Elektrokrampftherapie

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Die Elektrokrampftherapie, EKT, (auch: Elektrokonvulsionstherapie) ist ein modernes Verfahren zur Behandlung schwerer psychischer Erkrankungen - insbesondere Depressionen und Psychosen. Dabei wird unter Narkose für Sekunden Strom durch das Gehirn geleitet, der einen therapeutischen Krampfanfall auslöst. Die Behandlung ist sehr wirksam und nebenwirkungsarm. Lesen Sie hier, wie eine Elektrokrampftherapie funktioniert und abläuft und wann sie angewendet wird.

Was ist eine Elektrokrampftherapie?

Die Elektrokrampftherapie, EKT, (auch: Elektrokonvulsionstherapie) ist ein modernes und hochwirksames medizinisches Verfahren zur Behandlung schwerer psychischer Erkrankungen. Dazu gehören beispielsweise schwere Depressionen, die auf andere Therapien nicht gut ansprechen, sowie Psychosen.

Die Elektrokrampftherapie beruht auf einer elektrischer Hirnstimulation, die unter Narkose erfolgt. Dabei wird für Sekunden Strom ins Gehirn geleitet, der einen Krampfanfall auslöst. Das kann man sich ähnlich wie bei einem epileptischen Anfall vorstellen, nur dass der Anfall hier gezielt und unter kontrollierten Bedingungen erfolgt.

Zudem krampft der Körper durch die Gabe von muskelentspannenden Mitteln während der Behandlung nicht. Das war zu früher anders und hat zum einst schlechten Ruf des früher auch „Elektroschocktherapie“ genannten Heilverfahren beigetragen.

Wie wirkt eine Elektrokrampftherapie?

Über welche Mechanismen genau ein solcher „Heilkrampf“ eine positive Wirkung entfaltet, ist noch nicht vollständig geklärt. Man hat jedoch beobachtet, dass die Anfälle zahlreiche neurochemische Veränderungen im Gehirn anstossen. Entscheidend scheint hierfür zu sein, dass ein Teil der Nervenzellen während der Behandlung im gleichen Takt aktiviert wird.

Beispielsweise verändert sich die Konzentration verschiedener Hormone und Botenstoffe im Gehirn ebenso die Zahl der Andockstellen (Rezeptoren) für diese Neurotransmitter. Die Masse der sogenannten grauen Substanz, die sich aus den Zellkörpern der Nervenzellen zusammensetzt, nimmt zu. Vor allem vernetzen sich die Neuronen verstärkt untereinander.

Wie wirksam ist eine Elektrokrampftherapie?

Die EKT ist ein hochwirksames Verfahren, auf das 50 bis über 80 Prozent der Behandelten gut ansprechen. Da sie nur bei sehr schweren Erkrankungen eingesetzt wird sowie bei Patientinnen und Patienten, die zuvor nicht ausreichend auf andere Therapieverfahren angesprochen haben, ist die hohe Wirksamkeit umso beachtlicher.

Wann wird eine Elektrokrampftherapie angewendet?

Psychiater greifen auf eine EKT bei sehr schweren oder gravierenden, schwer zu behandelnden psychischen Erkrankungen zurück. Eine Indikation für eine Elektrokrampftherapie besteht beispielsweise , wenn

der psychische Zustand eines Patienten so gravierend ist, dass eine schnelle Entlastung notwendig ist

  • der Patient schlecht auf eine vorangegangene Behandlung mit Psychopharmaka angesprochen hat (Therapieresistenz)
  • der Patient Psychopharmaka schlecht verträgt
  • die Risiken der EKT geringer sind als andere Behandlungsmöglichkeiten

Bei einigen schweren psychischen Erkrankungen ist eine EKT die Therapie erster Wahl. Das bedeutet, man greift direkt auf sie zurück, ohne zuvor andere Heilverfahren zu versuchen. Dazu gehören

Depressionen mit Wahnvorstellungen

Als Therapie zweiter Wahl – also, wenn vorangegangene Behandlungen nicht ausreichend geholfen haben - setzen Psychiater die EKT in folgenden Situationen ein:

schwere Depressionen (Major Depression), bei denen die Betroffenen auf mindestens zwei Antidepressiva möglichst unterschiedlicher Wirkstoffklassen in Kombination mit Schlafentzug nicht ausreichend angesprochen haben

  • nicht lebensbedrohliche Katatonien und akute Psychosen nach erfolgloser Behandlung mit Neuroleptika
  • Manien nach erfolgloser Behandlung mit Neuroleptika, Lithium oder Carbamazepin

Die Wirksamkeit der EKT nimmt mit der Dauer der Erkrankung ab. Daher gilt sie nicht als letzte Therapieoption, sondern sollte möglichst zeitnah erfolgen, wenn sich abzeichnet, dass andere Methoden nicht ausreichend helfen.

Zur Behandlung von Angststörungen wird eine Elektrokrampftherapie derzeit nicht empfohlen.

Welche Nebenwirkungen und Risiken gibt es?

Die Elektrokrampftherapie ist heute dank verbesserter Narkosetechnik ein sehr sicheres Verfahren.

Die Hauptrisiken gehen nach wie vor von der Narkose aus und sind nicht höher als bei anderen kleineren medizinischen Eingriffen unter Narkose, z.B. einer Magenspiegelung.

Zudem hat sich das Verfahren selbst in den letzten Jahren verbessert. Unter anderem treten unerwünschte Nebenwirkungen seltener und weniger stark auf, seit man die Elektroden überwiegend nur an einer Kopfhälfte anlegt.

Eine Elektrokrampftherapie ist auch bei schwangeren Frauen, Personen mit Herzschrittmacher und älteren Menschen problemlos durchführbar. Mit höherem Lebensalter ist sie häufig sogar besonders wirksam.

Mögliche Nebenwirkungen sind

  • vorübergehende Spannungskopfschmerzen bei ca. einem Drittel der Behandelten, selten Migräneattacken
  • selten: vorübergehende Übelkeit
  • vorübergehende Orientierungs- und Konzentrationsstörungen
  • Gedächtnisstörungen wie Merkstörungen, die sich innerhalb von Stunden oder wenigen Tagen zurückbilden
  • selten sind länger anhaltende Erinnerunglücken
  • sehr selten sind vorübergehende, nicht behandlungsbedürftige neurologische Störungen wie gestörte Sinneswahrnehmungen (Agnosie), Sprechstörungen (Aphasie)

Ausschlusskriterien für die Therapie sind unter anderem ein frischer Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Wie läuft eine Elektrokrampftherapie ab?

Eine EKT findet im Krankenhaus statt. Im Vorfeld werden die Patienten gründlich medizinisch durchgecheckt, um mögliche Ausschlusskriterien für die Therapie rechtzeitig festzustellen. Zudem klären die behandelnden Ärzte die Patienten über den Ablauf der Therapie und mögliche Nebenwirkungen auf.

Für den Eingriff wird der Patient in Narkose versetzt und über eine Maske mit Sauerstoff beatmet. Zusätzlich erhält er muskelentspannende Mittel, die verhindern, dass seine Muskeln krampfen.

Über die Elektroden leiten die Ärzte dann für ca. 20 bis 30 Sekunden kurzpulsige elektrische Ströme durch das Gehirn. Sie lösen einen kontrollierten therapeutischen Krampfanfall aus. Während der gesamten Dauer überwachen Ärzte die Hirnströme mittels eines Elektroenzephalogramms (EEG). Nach rund zehn Minuten erwacht der Patient wieder.

Meist bringen die Ärzte die Elektroden, durch die der Strom in Gehirn geleitet wird, nur an einer Seite des Kopfes an. Das reduziert mögliche Nebenwirkungen. Nur in schweren Krankheitsfällen werden die Elektroden beidseitig angebracht

Mit einer einmaligen Behandlung ist es allerdings nicht getan: Üblicherweise ist eine Serie von acht bis zwölf Behandlungen nötig, um das gewünschte Resultat zu erzielen. Die Eingriffe erfolgen im Abstand von zwei bis drei Tagen.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Elektrokonvulsionstherapie (EKT) in 24 Fragen Ein DGPPN-Ratgeber für Patienten und Angehörige, Broschüre der Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie,Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN), Abruf 27.09.2022
  • Elektrokonvulsionstherapie, Informationsseite der Universitätsmedizin Mainz, Abruf 27.09.2022https://www.unimedizin-mainz.de/psychiatrie/patienten/weitere-behandlungsangebote/elektrokonvulsionstherapie-ekt.html
  • Stellungnahme zur Elektrokrampftherapie (EKT) als psychiatrische Behandlungsmaßnahme, Bundesärztekammer 2003
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