Komplementärmedizin bei Asthma

Die wichtigste Maßnahme bei Asthma ist die Einhaltung der verordneten Therapie mittels Inhalatoren, welche die chronisch-entzündlichen Veränderungen in der Lunge kontrolliert. Die Komplementärmedizin kann ergänzend zur Anwendung kommen.
Kurzfassung:
- Komplementärmedizinische Methoden bei Asthma sind vielfältig und erfreuen sich steigender Beliebtheit.
- Hierzu zählen unter anderem Ernährungsmaßnahmen, Entspannungstechniken und manuelle Therapie.
- Einige der Methoden können selbst durchgeführt werden, andere gehören in die Hand von ausgebildeten Therapeuten.
- Komplementärmedizin kann die antientzündliche Therapie bei Asthma bereichern und ergänzen, jedoch nicht ersetzen.
Allgemeines zur Komplementärmedizin bei Asthma
Asthma bezeichnet eine chronische entzündliche Veränderung der Bronchien, die mit Überempfindlichkeit (Hyperreagibilität) und variabler Verengung (Obstruktion) der Atemwege einhergeht. Wie bei vielen anderen chronischen Erkrankungen, erfreuen sich auch in der Asthmatherapie komplementärmedizinische Methoden steigender Beliebtheit. Diese Methoden kommen stets ergänzend und niemals anstelle der schulmedizinischen Maßnahmen zum Einsatz.
Chronische Erkrankungen sind komplex und werden von zahlreichen Faktoren wie zum Beispiel Genetik, Umwelteinflüssen, Lebensstil oder Stress, beeinflusst. In den vergangenen Jahren hat ein Umdenkprozess von einem rein körperbezogenen Denken, hin zu einem sogenannten biopsychosozialen Krankheitsmodell geführt, in welchem der Mensch als Körper-Seele-Einheit verstanden wird. Da in der modernen Medizin die Aufmerksamkeit vor allem dem Körper und weniger anderen begleitenden Faktoren gehört, suchen viele Menschen nach ergänzenden Behandlungsmöglichkeiten. Diese geben ihnen das Gefühl selbst etwas gegen die Erkrankung zu unternehmen und nicht nur die ihnen vorgeschlagene Therapie einzuhalten.
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Welche komplementären Ansätze kommen bei Asthma infrage?
Eines der wichtigsten Ziele in der Asthmatherapie ist die Reduktion der chronischen Entzündung in den Bronchien. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es neben der konventionellen Therapie (inhalative Therapie) auch einige komplementäre Ansätze. Dazu zählen unter anderem:
- gesunde Ernährung
- körperliche Bewegung
- Stressmanagement
- ausreichend Schlaf
- manuelle Therapie
- pflanzliche Arzneimittel
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Ernährungsmaßnahmen bei Asthma
Die Ernährung kann Einfluss auf verschiedene Erkrankungen haben, so auch auf Asthma und dessen Symptome. Man weiß beispielsweise, dass eine mediterrane Kost das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen (u.a. koronare Herzkrankheit, arterielle Verschlusskrankheit, Herzinfarkt, Schlaganfall) reduzieren kann, weil sie systemische Entzündungsreaktionen durch eine günstige Fettsäurezusammensetzung vermindert (Verschiebung des Gleichgewichts hin zu den gesunden Omega-3-Fettsäuren). Viele der in der mediterranen Ernährung empfohlenen Lebensmittel sind zudem reich an antioxidativ wirksamen sekundären Pflanzeninhaltsstoffen (z.B. Flavonoide). Diese Stoffe sind in der Lage schädliche Radikale, welche im Zuge der Entzündungsreaktion entstehen, abzufangen und damit die Symptome zu lindern.
Spezielle Ernährungsmaßnahmen, die der Vorbeugung von Asthma, Atemwegsinfektionen und Allergien dienen, gibt es allerdings nicht. Generell sollte auf eine gesunde und ausgewogene Mischkost geachtet werden. Als gesichert gilt, dass das Stillen von Neugeborenen präventiv in allen drei Bereichen wirkt. Zudem gibt es Hinweise, dass Präbiotika und der sparsame Gebrauch von Antibiotika bei Kindern, sowohl Infektionen als auch Allergien vorbeugen.
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Selbstverständlich sollten Lebensmittel mit bestätigter Unverträglichkeit (ärztlich diagnostizierte Nahrungsmittelallergie) im Sinne einer Allergenvermeidung (Allergenkarenz) vermieden werden. Das eigenmächtige Weglassen bestimmter Nahrungsmittelgruppen ohne medizinische Notwendigkeit hingegen fördert Mangelzustände, weswegen entsprechende Auslassdiäten am besten ausschließlich unter ärztlicher Anleitung stattfinden. Die Empfehlung bei Kindern in den ersten Lebensmonaten auf potenziell allergene Lebensmittel (u.a. Nüsse) zu verzichten gilt inzwischen als überholt.
Generell sollte der Vitamin D-Spiegel von Menschen mit schweren Asthma oder häufigen Verschlechterungen (Exazerbationen) in regelmäßigen Abständen bestimmt und ggf. substituiert werden.
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Entspannungstechniken
Das Ziel diverser Entspannungstechniken bzw. Geist-Körper-basierter Methoden im Allgemeinen ist es, Stress, Ängste und Verspannungen abzubauen. Die Übungen sollen eine beruhigende Wirkung haben, dabei helfen, eine gleichmäßige, kontrollierte Atmung herbeizuführen und den Umgang mit diversen Krankheiten zu verbessern. So können sie auch bei Asthma hilfreich sein, da emotionaler Stress ein wichtiger Trigger für Asthmaanfälle sein kann.
Zu den beliebtesten Entspannungstechniken zählen Yoga, die progressive Muskelentspannung nach Jacobson und autogenes Training.
- Yoga
Yoga umfasst sowohl körperliche Übungen (Asanas) und spezielle Atemtechniken (Pranayama) als auch Meditation (Dhyana). Es baut Kraft auf, verbessert die Beweglichkeit und steigert die allgemeine Fitness. Regelmäßige Übungen können Asthmapatienten dabei helfen, die Symptome zu verringern und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern.
- Progressive Muskelentspannung
Die progressive Muskelentspannung nach Jacobson beruht auf der Annahme, dass es bei psychischen Belastungen wie Stress oder Sorgen zu einer unwillkürlichen Anspannung einzelner oder mehrerer Muskelpartien im Körper kommt. Für das allgemeine Wohlbefinden ist es daher wichtig, dass sich der ganze Körper regelmäßig entspannen und erholen kann. Dieser Zustand soll durch das Erlernen spezieller Übungen herbeigeführt werden. Hierbei werden in bestimmter Reihenfolge einzelne Muskelpartien abwechselnd angespannt und wieder losgelassen, wodurch es zur Lockerung der Muskulatur, Konzentration auf den Zustand der Entspannung, zu psychischer Erholung und innerer Ruhe kommt.
- Autogenes Training
Autogenes Training ist eine Methode, bei der man lernt, sich selbst allein mithilfe der Vorstellungskraft in einen Zustand tiefer Entspannung zu versetzen. Das Ziel dabei ist, den eigenen Körper intensiver wahrzunehmen, wodurch sonst nicht beeinflussbare Körperfunktionen und Empfindungen positiv verändert werden können. Autogenes Training ist wissenschaftlich anerkannt und wird zu den psychotherapeutischen Methoden gezählt. Es wird mithilfe eines Trainers in Form eines Stufenprogramms über mehrere Wochen erlernt und muss regelmäßig selbstständig geübt werden.
Asthmapatienten kann autogenes Training dabei helfen, die Atemwege zu entspannen, Verkrampfungen zu lösen oder auch Unruhe und Angst im Zusammenhang mit Asthmasymptomen zu reduzieren.
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Manuelle Therapie
Unter dem Begriff "manuelle Therapie“ werden unterschiedliche therapeutische Ansätze zusammengefasst, die allein durch Behandlung mit den Händen zu einer Linderung von Beschwerden führen sollen. Dazu zählen etwa die Chiropraktik und die Osteopathie.
- Osteopathie
Die Osteopathie basiert auf einem ganzheitlichen Konzept. Dabei wird der Körper als eine Einheit betrachtet, in der alle Strukturen miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen. Treten Beschwerden bzw. Funktionsstörungen auf, muss dementsprechend das Gleichgewicht wiederhergestellt werden. Mittels spezieller Techniken wird versucht, gezielt Blockaden zu lösen und die Selbstheilungskräfte des Körpers zu mobilisieren. Bei Asthmapatienten setzt die osteopathische Behandlung oft an der Schulter- und Nackenmuskulatur, der Hals- und Brustwirbelsäule, dem Brustkorb sowie am Zwerchfell an. Wichtig ist es, sich nur von speziell ausgebildeten Therapeuten behandeln zu lassen.
- Chiropraktik
Der grundlegende Gedanke der Chiropraktik besteht darin, dass sich sämtliche Beschwerden und Krankheiten durch Fehlstellungen oder Blockaden von Gelenken, insbesondere der Wirbelgelenke, erklären lassen. Dementsprechend versucht der Chiropraktiker, durch spezielle Handgriffe und Manipulationen an der Wirbelsäule gezielt Blockaden zu lösen.
Phytotherapie
Die Anwendung von Heilpflanzen bei Atemwegserkrankungen hat in vielen Kulturen der Welt eine lange Geschichte und wird seit Jahrhunderten praktiziert. Zur Anwendung kommen verschiedenste Arzneipflanzen mit pharmakologisch oder physikalisch wirksamen Inhaltsstoffen. In Europa und Österreich müssen spezielle Anforderungen an Identität (Pflanzenart), Reinheit (u.a. Pestizide, Herbizide, mikrobielle Verunreinigungen) und Gehalt (Inhaltsstoffe) erfüllt werden. Häufig werden Arzneipflanzen bei Asthma im Rahmen von akuten Atemwegsinfekten verwendet. Ziel ist es, die vermehrte Schleimproduktion zu vermindern oder den Hustenreiz zu lindern. Hierfür kommen unterschiedliche Arzneipflanzen zum Einsatz. Dazu gehören beispielsweise:
- Efeu
- Eibisch
- Malve
- Süßholzwurzel
- Thymian
- Spitzwegerich
- Primel
Auch Inhalationen ätherischer Öle in Arzneibuchqualität dieser und anderer Arzneipflanzen (z.B. Kamille, Eukalyptus) sind beliebt. Diese können mit einem handelsüblichen Kochtopf und heißem Wasser (Verbrühungsgefahr!) oder mit einem speziellen elektrischen Vernebler erfolgen. Der Vorteil elektrischer Vernebler liegt in der Möglichkeit winzige Tröpfchen zu erzeugen, die gut in die unteren Atemwege gelangen. Allerdings können ätherische Öle und/oder der heiße Wasserdampf, insbesondere bei kleinen Kindern, plötzliche krampfartige Verengungen der Bronchien (Bronchospasmus) auslösen. Lungenfachärzte raten von einer Anwendung daher eher ab bzw. empfehlen die Öle äußerst vorsichtig (anfänglich max. 1 Tropfen) zu dosieren, um die individuelle Reaktion des Körpers besser abschätzen zu können. Auch Honig wird eine heilsame Wirkung für die Atemwege nachgesagt.
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Traditionelle chinesische Medizin
In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) betrachtet man Asthma als eine "Schwäche der Lunge“, die durch eine Störung der durch die Lunge zirkulierenden Lebensenergie ("Lungen-Qi“) entsteht. Das Ziel der Behandlung besteht darin, die gestörten Energiebahnen des Körpers wieder zum Fließen zu bringen. Dies kann mithilfe der Ernährung, speziellen Kräutern oder der Akupunktur geschehen.
Die Anwendung von Heilpflanzen für Atemwegserkrankungen wie Asthma, Bronchitis, Rhinitis und Husten hat in der TCM eine lange Tradition. Akupunktur, das gezielte punktieren vordefinierter Punkte am Körper, soll ebenfalls dabei helfen Asthmaanfällen vorzubeugen. Je nach Symptomen werden jene Akupunkturpunkte für die Nadelung ausgewählt, die einen stärkenden Einfluss auf die entsprechenden Energiebahnen des Körpers haben sollen.
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Weitere Maßnahmen
Andere wichtige nichtmedikamentöse Maßnahmen, deren Wirksamkeit gut belegt ist (Besserung der Symptome und der Lebensqualität) sind:
- Physiotherapie
- Rehabilitation
- Kraft- und Ausdauertraining bzw. möglichst aktiver Lebensstil
- Schutzimpfungen (v.a. Pneumokokken, Influenza, Pertussis, COVID)
- Rauchstopp
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Autoren:
Dr. Daniel Doberer, Univ. Doz. Dr. Felix Wantke, Dr.med. Kerstin Lehermayr, Mag. pharm. Christopher Waxenegger
Medizinisches Review:
Dr. Daniel Doberer, Dr. Marcel Rowhani
Redaktionelle Bearbeitung:
Philip Pfleger, Mag. Astrid Leitner
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