Virilisierung

Von , Medizinredakteurin und Biologin
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Virilisierung (Vermännlichung) bezeichnet die Ausbildung männlicher Geschlechtsmerkmale bei der Frau, zum Beispiel männliche Behaarung, tiefe Stimme und Ausbleiben der Regelblutung. Auslöser ist eine Überproduktion an männlichen Geschlechtshormonen. Mehr zu den Ursachen und zur Behandlung von Virilisierung lesen Sie hier.

Virilisierung; Frau; Frauenbart; Rasur

Virilisierung: Beschreibung

Von Virilisierung sprechen Mediziner, wenn Frauen männliche sekundäre Geschlechtsmerkmale ausbilden:

  • Männliche Behaarung wie Barthaare, Brusthaare (Hirsutismus)
  • Tiefere Stimmlage
  • Ungewöhnlich grosse Klitoris (Klitorishypertrophie)
  • Männliche Körperproportionen

Der Grund für die Vermännlichung der Frauen ist eine gesteigerte Produktion männlicher Geschlechtshormone (Androgene wie Testosteron). Die Gründe können Erkrankungen der Nebennieren, der Eierstöcke oder die Anwendung bestimmter Medikamente sein.

Virilisierung: Ursachen und mögliche Erkrankungen

Die wichtigsten Ursachen einer Virilisierung sind:

Nebennierentumor

Manchmal beruht die Virilisierung auf einem Nebennierentumor, der männliche Geschlechtshormone (Androgene) bildet.

Adrenogenitales Syndrom (AGS)

Bei dieser Nebennierenerkrankung handelt es sich um eine angeborene Störung der Hormonproduktion der Nebennieren. Die Folge ist eine Vermännlichung mit Stimmbruch, ausbleibender Regelblutung und – beim klassischen AGS – eine schon im Mutterleib erfolgende Vermännlichung des äusseren weiblichen Genitals.

Eierstocktumor (Ovarialtumor)

Ein Eierstocktumor, der Androgene bildet, kann Bartwuchs, tiefe Stimme und andere Anzeichen von Vermännlichung hervorrufen.

Syndrom der polyzystischen Ovarien (PCO-Syndrom)

Diese Fehlfunktion der Eierstöcke ist gekennzeichnet durch ein Ausbleiben der Regelblutung (Amenorrhoe), Fettsucht (Adipositas), männlicher Behaarung (Hirsutismus) sowie manchmal auch weiteren Merkmalen der Virilisierung. Dazu zählen beispielsweise eine tiefe Stimme, unterentwickelte Brüste und eine übergrosse Klitoris.

Hyperthecosis ovarii

Diese sehr seltene Funktionsstörung der Eierstöcke geht mit einer ausgeprägten Bildung von Androgenen und einer starken Vermännlichung einher.

Medikamente

Verschiedene Medikamente können eine Virilisierung verursachen, so etwa Androgene (Anabolika, Dopingmittel) und ACTH (z.B. Rheuma). Auch das Epilepsiemittel Phenytoin kann eine Vermännlichung mit Hirsutismus (Bartwuchs etc.) auslösen.

Virilisierung: Wann sollten Sie zum Arzt?

Eine plötzlich auftretende Virilisierung sollten Sie unbedingt ärztlich abklären lassen. Es könnte ein Tumor der Nebennieren oder Eierstöcke dahinter stecken.

Virilisierung: Was macht der Arzt?

Der Arzt wird Sie zunächst ausführlich zur Ihrer Krankengeschichte befragen (Anamnese). Wichtig ist zum Beispiel, wann und welche Anzeichen der Vermännlichung Sie festgestellt haben oder ob Sie Medikamente einnehmen. Interessant ist ausserdem, wie Ihr Monatszyklus abläuft beziehungsweise ob Ihre Regelblutung ausgeblieben ist. Folgende Untersuchungen helfen bei der Suche nach der genauen Ursache der Virilisierung:

  • Blutuntersuchungen: Zunächst wird der Testosteronspiegel im Blut gemessen. Ist er normal, schliesst das einen Androgen produzierenden Tumor in den Nebennieren oder Eierstöcken als Ursache der Virilisierung aus. Ist der Testosteronspiegel dagegen erhöht, wird die Konzentration eines weiteren Hormons (Dehydroepiandrosteron) bestimmt: Ist diese ebenfalls erhöht, spricht dies für eine Nebennierenerkrankung als Grund der Vermännlichung.
  • Bildgebende Verfahren: Ultraschalluntersuchung (Sonografie) und Computertomografie (CT) helfen etwa bei der Diagnose von Androgen produzierenden Tumoren in den Nebennieren oder Eierstöcken als Auslöser der Virilisierung. Im Ultraschall lassen sich ausserdem die zahlreichen kleinen Zysten am Rand der Eierstöcke erkennen, wie sie oft bei Frauen mit PCO-Syndrom vorkommen.

Bei konkretem Verdacht sind weitergehende Untersuchungen notwendig. Um etwa herauszufinden, ob das Adrenogenitale Syndrom (AGS) die Ursache von Virilisierung ist, wird testweise das Hormon ACTH verabreicht. Wenn der Blutspiegel des körpereigenen Hormons Alphahydroxyprogesteron daraufhin übermässig stark ansteigt, liegt vermutlich ein AGS vor.

Bei Verdacht auf Polyzystische Ovarien werden weitere Hormonwerte im Blut bestimmt, zum Beispiel LH und FSH.

So lässt sich die Virilisierung behandeln

Im Vordergrund steht die Behandlung jener Erkrankung, die der Virilisierung zugrunde liegt. So werden etwa Androgen produzierende Tumoren in Nebennieren oder Eierstöcken operiert.

Beruht die Vermännlichung auf dem Adrenogenitalen Syndrom (AGS), müssen meist lebenslang Medikamente eingenommen werden. Ein vermännlichtes äusseres Genitale (vergrösserte Klitoris, verkleinerter Scheideneingang), wie es etwa beim klassischen AGS schon von Geburt an auftritt, wird frühzeitig operiert. Sind später ein normaler Geschlechtsverkehr und eine Schwangerschaft möglich.

Die Behandlung des PCO-Syndroms ist sehr langwierig; je nach den Bedürfnissen und Beschwerden der Patientin werden verschiedene Medikamente gegeben.

Virilisierung: Das können Sie selbst tun

Gegen die Ursache der Virilisierung können Sie selbst nicht viel tun. Allerdings können Sie den Bartwuchs und andere Formen männlicher Behaarung (Hirsutismus), die im Rahmen der Vermännlichung auftreten, mit kosmetischen Behandlungen wie Rasur und Epilation angehen.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

Quellen:
  • Bundesverband der Frauenärzte e.V., unter www.frauenaerzte-im-netz.de (Abrufdatum: 05.01.2022)
  • Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e.V., unter www.endokrinologie.net (Abrufdatum: 05.01.2022)
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin, Georg Thieme Verlag, 6. Auflage, 2010
  • Kaufmann, M. et al.: Die Gynäkologie, Springer Verlag, 3. Auflage, 2012
  • Siegenthaler, W. et Aeschlimann, A.: Siegenthalers Differenzialdiagnose, Georg Thieme Verlag, 19. Auflage, 2005
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