stimme, Dysarthrie - Sprechstörung (NEU), www.dbs-ev.de/informationsbroschueren, Abruf vom 7.5.2019
  • Deutscher Bundesverband für Logopädie, DBL, 100 Jahre Logopädie – Meilensteine, https://www.dbl-ev.de, Abruf vom 7.5.2019
  • Deutschschweizer Logopädinnen- und Logopädenverband, DLV, www.logopaedie.ch, Abruf vom 8.5.2019
  • Finkbeiner, G. (2015) Einführung in die Manuelle Stimmtherapie (MST) nach Gabriele Münch. Sprachtherapie aktuell: Schwerpunktthema: Aus der Praxis für die Praxis 2: e2015-09; doi: 10.14620/stadbs150909
  • Fröschels, E.: Lehrbuch der Sprachheilkunde (Logopädie) für Ärzte, Pädagogen und Studierende, 3. Auflage, Deuticke Verlag Leipzig, 1931.
  • Gemeinsamer Bundesausschuss: Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung, Stand: 21. September 2017, veröffentlicht im Bundesanzeiger BAnz AT 23.11.2017 B1
  • Grohnfeldt, M. (Hrsg.): Kompendium der akademischen Sprachtherapie und Logopädie, Band 1: Sprachtherapeutische Handlungskompetenzen, Kohlhammer Verlag, 1. Auflage, 2016
  • HNO Klinik Erlangen, Behandlungsmethoden Stimmtherapie, HNO Klinik Erlangen, www.hno-klinik.de, Behandlungsmethoden Stimmtherapie, Abruf vom 7.5.2019
  • Logo Deutschland - Interessengemeinschaft selbständiger LogopädInnen und SprachtherapeutInnen e.V., www.logo-deutschland.de, Flyer Logopädische Therapie und Selbständigkeit, www.logo-deutschland.de, Abruf vom 8.5.2019
  • Verzeichnis der beihilfefähigen Höchstbeträge für ärztlich verordnete Heilmittel und Voraussetzungen für bestimmte Heilmittel, Achte Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV), Anlage 9 zu § 23 Absatz1Stand: 26.07.2018
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