Neugeborenengelbsucht

Von , Medizinjournalistin
Sabine Schrör

Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.

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Fast 60 Prozent aller Säuglinge entwickeln wenige Tage nach der Geburt eine Neugeborenengelbsucht (Ikterus neonatorum) mit gelblich verfärbter Haut und gelben Augen. Schuld an dem meist harmlosen Geschehen ist der Farbstoff Bilirubin. Der gelblich-braune Stoff wird nach der Geburt verstärkt gebildet. Kann die Leber ihn nicht schnell genug abbauen, lagert er sich im Gewebe ab. Lesen Sie hier alles Wichtige über die Neugeborenengelbsucht, Ursachen und Therapieoptionen.

Baby mit Gelbsucht

Kurzüberblick

  • Beschreibung: Gelbfärbung von Haut und Augen bei Neugeborenen wenige Tage nach der Geburt.
  • Ursachen: Nach der Geburt baut der Körper von Babys verstärkt überschüssige rote Blutkörperchen ab. Als Nebenprodukt fällt viel Bilirubin an. Kann der gelb-bräunliche Farbstoff von der noch nicht ausgereiften Leber nicht vollständig abgebaut werden, steigt sein Blutspiegel an und er lagert sich im Gewebe ab.
  • Formen: Ikterus neonatorum (harmlose Neugeborenengelbsucht, die ab dem 2. bis 3. Lebenstag auftritt und bis zum 10. Lebenstag wieder abklingt), Ikterus prolongatus (mehr als zwei Wochen dauernde Neugeborenengelbsucht), Ikterus praecox (Neugeborenengelbsucht, die schon am 1. Lebenstag beginnt), Ikterus gravis (Neugeborenengelbsucht mit stark erhöhten Bilirubinwerten).
  • Behandlung: Wenn die Bilirubin-Konzentrationen im Blut einen gewissen Wert überschreitet, ist eine Behandlung nötig, um neurologischen Schäden vorzubeugen. Therapiemöglichkeiten: Fototherapie, Austauschtransfusion. Auch Stillen kann hilfreich sein.

Neugeborenengelbsucht: Beschreibung

Bei Gelbsucht (Ikterus) ist der Blutspiegel des sogenannten Bilirubins deutlich erhöht. Bilirubin ist ein gelblich-brauner Farbstoff, der beim Abbau von roten Blutkörperchen entsteht. Ab einer gewissen Blutkonzentration lagert er sich im Gewebe ab: Haut, Schleimhaut und das Weisse im Auge können sich dann gelblich verfärben. Häufige Begleitsymptome sind heller Stuhl und dunkel gefärbter Urin.

Eine Gelbsucht kann in jedem Lebensalter auftreten. Bei Neugeborenen ist sie besonders häufig: Mehr als die Hälfte aller Babys entwickelen einen Neugeborenen-Ikterus.

Neugeborenengelbsucht: Dauer und Formen

Die Neugeborenengelbsucht tritt meist am 2. oder 3. Tag nach der Geburt erstmals in Erscheinung. Normalerweise erreicht sie um den 5. Lebenstag herum ihren Höhepunkt und bildet sich dann bis 10. Lebenstag wieder zurück. Es handelt sich dann um einen harmlosen Neugeborenenikterus (Ikterus neonatorum).

Verschiedene Begleiterkrankungen können die Neugeborenengelbsucht jedoch beeinflussen, beispielsweise eine Sichelzellanämie oder eine Blutgruppenunverträglichkeit zwischen mütterlichem und kindlichem Blut. Hier tritt schon am 1. Lebenstag eine starke Gelbsucht auf (Ikterus praecox).

Dauert die Neugeborenengelbsucht mehr als zwei Wochen, liegt ein Ikterus prolongatus vor.

Wenn bei der Neugeborenengelbsucht die Werte auf über 18 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) ansteigen, sprechen Mediziner von Ikterus gravis. Er kann zu einem gefährlichen Kernikterus mit bleibenden neurologischen Schäden führen und muss deshalb unbedingt behandelt werden.

Neugeborenengelbsucht: Ursachen

Anders als die Gelbsucht bei Erwachsenen beruht die Neugeborenengelbsucht in der Regel nicht auf einer Erkrankung. Vielmehr handelt es sich im Allgemeinen um eine Anpassungsstörung: Kurz nach der Geburt befinden sich übermässig viele rote Blutkörperchen im Körper des Kindes. Diese müssen abgebaut werden, wobei der gelblich-braune Farbstoff Bilirubin entsteht. Dieser wird normalerweise von der Leber umgewandelt und nach Zwischenstationen in Galle und Darm über Stuhl und Urin ausgeschieden.

Bei Neugeborenen ist die Leber jedoch meist noch nicht vollständig ausgereift. Deshalb kann das Organ anfangs mit der Verstoffwechselung des Bilirubins überfordert sein. Dann kann sich der Farbstoff im Gewebe ablagern, was zu einer gelblichen Verfärbung von Haut und Augen führt - charakteristische Anzeichen der Neugeborenengelbsucht. Wie lange die Symptome anhalten, kann von Fall zu Fall variieren. In den meisten Fällen klingt die Neugeborenengelbsucht innerhalb der ersten zehn Lebenstage wieder ab (siehe oben).

Neugeborenengelbsucht: Behandlung

Eine Neugeborenengelbsucht muss dann behandelt werden, wenn die Bilirubinkonzentration im Blut 18 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) übersteigt (Ikterus gravis). Dann besteht nämlich die Gefahr, dass sich ein sogenannter Kernikterus entwickelt: Dabei lagert sich das Bilirubin in den sogenannten Ganglienzellen des Stammhirns von Neugeborenen ein. Das kann unter Umständen zu bleibenden Hirnschäden und sogar zum Tod des Kindes führen.

Deshalb wird Neugeborenengelbsucht mit deutlich erhöhten Bilirubinwerten vorsorglich behandelt. Folgende Therapieoptionen stehen dabei zur Verfügung:

  • Fototherapie: Bei der Lichttherapie wird das Baby mit blauem Licht der Wellenlänge 460 nm (Nanometer) bestrahlt. Dieses spaltet das indirekte Bilirubin, das von der Leber erst noch umgewandelt werden muss, in die direkte Form. Sie wird über den Urin ausgeschieden, was die Leber entlastet. Die Fototherapie kann unter anderem die Netzhaut schädigen, weshalb die Augen des Neugeborenen mit einer speziellen Brille geschützt werden müssen.
  • Austauschtransfusion: In besonders schweren Fällen der Neugeborenengelbsucht wird das gesamte Blut des Säuglings mithilfe von Bluttransfusionen ausgetauscht. Das kann den weiteren Abbau roter Blutkörperchen verhindern.
  • Stillen: Das vermehrte Füttern und Trinken soll die Darmtätigkeit anregen und so das Bilirubin in der Galle verstärkt abtransportieren.

Ärzte im Krankenhaus kümmern sich um die Behandlung einer Neugeborenengelbsucht. Wie lange ein Baby in der Klinik bleiben muss, hängt davon ab, wie schnell sich die Bilirubinwerte wieder normalisieren.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Sabine Schrör
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Sabine Schrör ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie studierte Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in Köln. Als freie Redakteurin ist sie seit mehr als 15 Jahren in den verschiedensten Branchen zu Hause. Die Gesundheit gehört zu ihren Lieblingsthemen.

Quellen:
  • Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.: www.kinderaerzte-im-netz.de (Abruf: 09.08.2019)
  • Berufsverband Deutscher Internisten e.V.: www.internisten-im-netz.de (Abruf: 09.08.2019)
  • Pschyrembel Online, Klinisches Wörterbuch: www.pschyrembel.de (Abruf: 09.08.2019)
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