Therapie bei chronischem unspezifischem Rückenschmerz

Von chronischem bzw. rezidivierendem unspezifischem Rückenschmerz spricht man, wenn die Schmerzen seit mehr als zwölf Wochen bestehen oder immer wieder auftreten und in den Untersuchungen keine eindeutige Ursache für die Beschwerden festgestellt werden konnte.
Chronische Schmerzen führen meist zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität und stellen für den Betroffenen eine große Belastung dar. Die Therapie bedarf in der Regel einer engen Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachrichtungen (z.B. Medizin, Physiotherapie, Ergotherapie, Psychologie).
Es werden sogenannte „multimodale Behandlungspläne“ erstellt, die interdisziplinär auf die individuellen Bedürfnisse des Betroffenen abgestimmt werden. Die Betroffenen sollen in ihren gewohnten Alltagsaktivitäten und im Berufsleben so wenig wie möglich eingeschränkt sein bzw. diese so schnell wie möglich wieder aufnehmen können.
++ Mehr zum Thema: Rehabilitation bei chronischen Rückenschmerzen ++
Nicht-medikamentöse therapeutische Maßnahmen
Diese stehen an erster Stelle der Behandlung.
Bewegungstherapie
Die Therapie der ersten Wahl bei unspezifischen chronischen Rückenschmerzen ist eine Bewegungstherapie. Zahlreiche Studien zeigen, dass Bewegung anderen Therapieansätzen überlegen ist. Die Erarbeitung individueller Übungsprogramme (z.B. im Rahmen von Physiotherapie oder Krankengymnastik) und eine Steigerung der regelmäßigen körperlichen Aktivität im Alltag führen zu einer deutlichen Schmerzreduktion.
Durch regelmäßige gezielte Übungen können die Beweglichkeit verbessert, die Koordination der Muskelkraft und die Ausdauer trainiert und eventuelle Funktions- und Haltungsstörungen therapiert werden. Eine aktive Mitarbeit des Betroffenen ist für diese Form der Therapie von entscheidender Bedeutung.
Psychotherapie
Auch eine psychologische Mitbetreuung und die Durchführung einer kognitiven Verhaltenstherapie werden zur Behandlung chronischer Rückenschmerzen empfohlen. Betroffene können dabei z.B. Schmerzbewältigungstechniken, einen positiveren Umgang mit der Erkrankung oder neue Verhaltensmuster im Alltag erlernen und psychische Belastungsfaktoren wie etwa Ängste abbauen. Dies trägt nachweislich zur Steigerung der Lebensqualität bei.
Zusätzliche Maßnahmen
Es gibt eine Vielzahl therapeutischer Möglichkeiten, die den Erfolg unterstützen. Dazu zählen unter anderem:
- Entspannungsverfahren (progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, autogenes Training) – können dabei helfen, Stressbelastung abzubauen und die Ausprägung chronischer Schmerzen zu lindern
- Ergotherapie
- Rückenschule
- Akupunktur – allerdings zeigen verschiedene Studien unterschiedliche qualitative Standards, die den therapeutischen Erfolg beeinflussen können
- Manuelle Therapie (Lösen von Blockaden durch Manipulation bzw. Mobilisation) – kann in Kombination mit Bewegungstherapie angewendet werden
- Massage – kann in Kombination mit Bewegungstherapie angewandt werden
Folgende therapeutische Maßnahmen sollen in der Behandlung von chronischen unspezifischen Rückenschmerzen nicht eingesetzt werden, da deren Wirknachweis nicht ausreichend belegt ist bzw. sie die Passivität der Betroffenen fördern und damit der gewünschten Steigerung der körperlichen Aktivität entgegenwirken:
- Bettruhe – wenn aufgrund starker Schmerzen Bettruhe notwendig ist, sollte sie maximal zwei Tage eingehalten werden
- elektrotherapeutische Maßnahmen (Interferenztherapie, transkutane elektrische Nervenstimulation – TENS, perkutane elektrische Nervenstimulation – PENS)
- Thermotherapie (Wärme- und Kältetherapie) – kein ausreichender Wirknachweis; die selbstständige Anwendung von Wärme (z.B. Wärmflaschen) kann allerdings zum Wohlbefinden beitragen und bringt dem Betroffenen keinen Schaden.
- Kurzwellendiathermie
- Lasertherapie
- Magnetfeldtherapie
- Orthesen (medizinische Hilfsmittel, z.B. zur Entlastung)
- Traktion mit Gerät
- therapeutischer Ultraschall
Medikamentöse Therapie
Können die oben genannten Maßnahmen (Bewegungstherapie) aufgrund starker Beschwerden nicht umgesetzt werden, kann in Einzelfällen eine medikamentöse Schmerztherapie erforderlich sein. Dabei werden eingesetzt:
- Der Wirkstoff Paracetamol aus der Gruppe der Nicht-Opioid-Analgetika kann zur Behandlung unspezifischer Rückenschmerzen kurzfristig eingenommen werden, da die Nebenwirkungen weit weniger stark ausgeprägt sind als bei den folgenden Medikamenten.
- Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR; z.B. Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen): Diese Präparate haben zwar eine sehr gute schmerzstillende und entzündungshemmende Wirkung, sie sollten jedoch nur so kurzzeitig wie möglich eingesetzt werden. Zur Langzeitanwendung werden sie nicht empfohlen.
- Wenn NSAR aufgrund von Gegenanzeichen nicht eingenommen werden dürfen oder nicht vertragen werden, können alternativ sogenannte COX-2-Hemmer eingesetzt werden.
- Opiate sind beim unspezifischen chronischen Rückenschmerz aufgrund der Nebenwirkungen kontraindiziert.
- Kurzfristig können Muskelrelaxanzien (Medikamente aus der Gruppe der Benzodiazepine) eingesetzt werden. Diese Wirkstoffe führen zu einer Verminderung von Schmerz, Muskelverspannung und Bewegungseinschränkung, haben jedoch ein erhebliches Abhängigkeitspotenzial und machen darüber hinaus benommen. Sie sollten nicht länger als zwei Wochen eingenommen werden.
In folgendem Video erhalten Sie interessante Fakten zum Thema "Rückenschmerzen":
Autoren:
Dr.med. Kerstin Lehermayr, Dr. med. Christian Maté, Norbert Hasenöhrl
Medizinisches Review:
Dr.med.univ. Christof Pabinger
Redaktionelle Bearbeitung:
Helga Quirgst, MSc