Mögliche Komplikationen während der Narkose

Narkosezwischenfälle sind sehr selten und moderne Narkose-Medikamente und Narkose-Gase (Narkotika) werden im Allgemeinen gut vertragen. Doch es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es durch Narkotika, die zur Einleitung beziehungsweise Aufrechterhaltung der Narkose eingesetzt werden, zu Komplikationen kommen kann.
Kurzfassung:
- Während einer Operation kommt nur in sehr seltenen Fällen zu Komplikationen.
- Nach der OP kann es zu Übelkeit und Erbrechen, Frieren und Zittern, Heiserkeit und Halsschmerzen und Störungen der Hirnfunktion kommen.
- In manchen Fällen wird daher eine Narkose nur in Notfällen oder gar nicht angewendet, etwa bei Schwangeren oder schwerwiegenden Vorerkrankungen.
- In diesem Fällen können Lokalanästhesien eingesetzt werden.
Die folgenden Komplikationen sind mit modernen Medikamenten und Anwendungsmethoden sehr selten und besser behandelbar geworden. Selbst zur vergleichsweise häufige Übelkeit nach einer Narkose kommt es deutlich weniger als früher.
Wie die Risiken und Vorteile einer Narkose abgeschätzt werden, erfahren sie auch in einem Aufklärungsfilm der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin.
Komplikationen während der Operation
Maligne Hyperthermie
Die maligne Hyperthermie umfasst das Bild einer seltenen, aber lebensbedrohlichen Stoffwechselentgleisung, die nach Verabreichung von Inhalationsanästhetika oder dem Muskelrelaxans Succinylcholin bei genetischer Veranlagung für eine spezielle neuromuskuläre Erkrankung auftritt. Es kommt zu Muskelstarre, Temperaturerhöhung, Übersäuerung des Körpers, Herzrasen, Überproduktion von Kohlenstoffdioxid sowie Stoffwechsel- und Organversagen.
Durch die sofortige Unterbrechung der Zufuhr der auslösenden Medikamente und die Behandlung mit Dantrolen kann die maligne Hyperthermie wirksam behandelt werden. Bei bekannter maligner Hyperthermie oder Verdacht auf eine Veranlagung, wie z.B. bei neuromuskulären Erkrankungen, werden weder Narkosegase noch Succinylcholin verwendet.
Allergische Reaktionen
Allergische Reaktionen sind meist durch Medikamente bedingt, zum größten Teil durch Muskelrelaxanzien, andere Anästhetika, Infusionslösungen, Latex in den medizinischen Materialien und Antibiotika. Als Reaktion kann es zu Hautrötungen, Atemnot und Kreislaufstörungen kommen.
Die allergischen Reaktionen können durch Medikamente meist problemlos kontrolliert werden. Tritt eine ausgeprägte allergische Reaktion in der Einleitungsphase der Operation auf, kann es sinnvoll sein, den Eingriff zu unterbrechen und den Patienten aufwachen zu lassen. Eine genaue Austestung ist in der Regel notwendig, um das auslösende Medikament zweifelsfrei identifizieren zu können.
Herz-Kreislauf-Störungen
Durch die Ausschaltung körpereigener Regulationsmechanismen kann der Blutdruck drastisch fallen oder steigen. Durch Monitoring und Wachsamkeit des Anästhesisten können solche Situationen schnell erkannt und mittels geeigneter Maßnahmen behoben werden. Ferner kann es während der Operation zu Herzrhythmusstörungen, Embolien und im schlimmsten Fall zu einem Herzinfarkt oder Herzversagen kommen. Einem intraoperativen Herzinfarkt liegt jedoch meist eine vorbestehende koronare Herzerkrankung zugrunde, Embolien sind in der Regel die Folge einer bestehenden Thrombose.
Probleme bei der Sicherung der Atemwege
Wenn erwartet wird, dass die Einführung des Beatmungsschlauches Probleme bereitet, wird die Intubation aus Sicherheitsgründen im Wachzustand unter Spontanatmung in örtlicher Betäubung des Rachens und leichter medikamentöser Bewusstseinstrübung durchgeführt.
Bei jeder Intubation können Zähne und Zahnfleisch beschädigt werden. Herausnehmbare Zahnprothesen sollten vor der Narkoseeinleitung entfernt werden. Sollte während der Intubation Mageninhalt in die Lungen gelangen (Aspiration), muss wegen der Gefahr einer Lungenentzündung, eines akuten Lungenversagens oder einer Verlegung der Atemwege endoskopisch abgesaugt werden.
Komplikationen nach der Operation
Übelkeit und Erbrechen
Bei etwa 20–30% der Patienten treten Übelkeit und Erbrechen im Anschluss an eine Operation auf. Frauen, Nichtraucher sowie Personen mit Reiseübelkeit und Histaminintoleranz haben ein erhöhtes Risiko; ebenso Patienten, die in der Vorgeschichte postoperative Übelkeit aufwiesen, und solche, die nach einer Schmerzmitteltherapie einen erhöhten Bedarf an Opioiden hatten.
Die Behandlung der Übelkeit und des Erbrechens erfolgt hauptsächlich durch den Einsatz von Medikamenten aus der Gruppe der Antiemetika wie Serotonin-Antagonisten, Dimenhydrinat, Droperidol, Dexamethason oder Metoclopramid. Bei erhöhtem Risiko für postoperative Übelkeit und Erbrechen wird vorbeugend ein Antiemetikum bereits während der Operation verabreicht und bei der Auswahl der Anästhesiemedikamente auf Inhalationsanästhetika und Lachgas verzichtet.
Frieren und Zittern
Das sogenannte postoperative Shivering ist ein unwillkürliches, nicht selbstständig beherrschbares Zittern, das durch den Wärmeverlust während der Operation entstehen kann. Während der Operation werden angewärmte Infusionen und Patientenwärmesysteme verwendet. Im Anschluss an den operativen Eingriff wird der Patient weiter von außen gewärmt. Zusätzlich können noch Medikamente wie Clonidin oder Pethidin verabreicht werden.
Störungen der Hirnfunktion
Vornehmlich bei älteren Patienten kann ein postoperatives Delirium auftreten. Es kommt zu Wahnvorstellungen, Orientierungslosigkeit, Schlafstörungen und Unruhe. Davon zu unterscheiden ist die postoperative kognitive Dysfunktion, bei der auch noch Monate nach der Operation Konzentrations-, Lernfähigkeits- und Merkfähigkeitsstörungen bestehen können.
Um diese schwer wiegenden Komplikationen zu vermeiden, werden ältere Patienten besonders intensiv überwacht, Narkosemittel in möglichst geringer Dosierung verabreicht und es wird Regionalanästhesieverfahren der Vorzug gegeben. Allerdings können derartige Störungen der Hirnleistung auch unter alleiniger Regionalanästhesie auftreten. Derzeit werden die genauen Ursachen und mögliche präventive Maßnahmen intensiv beforscht.
Heiserkeit und Halsschmerzen
Heiserkeit und Halsschmerzen sind meist durch den endotrachealen Tubus oder eine Larynxmaske verursacht.
+++ Mehr zum Thema: Ablauf einer Narkose +++
Wann soll eine geplante Narkose nicht durchgeführt werden? Gibt es Alternativen?
In Notsituationen kann eine Narkose auch bei hohem Risiko durchgeführt werden, wenn der Eingriff dringlichst notwendig ist. Die Situation für geplante Eingriffe ist hingegen eine andere. In einigen Fällen sollte/darf keine Narkose durchgeführt werden. Dazu gehören eine Schwangerschaft, fehlende Nüchternheit, schwer wiegende Vorerkrankungen und eine Ablehnung durch den Patienten.
Als Alternativen stehen für diese Patienten alle Formen der Lokalanästhesie zur Verfügung:
- Leitungsanästhesie
- Plexusanästhesie
- Spinalanästhesie/Epiduralanästhesie
- Infiltration mit einem Lokalanästhetikum
Autoren:
Myriam Weber
Medizinisches Review:
Univ.-Doz. Dr. Petra Innerhofer
Redaktionelle Bearbeitung:
Mag.(FH) Silvia Hecher, MSc
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