Minoxidil

Von , Apotheker, Arzt
Benjamin Clanner-Engelshofen

Benjamin Clanner-Engelshofen ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Er studierte Biochemie und Pharmazie in München und Cambridge/Boston (USA) und merkte dabei früh, dass ihm die Schnittstelle zwischen Medizin und Naturwissenschaft besonders viel Spaß macht. Deshalb schloss er noch ein Studium der Humanmedizin an.

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Minoxidil gehört zu den Bluthochdruck-Medikamenten und wird ausserdem bei Haarausfall eingesetzt. In der Bluthochdruck-Therapie ist Minoxidil ein Reserve-Medikament. Typische Nebenwirkungen sind verstärkter Haarwuchs und Kopfschmerzen. Bei lokaler Anwendung gegen Haarausfall gilt er als sehr gut verträglich. Hier lesen Sie alles Wichtige über die Wirkung von Minoxidil, Nebenwirkungen und Anwendung.

So wirkt Minoxidil

Blutdrucksenkung

Als Medikament gegen Bluthochdruck (Antihypertensivum) sorgt Minoxidil für eine Weitstellung der herzfernen Blutgefässe: Der Wirkstoff entspannt die Muskulatur in den Gefässwänden, wodurch diese sich weiten – der Blutdruck sinkt. Diese Wirkung wird über eine Öffnung von Kalium-Kanälen in den Zellmembranen vermittelt.

Aufnahme, Abbau und Ausscheidung

Als Blutdrucksenker wird der Wirkstoff in Tablettenform oral eingenommen und im Darm nahezu vollständig ins Blut aufgenommen. Nach einer Stunde erreicht der Blutspiegel des Wirkstoffes sein Maximum.

Minoxidil wird hauptsächlich in der Leber zu unwirksamen, gut wasserlöslichen Stoffwechselprodukten abgebaut, die dann über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden werden. Etwa vier Stunden nach der Einnahme ist die Hälfte des Wirkstoffes abgebaut (Halbwertszeit).

Trotz der relativ kurzen Halbwertszeit hält die blutdrucksenkende Wirkung von Minoxidil 24 bis 72 Stunden an.

Haarwuchsmittel

Minoxidil wird als Lösung oder Schaum äusserlich zur Förderung des Haarwuchses bei Haarausfall angewendet. Der Wirkmechanismus ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Experten vermuten aber, dass die Wirkung zum Teil auf einer Durchblutungssteigerung der Kopfhaut beruht.

Wann wird Minoxidil eingesetzt?

Als topische, also lokal anzuwendende Lösung oder Schaum wird Minoxidil bei einer bestimmten Form von Haarausfall eingesetzt, der androgenetischen Alopezie (auch "erblich bedingter Haarausfall" genannt). Die Behandlung kann den Verlauf des Haarausfalls und der anlagebedingten Kopfhaarverdünnung verlangsamen. Teilweise beobachtet man auch vermehrten Haarwuchs.

Sowohl Männer als auch Frauen können von einer lokalen Anwendung profitieren. Der Effekt geht aber wieder verloren, sobald Minoxidil abgesetzt wird.

Manchmal versuchen männliche Jugendliche und junge Männer, mit Minoxidil den Bartwuchs zu fördern. Diese Anwendung erfolgt ausserhalb der Zulassung, also "off-label". Einen gesicherten Wirkungsnachweis für diese Form des Gebrauches gibt es nicht.

Deutlich seltener wird Minoxidil innerlich bei therapieresistentem Bluthochdruck angewendet - also bei Bluthochdruck (Hypertonie), der sich mit anderen blutdrucksenkenden Medikamenten nicht behandeln lässt. Hierbei wird Minoxidil aufgrund seiner Nebenwirkungen in Kombination mit einem Entwässerungsmittel (Diuretikum) und einem Betablocker eingenommen.

So wird Minoxidil angewendet

Bei Haarausfall kommen Lösungen mit zwei Prozent (für Frauen) beziehungsweise fünf Prozent Minoxidil (für Männer) sowie Schäume zum Einsatz. Die Präparate werden zweimal täglich auf die betroffenen Stellen der Kopfhaut aufgetragen und leicht einmassiert.

Die Lösung enthält oft Propylenglykol als Viskositätserhöher, um die Anwendung auf der Kopfhaut zu vereinfachen. Je höher die Menge, desto zähflüssiger ist die Zubereitung.

Die Minoxidil-Anwendung bei Bluthochdruck erfolgt in Form von Tabletten. Diese werden ein- oder zweimal täglich in einer vom Arzt individuell festgelegten Dosierung eingenommen. Die übliche Dosis liegt zwischen fünf und 40 Milligramm. Meist lässt sich der Blutdruck schon mit dieser niedrigen Dosierung ausreichend gut einstellen. Die Tagesmaximaldosis beträgt 100 Milligramm.

Welche Nebenwirkungen hat Minoxidil?

Mögliche Minoxidil-Nebenwirkungen bei innerlicher Anwendung als Blutdrucksenker sind vor allem Veränderungen im EKG (etwa in Form von Herzrasen), Herzbeutelentzündung (Perikarditis), Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel (Perikarderguss), Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme) und Hypertrichose. Letzteres beschreibt ein vermehrtes Wachstum von Körperhaaren, etwa im Gesicht, am Rücken und an den Armen, teilweise mit Farbveränderung der Haare. Diese für Minoxidil typische Nebenwirkung, die übrigens auch Auslöser für die lokale Anwendung im Kopfbereich zur Förderung des Haarwachstums war, tritt in der Regel drei bis sechs Wochen nach Beginn der Einnahme auf.

Sobald die Minoxidil-Tabletten abgesetzt werden, dauert es üblicherweise mehrere Monate bis das vermehrte Haarwachstum wieder abklingt.

Im Zuge der Blutdruckerniedrigung kann es bei zu hoher Dosierung oder zu schneller Dosissteigerung auch zu Schwindel, Benommenheit und Schwächegefühl kommen, vor allem zu Therapiebeginn.

Da bei topischer Anwendung auf der Kopfhaut ein geringer Teil des Wirkstoffs in das Blut übergeht, gelten die genannten Nebenwirkungen in geringerem Umfang auch für Minoxidil-Schaum und -Lösung. Zudem kann deren Anwendung Reizungen und Entzündungen der Haut hervorrufen.

Was ist bei der Anwendung von Minoxidil zu beachten?

Gegenanzeigen

Minoxidil-Tabletten dürfen nicht eingenommen werden bei:

Gegen eine lokale Anwendung als Lösung oder Schaum spricht eine Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einen der anderen Bestandteile des Produktes.

Wechselwirkungen

Bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten gegen Psychosen (Antipsychotika) kann es zu einer unerwünscht verstärkten Blutdrucksenkung kommen.

Auch Alkohol verstärkt die blutdrucksenkende Wirkung von Minoxidil.

Altersbeschränkung

Minoxidil kann bei Kindern ab der Geburt sowie Jugendlichen eingesetzt werden, wenn deren Bluthochdruck sich nicht ausreichend mit anderen, besser untersuchten Medikamenten senken lässt. Die Erfahrung bei Kindern unter zwölf Jahren ist aber sehr begrenzt, weshalb die Behandlung im Krankenhaus begonnen und regelmässig überprüft wird.

Schwangerschaft und Stillzeit

Zur Minoxidil-Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit liegen bislang nur begrenzte Daten vor. Im Tierversuch hat sich gezeigt, dass der Wirkstoff die Fortpflanzung beeinträchtigen kann (reproduktionstoxischer Effekt). Zudem geht er in die Muttermilch über.

Die Anwendung während der Schwangerschaft wird folglich nicht empfohlen. In der Stillzeit wird der Nutzen der Therapie für die Mutter gegen mögliche Risiken abgewogen. Gegebenenfalls muss vor Therapiebeginn abgestillt werden.

So erhalten Sie Medikamente mit Minoxidil

Alle Minoxidil-Präparate zur Therapie des Bluthochdrucks sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz rezeptpflichtig. Im Unterschied dazu sind die Lösungen und Schäume zur Anwendung auf der Kopfhaut bei Haarausfall rezeptfrei, jedoch apothekenpflichtig und somit ausschliesslich über die Apotheke zu beziehen.

Seit wann ist Minoxidil bekannt?

Minoxidil wurde in den 1970er Jahren in den USA als Bluthochdruck-Medikament entwickelt. Bald häuften sich Berichte, wonach der Wirkstoff ausserdem das Haarwachstum anregt beziehungsweise bestehenden Haarausfall stoppt.

Da bislang hierfür noch kein Medikament zur Verfügung stand, wurden Studien gefördert, die untersuchten, wie Minoxidil Haarausfall bekämpfen kann. Als diese Studien bekannt wurden, erreichten den Hersteller Tausende von Zuschriften aus der Bevölkerung – das Anwendungsgebiet schien sehr gefragt zu sein.

Schliesslich wurde Minoxidil 1988 in den USA als Mittel gegen Haarausfall zugelassen.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Benjamin Clanner-Engelshofen
Benjamin Clanner-Engelshofen

Benjamin Clanner-Engelshofen ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Er studierte Biochemie und Pharmazie in München und Cambridge/Boston (USA) und merkte dabei früh, dass ihm die Schnittstelle zwischen Medizin und Naturwissenschaft besonders viel Spaß macht. Deshalb schloss er noch ein Studium der Humanmedizin an.

Quellen:
  • Aktories, K. et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 11. Auflage, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2013.
  • Friese, K. et al.: Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 8. Auflage, 2016.
  • Graefe, K.H.: Duale Reihe Pharmakologie und Toxikologie, Georg Thieme Verlag, 2011.
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