Gilchrist-Verband

Von Daniel Ganter
Alle NetDoktor.ch-Inhalte werden von medizinischen Fachjournalisten überprüft.

Der Gilchrist-Verband, oft auch als Gilchrist-Bandage bezeichnet, wird meist nach Verletzungen oder Operationen der Schulter oder des Oberarms angelegt. Dabei werden Schulter und Arm gestützt und gleichzeitig ruhiggestellt. Hier erfahren Sie alles Wichtige über den Gilchrist-Verband, wann er angelegt wird und welche Risiken bestehen. 

Gilchrist-Verband

Was ist ein Gilchrist-Verband?

Erfunden wurde der der Gilchrist-Verband vor über 100 Jahren vom amerikanischen Hautarzt Thomas C. Gilchrist. Anlegen kann man diesen Stützverband nach Verletzungen oder Operationen, um Schulter und Arm in einer bestimmten Stellung ruhig zu stellen (Immobilisation) und gleichzeitig zu stützen.

Dabei liegt der Oberarm der verletzten Seite seitlich eng am Oberkörper an, der Ellbogen ist im rechten Winkel gebeugt und der Unterarm liegt vorne am Bauch auf. Am einfachsten lässt sich diese Position verdeutlichen, wenn man zuerst beide Arme locker nach unten hängen lässt und dann die Finger der verletzten Seite zur gegenüberliegenden Ellenbeuge führt.

Ist der Gilchrist-Verband fertig angelegt, wird die Last des Armes von einer Schlaufe gehalten, die um den Hals des Patienten hängt. Der verletzte Arm ist im Bereich des Handgelenks und des Ellbogens aufgehängt. Heutzutage sind die meisten Gilchrist-Verbände bereits vorgefertigt.

Wann legt man einen Gilchrist-Verband an?

Ein Gilchrist-Verband wird häufig nach folgenden Verletzungen angelegt:

  • Ausrenkung der Schulter (Schulterluxation)
  • Bruch des Oberarmknochens in der Nähe der Schulter (proximale Humerusfraktur bzw. Humeruskopffraktur)
  • Bruch des Schlüsselbeins im äusseren Bereich (laterale Claviculafraktur)
  • Verletzung des Schultereckgelenks (Akromioklavikulargelenk)
  • Ruhigstellung nach Schultergelenkspiegelung (Arthroskopie)

Wie lange ein Gilchrist-Verband getragen werden muss, hängt von der Art der Verletzung oder der vorangegangenen Operation ab. Die Tragedauer beträgt meist zwei bis sechs Wochen mit anschliessender gezielter Wiederherstellung der Beweglichkeit, zum Beispiel im Rahmen der Krankengymnastik.

Eine seltener genutzte Alternative zum Gilchrist-Verband ist der Desault-Verband. Er ist etwas komplizierter anzulegen, fixiert den Arm aber noch besser am Oberkörper und kann bei besonders unruhigen Patienten notwendig werden.

Was macht man bei einem Gilchrist-Verband?

In den meisten Fällen ist der Gilchrist-Verband bereits vorgefertigt. Anfertigen kann ihn der Arzt aber mit wenigen Materialien auch selbst. Er benötigt dazu eine Verbandsschere, ein langes Stück Schlauchverband, vier Sicherheitsnadeln (oder ein Fixierpflaster) und eventuell etwas Verbandwatte.

Folgende Schritte sind nötig:

  • Den Schlauchverband abmessen: Der Schlauch ist in etwa so lang wie der dreifache Abstand vom Halsansatz bis zu den Fingerspitzen.
  • Den Schlauchverband nach zwei Dritteln quer einschneiden (nicht durchschneiden) und den verletzten Arm in das längere Ende einführen.
  • Die Achselhöhle kann bei Bedarf etwas gepolstert werden (z.B. mit Verbandwatte).
  • Das kurze Ende (ein Drittel des Schlauches) wird um den Hals gelegt und im Bereich des Handgelenks der gesunden Seite (am dortigen Bereich des Schlauchverbands) mit zwei Sicherheitsnadeln fixiert.
  • Das lange Ende, welches noch am verletzten Arm herunterhängt, wird um den Rumpf am Rücken herumgeführt, schlaufenartig um den Oberarm gelegt und der rückwärtige Teil ebenfalls mit zwei Sicherheitsnadeln fixiert.
  • Zuletzt wird der Verband im Bereich der Finger eingeschnitten, sodass diese freiliegen und bewegt werden können.

Wird ein vorgefertigter Gilchrist-Verband verwendet, kann ihn sich der Patient mit etwas Übung auch selbst anlegen – schmerzt das eigenständige Anlegen, sollte man sich besser helfen lassen.

Man schlüpft dabei zuerst mit dem Arm in das längere Ende (beginnend bei der Aussparung bei einem Drittel der Gesamtlänge), wirft sich das dünne Halteband über den Nacken und fixiert zuerst die Hand der verletzten Seite per Klettverschluss. Dann führt man das lange Ende mit dem gesunden Arm am Rücken herum und zwischen dem Arm der verletzten Seite und dem Oberkörper nach vorn. Nach einer Umschlingung des Oberarms führt man es wieder am Rücken zur gesunden Seite zurück und fixiert es dann mit einem Klettverschluss.

Welche Risiken birgt ein Gilchrist-Verband?

Die Verwendung eines Gilchrist-Verbandes ist dann mit Risiken verbunden, wenn dieser nicht korrekt angelegt beziehungsweise zu kurz oder zu lange getragen wird. Der behandelnde Arzt gibt genaue Hinweise zur Tragedauer und zu welchen Gelegenheiten (zum Beispiel beim Duschen) er vorübergehend abgenommen werden darf.

Eine zu kurze Ruhigstellung kann die Heilung verzögern. Bei einer zu langen Nutzung des Gilchrist-Verbandes kann das Schultergelenk durch übermässiger Ruhigstellung versteifen und die Beweglichkeit eingeschränkt werden, die durch krankengymnastische Übungen nur schwer wieder hergestellt werden kann.

Was muss ich nach der Anlage eines Gilchrist-Verbandes beachten?

Der Verband muss angenehm sitzen und darf nicht einschnüren. Die Durchblutung des Armes bis hin zu den Fingern darf nicht eingeschränkt werden und alle Finger sollten frei beweglich sein.

Sie sollten den Verband so lange tragen, wie vom Arzt verordnet. Ein längeres Ablegen des Verbandes sollten Sie vermeiden – meist kann der Verband so angepasst werden, dass er gut sitzt.

Wird der Gilchrist-Verband über mehrere Wochen getragen, kann es sinnvoll sein, sich aus hygienischen Gründen mit einem zweiten Verband ausstatten zu lassen, und beide im Wechsel zu benutzen.

Autoren- & Quelleninformationen

Jetzt einblenden
Datum :
Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Quellen:
  • I care Krankheitslehre. 1. Auflage. Georg Thieme Verlag
  • I care Pflege. 1. Auflage, Georg Thieme Verlag
  • Kirschnick, O.: Pflegetechniken von A - Z. 4. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2010.
  • Specht, J.; Schmitt, M.; Pfeil, J.: Technische Orthopädie: Orthesen und Schuhzurichtungen. 1. Auflage, Springer-Verlag, 2008.
Teilen Sie Ihre Meinung mit uns
Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie NetDoktor einem Freund oder Kollegen empfehlen?
Mit einem Klick beantworten
  • 0
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
0 - sehr unwahrscheinlich
10 - sehr wahrscheinlich