Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen

Kinderrehabilitation unterscheidet sich dabei grundlegend von der Rehabilitation im Erwachsenenbereich. Unterschiedliche Ansätze in der Kinderrehabilitation ergeben sich vor allem durch entwicklungsspezifische Besonderheiten, aber auch durch die geringere Belastbarkeit von Kindern.
Rund 5.000 Kinder brauchen aufgrund einer schweren Erkrankung oder Behinderung in Österreich eine Rehabilitation. Die Rehabilitation von Kindern, die an chronischen Krankheiten leiden, oder von beeinträchtigten Kindern hat das Ziel, Folgeerscheinungen von Gesundheitsstörungen abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen oder eine Verschlimmerung zu vermeiden. Sie umfasst neben den rein medizinischen Leistungen auch psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen sowie die Einbeziehung, Beratung und Schulung der Bezugspersonen.
Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen
- Körperliche Unterschiede
Solange sich Kinder in der Phase körperlicher Entwicklung befinden, ist ihr Körper nicht mit dem eines Erwachsenen vergleichbar. Der kindliche Stoffwechsel, das Immunsystem und die Organfunktionen unterscheiden sich grundlegend von denen eines erwachsenen Menschen. Ihr Stoffwechsel arbeitet ab dem Kleinkindalter schneller als der eines Erwachsenen, ihre Organe – insbesondere Gehirn, Leber und Nieren – befinden sich noch in einem Reifungsprozess und ihr Immunsystem ist noch nicht vollständig ausgereift/entwickelt.
Bei Jugendlichen in der Adoleszenz kann der Wandel des Hormonhaushalts schließlich zu emotionalen Schwankungen und einer Instabilität des vegetativen Nervensystems führen.
- Medikamente
Aufgrund des schnelleren Stoffwechsels und des noch unausgereiften Immunsystems reagieren kleine Körper anders auf Medikamente. Diese Unterschiede sind umso größer, je jünger die Patienten sind.
Damit pharmazeutische Wirkstoffe im Körper eines Menschen einen therapeutischen Effekt bewirken können, werden sie an Proteine gebunden und so ins Gewebe transportiert. Kinder in den ersten Lebenswochen haben eine reduzierte Proteinbindung, die bedingt, dass Neugeborene höhere Medikamentendosen benötigen, gleichzeitig aber auch empfindlicher für Nebenwirkungen sind. Da auch Leber und Niere noch nicht vollständig ausgereift sind, werden Medikamente bei sehr kleinen Kindern langsamer ausgeschieden und verbleiben länger im Körper.
Erst im Alter von einigen Monaten – nach Reifung von Leber und Niere – werden Medikamente schneller verstoffwechselt. Die Beschleunigung der Stoffwechselrate erfordert im Vergleich zu Erwachsenen höhere Medikamentendosen pro Einheit des Körpergewichts und der Körperoberfläche. Eine schnelle Stoffwechselrate kann auch eine häufigere Verabreichung erforderlich machen.
Um Arzneimittel für Kinder noch sicherer zu machen, sind Pharmaunternehmen in Europa seit 2007 verpflichtet, bei der Neuzulassung eines Medikaments auch Studiendaten für Kinder vorzulegen.
Um Kindern die Einnahme von Medikamenten zu erleichtern, werden kindgerechte Applikationsarten angeboten. Neben den auch für Erwachsene erhältlichen Injektionen und Tabletten sind für Kinder zusätzlich Zäpfchen, Pflaster, Suspensionen, Brausetabletten und kaubare Tabletten erhältlich.
- Unterschiedliche Krankheiten und Krankheitsverläufe
Viele Erkrankungen treten fast nur im Kindesalter auf (wie z.B. das Atemnotsyndrom des Neugeborenen, um eines von zahlreichen Beispielen zu nennen), haben andere Schweregrade oder einen unterschiedlichen Verlauf. So verlaufen Krebserkrankungen (z.B. Leukämie) bei Kindern meist völlig anders als bei Erwachsenen.
- Erhöhte Empfindlichkeit
Kindliches Körpergewebe ist grundsätzlich empfindlicher für Kontrastmittel, Strahlen- oder Chemotherapien.
- Soziale Aspekte
Therapeutische Abläufe bei Kindern müssen so gestaltet sein, dass sie den entwicklungsspezifischen Besonderheiten und der geringeren Belastbarkeit von Kindern Rechnung tragen. So erfordert die Rehabilitation von Kindern eine altersentsprechende pädagogische Betreuung – vom Krippen- und Kindergartenalter bis hin zur Berufsberatung für Jugendliche.
Auch das Freizeitangebot sollte dem natürlichen Spieltrieb von Kindern angepasst sein und der kindlichen Entwicklung die Freiheit geben, die sie benötigt, ohne das Kind zu sehr fördern zu wollen.
+++ Mehr zum Thema: Startschuss für die Kinder-Reha +++
Autoren:
Mag. Astrid Leitner
Medizinisches Review:
Assoc. Prof. Priv. Doz. Dr. Monika Resch
Redaktionelle Bearbeitung:
Nicole Kolisch
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