Zangengeburt

Von , Ärztin
Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

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Eine Zangengeburt ist eine Form der assistierten Geburt, das heisst einer äusseren Unterstützung des Geburtsvorgangs. Sie kann notwendig sein, wenn in der Endphase der Geburt ein Stillstand eintritt oder das Baby Anzeichen für erhöhten Stress zeigt. Auch wenn bei  einer länger dauernden Geburt die Kraftreserven von Ihnen oder Ihrem Baby aufgebraucht sind, kann eine Zangengeburt sinnvoll sein. Lesen Sie hier mehr über die Zangengeburt!

Zangengeburt

Was ist eine Zangengeburt?

Bei einer Zangengeburt (Forcepsentbindung) hilft der Arzt einem Baby mithilfe der Geburtszange (Forceps) rasch auf die Welt: Diese besteht aus zwei löffelartig gebogenen Metallblättern, die ähnlich wie eine Schere miteinander verbunden sind. Sie werden vorsichtig um den Kopf des Kindes gelegt, um es sanft herauszuziehen.

Früher kam die Geburtszange recht häufig zum Einsatz, um bei Komplikationen die Geburt rasch zu beenden. Heute sind nur noch etwa 0,5 Prozent aller Geburten eine Zangengeburt.

Wann wird eine Zangengeburt durchgeführt?

Wenn in der Austreibungsphase der Geburt trotz Presswehen über eine Dauer von 15 bis 20 Minuten der Kopf Ihres Babys noch nicht durchgetreten ist, dann wird der Arzt unterstützende Massnahmen ergreifen, um die Geburt voranzubringen. Denn durch die Verzögerung besteht die Gefahr, dass die Sauerstoffversorgung Ihres Kindes beeinträchtigt wird. Die Geburt muss daher rasch beendet werden. Dies kann durch verschiedene Massnahmen geschehen – eine davon ist die Zangengeburt.

Eine Zangengeburt wird Ihr Arzt zum Beispiel vornehmen, wenn Sie stark erschöpft sind oder die Presswehen zu schwach sind. Auch bei einer zu langen Austreibungsphase kann der Arzt die Geburtszange zu Hilfe nehmen. Das gilt besonders, wenn der Kardiotokograf („Wehenschreiber“) Stressanzeichen beim Kind erkennen lässt, von denen sich Ihr Baby nach jeder Wehe immer langsamer erholt. In seltenen Fällen machen bestimmte mütterliche Erkrankungen eine Zangengeburt notwendig, weil sie starkes Pressen, wie es in der Endphase der Entbindung nötig ist, nicht erlauben. Dazu gehören zum Beispiel Herzklappenfehler sowie bestimmte Augenerkrankungen.

Voraussetzungen für eine Zangengeburt

Für eine Zangengeburt muss das Kind in der normalen Kopflage sein, das heisst der Kopf ist der vorangehende Teil des Kindes, der als erstes in den Geburtskanal eintritt. Bei einem Kind in Steisslage ist keine Zangenentbindung möglich.

Ausserdem darf der Kopf des Kindes nicht zu gross sein. Und er muss „zangengerecht“ sein, weil die Zange sonst unter Umständen abrutscht oder den Kopf gar nicht erst greifen kann.

Eine weitere Voraussetzung für die Zangengeburt ist, dass der Beckenausgang der Mutter nicht zu eng und der Muttermund vollständig eröffnet ist. Auch die Fruchtblase muss eröffnet sein.

Was bei einer Zangengeburt geschieht

Zuerst wird die Blase der Mutter mittels Katheter entleert. Dann erhält die Gebärende eine Periduralanästhesie (PDA) oder lokale Anästhesie. Nun kann mit der Zangengeburt begonnen werden: Der Arzt führt die Geburtszange (auch Naegele-Zange genannt) vorsichtig in das mütterliche Becken zwischen den kindlichen Kopf und die Vaginalwand ein – zuerst mithilfe der linken Hand den linken Teil der Zange, dann mithilfe der rechten Hand den rechten Teil. Dann wird die Zange geschlossen. Nun kontrolliert der Arzt, ob auch keine mütterlichen Weichteile in der Zange mit erfasst wurden. Dann erfolgt ein Probezug, der sicherstellen soll, dass die Zange nicht vom kindlichen Kopf abgleitet. Ist das nicht der Fall, wird der Arzt – immer während einer Wehe – vorsichtig am Kopf des Kindes ziehen. Sobald dieser bis zur Nacken-Haar-Grenze durchgetreten  ist, nimmt der Arzt die Geburtszange weg, und der Körper des Kindes kann wie bei einer natürlichen Entbindung geboren werden.

Nach der Zangengeburt wird die Mutter gründlich untersucht, um mögliche Scheidenverletzungen erkennen und versorgen zu können.

Hilfestellung bei der Zangengeburt

Die Zangengeburt erfolgt im Allgemeinen unter einer Periduralanästhesie oder einer Lokalanästhesie. Bei einer stärkeren  Belastung des Damms kann ein Dammschnitt (Episiotomie) notwendig sein.

Um die Geburt des kindlichen Kopfes zu fördern, kann ein Assistent mit dem sogenannten Kristeller-Handgriff zusätzliche Hilfe leisten. Dazu drückt er mit beiden Händen oder dem Unterarm am Bauch der Gebärenden kräftig, aber dosiert auf den Fundus (den oberen Teil der Gebärmutter) in Richtung auf das Hinterhaupt des Kindes. Dieser Druck sollte der Frau keine Schmerzen bereiten, aber er kann helfen, das Kind leichter aus dem Geburtskanal zu ziehen.

Was eine Zangengeburt für Ihr Baby bedeutet

Am Kopf des Babys können Sie nach einer Zangengeburt möglicherweise leichte Hautrötungen oder Abschürfungen bemerken, die durch den Druck der Zange entstanden sind. Solche leichten Verletzungen heilen in aller Regel aber schnell und ohne Folgeschäden ab.

Eine weitere mögliche Folge der Zangengeburt ist eine leichte, einseitige Gesichtslähmung beim Kind (Fazialisparese). Sie entsteht durch Kompression des Gesichtsnervs durch die Geburtszange und bildet sich in den meisten Fällen innerhalb weniger Wochen zurück.

In einzelnen Fällen können auch Schädelbrüche vorkommen.

Vorteile der Zangengeburt

Die Zangengeburt ist eine gute Möglichkeit, eine stockende Geburt rasch zu beenden. Als Hilfsmittel braucht der Arzt nur die Zange und keine weiteren technischen Hilfsmittel. Auch eine Stromversorgung ist für die Zangengeburt nicht notwendig.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Eva Rudolf-Müller
Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

Quellen:
  • Bundesverband der Frauenärzte e.V.: www.frauenaerzte-im-netz.de (Abruf: 19.11.2019)
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Rundum Schwangerschaft und Geburt, Auflage 10.150.09.13
  • Goerke, K. et al.: Klinikleitfaden Gynäkologie Geburtshilfe, Urban & Fischer Verlag, 5. Auflage, 2000
  • Haag, P. et al.: Gynäkologie und Urologie, Medizinische Verlags- und Informationsdienste, 8. Auflage, 2016/17
  • Kainer, F. & Nolden, A.: Das große Buch zur Schwangerschaft, Gräfe und Unzer Verlag, 8. Auflage, 2014
  • Themenportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: www.familienplanung.de (Abruf: 19.11.2019)
  • Weyerstahl, T. & Stauber, M.: Duale Reihe – Gynäkologie und Geburtshilfe, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage, 2013
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