Lymphadenitis

Von , Arzt
Marian Grosser

Marian Grosser studierte in München Humanmedizin. Daneben hat der vielfach interessierte Arzt einige spannende Abstecher gewagt: ein Philosophie- und Kunstgeschichtestudium, Tätigkeiten beim Radio und schließlich auch für Netdoktor.

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Unter Lymphadenitis verstehen Mediziner eine Lymphknotenentzündung. Sie kann zum Beispiel die Lymphknoten im Bereich von Hals oder Unterkiefer betreffen, die dann als erbsengrosse Verhärtungen tastbar sind. Oft ist die unangenehme Lymphknotenentzündung die Folge einer Erkältung. Nur selten steckt etwas Ernsteres dahinter. Trotzdem sollten Sie eine länger bestehende Schwellung der Lymphknoten abklären lassen. Hier erfahren Sie das Wichtigste zum Symptom Lymphadenitis.

lymphadenitis

Kurzübersicht

  • Was ist eine Lymphadenitis? Eine Entzündung der Lymphknoten, meist in Reaktion auf eine Infektion.
  • Ursachen: Meist Viren (z.B. Erkältungs- oder Grippeviren), seltener Bakterien (wie Chlamydien), Pilze oder Parasiten. Ebenfalls selten sind Tumorzellen oder rheumatoide Erkrankungen der Auslöser.
  • Wann zum Arzt? Wenn die Entzündung länger als drei Wochen dauert, es keine erkennbare Ursache für das Anschwellen gibt und/oder Begleiterscheinungen wie Nachschweiss, Müdigkeit oder Gewichtsabnahme auftreten.
  • Das macht der Arzt: Untersuchungen zur Abklärung der Ursache (z.B. Abtasten der Lymphknoten, Rachenabstrich). Bei Bedarf Einleiten einer passenden Therapie (z.B. mit Antibiotika bei bakterieller Infektion, selten chirurgisches Entfernen der Lymphknoten).

Lymphadenitis: Beschreibung

Der medizinische Begriff "Lymphadenitis" steht für eine Lymphknoten-Entzündung. Sie ist meistens die Reaktion des Lymphknotens auf eine Infektion. Es gibt aber noch etliche andere Gründe, die Lymphknoten anschwellen lassen können (siehe unten).

Mediziner bezeichnen eine Erkrankung der Lymphknoten ganz allgemein als Lymphadenopathie. Die Lymphadenitis ist eine spezielle Form von Lymphadenopathie.

Was sind Lymphknoten?

Die Lymphknoten (Nodi lymphoidei) sind Teil des Lymphsystems, das unter anderem wichtig für die Immunabwehr ist:

Die Lymphgefässe durchziehen den gesamten Körper und stellen ein wichtiges Transportsystem für die Abwehrzellen (Lymphozyten) dar. Ausserdem transportieren die Lymphgefässe überschüssige Gewebeflüssigkeit, die die fein verzweigten Blutgefässe (Kapillaren) nicht aufnehmen. Über das Lymphsystem gelangt diese Flüssigkeit in die grossen Körpervenen und somit wieder in den Blutkreislauf. Es handelt sich hierbei also letztlich um ein paralleles Gefässsystem zu den Arterien und Venen, das jedoch nicht strikt getrennt von diesen verläuft, sondern mit diesen verbunden ist.

Überall entlang der Lymphgefässe sind – quasi als kleine Wächter- und Filterstationen – die Lymphknoten angesiedelt. Sie werden permanent von Lymphflüssigkeit durchströmt, die sie filtern. Die meisten von ihnen sind im Normalzustand etwa fünf bis zehn Millimeter gross, relativ flach und eher oval als rund. Dort, wo wichtige Abflussgebiete zusammenlaufen (z.B. in der Leiste oder am Hals), sind sie besonders wichtig. Die Lymphknoten an diesen Stellen können daher bis zu 20 Millimeter gross sein.

Wie kommt es zur Lymphadenitis?

Beim Filtern der Lymphflüssigkeit "fahnden" die Lymphknoten nach körperfremdem Material. Dazu sind sie mit verschiedenen Arten von Immunzellen (Lymphozyten) in unterschiedlichen Entwicklungsstufen bestückt. Diese können körperfremdes Material wie zum Beispiel Viren oder Bakterien (beziehungsweise deren Bestandteile) erkennen und sich daraufhin stark vermehren, um gezielt gegen die Erreger vorzugehen.

Dabei müssen die Keime nicht erst direkt in die Lymphknoten gelangen. Wo immer eine Infektion im Körper stattfindet, sind bereits Lymphozyten in geringerer Zahl vorhanden, um die Eindringlinge zu bekämpfen. Bestimmte Abwehrzellen transportieren dann kleine Bruchstücke zerstörter Erreger zu den Lymphknoten, sozusagen um stellvertretend die Angreifer zu repräsentieren. Diese schicken dann Verstärkung in Form neu gebildeter Abwehrzellen zum Infektionsherd. Einige der produzierten Immunzellen werden auch in den Lymphknoten gespeichert, falls sie irgendwann erneut benötigt werden.

Die gesteigerte Produktion von Abwehrzellen lässt die Lymphknoten anschwellen. In diesem aktivierten Zustand sind sie ein bis zwei Zentimeter gross, ausserdem nicht mehr flach, sondern kugelförmig. Trotzdem erscheinen sie noch relativ weich und lassen sich ein wenig verschieben. Manchmal schmerzen sie zudem, wenn man sie drückt, das muss aber nicht zwingend so sein. Alles zusammen ergibt das typische Bild einer Lymphadenitis.

Weil die Lymphknoten als Reaktion auf einen Infekt so anschwellen, sprechen Ärzte auch von einer reaktiven Lymphadenitis. Sobald die Infektion abgeklungen ist, geht auch die Lymphadenitis zurück - die Lymphknoten sind nach einigen Tagen wieder auf ihre normale Grösse geschrumpft.

Lymphangitis

Manchmal befallen die Krankheitserregerauch direkt Lymphknoten und -gefässe. Neben einer Lymphadenitis kommt es dann auch zu einer Lymphangitis, also einer zusätzlichen Entzündung der Lymphbahnen. Sie macht sich als roter Streifen auf der Haut bemerkbar, der sich entlang des Entzündungsweges ausbreitet.

Laien sprechen bei diesem Bild oft von einer Blutvergiftung, wobei aber weder eine Lymphadenitis noch eine Lymphangitis etwas mit einer Blutvergiftung im medizinischen Sinne (Sepsis) zu tun haben. Letztere ist lebensgefährlich, wohingegen die Entzündung der Lymphgefässe eher harmlos verläuft. In seltenen Fällen kann jedoch eine echte Sepsis daraus entstehen.

Welche Arten von Lymphadenitis gibt es?

Zum einen kann man Lymphknotenentzündungen nach ihrem Verlauf einteilen:

  • akute Lymphadenitis: Lymphknotenentzündung, die aufgrund eines frischen Infekts erst seit kurzem besteht
  • chronische Lymphadenitis: Lymphknotenentzündung, die schon über einen längeren Zeitraum besteht, weil ihre Ursache chronisch geworden ist

Zum anderen ist eine Einteilung nach der Lokalisation möglich:

  • regionale Lymphadenitis: Es sind nur die Lymphknoten in einer bestimmten Körperregion entzündet.
  • generalisierte Lymphadenitis: Hier sind die Lymphknoten überall im Körper entzündet. Das passiert aber nur sehr selten und nur unter bestimmten Umständen, zum Beispiel im Rahmen einer HIV-Infektion. 

Eine regionale Lymphadenitis kommt an manchen Körperstellen häufiger vor als an anderen. Besonders häufig betrifft eine Lymphknotenentzündung Hals, Unterkiefer und Gesicht. Denn viele Erreger gelangen über Mund und Nase in die Atemwege und breiten sich über den Rachenraum und Hals aus. Die nächstgelegenen Lymphknoten reagieren dann zuerst und vergrössern sich, was manchmal beim Schlucken stört. Mediziner bezeichnen eine solche Lymphknotenentzündung am Hals als Lymphadenitis colli.

Auch eine Mandelentzündung ist im Prinzip eine Form der Lymphadenitis: Bei den Tonsillen, wie die Mandeln auch genannt werden, handelt es sich letztlich um nichts anderes als Ansammlungen kleiner Lymphknötchen.

Eine Sonderform der Lymphknotenentzündung stellt die sogenannte Lymphadenitis mesenterialis dar. Betroffen sind hier spezielle Lymphknoten in der sogenannten Ileozökalregion. Das ist jene Stelle, an welcher der Dünndarm in den Dickdarm übergeht. Entweder lösen bestimmte Bakterien die Lymphadenitis mesenterialis aus (spezifisch) oder sie entsteht als Begleiterscheinung einer den ganzen Körper betreffenden (systemischen) Viruserkrankung.

Lymphadenitis: Ursachen und mögliche Erkrankungen

Wann immer die Abwehrzellen in einem Lymphknoten Strukturen entdecken, die nicht zum eigenen Körper gehören, starten sie die oben beschriebene Reaktion – es entwickelt sich eine Lymphadenitis. In den allermeisten Fällen sind Krankheitserreger die Auslöser.

Sehr selten können auch körpereigene Zellen zu einer Lymphadenitis führen, nämlich dann, wenn diese Zellen durch genetische Veränderungen (Mutationen) so stark abgewandelt sind, dass sie nicht mehr als körpereigen erkannt werden. Das ist bei vielen Tumorzellen der Fall, weshalb also auch manche Krebserkrankungen zu einer Entzündung der nahegelegenen Lymphknoten führen können.

Ausserdem können auch rheumatoide Erkrankungen eine Lymphknotenentzündung bewirken. In so einem Fall reagiert das Immunsystem nicht auf einen Auslöser, sonder ist vielmehr selbst die Ursache der Lymphadenitis (Autoimmunerkrankung).

Welche Erreger führen zu einer Lymphadenitis?

Letztlich kommen alle Erregerformen als Auslöser einer Lymphadenitis in Frage. Viren, Bakterien, Pilze und sogar einige Parasiten können die Lymphknoten anschwellen lassen. Besonders Keime, die zu Entzündungen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich führen, zählen zu den Hauptverantwortlichen. Die Folge ist sehr oft eine Lymphadenitis colli.

Folgende Viren sind häufige Auslöser einer Lymphadenitis:

  • Rhinoviren – häufig die Auslöser eines klassischen Schnupfens.
  • Influenzaviren – verursachen die echte Grippe.
  • Parainfluenzaviren – rufen grippeähnliche Symptome hervor, haben mit einer echten Grippe aber nichts zu tun.
  • Adenoviren – wie Parainfluenzaviren oft an Atemwegsinfekten beteiligt.
  • Eppstein-Barr-Virus (EBV) – der Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers.
  • Erreger von "Kinderkrankheiten" – z.B. von Masern und Röteln

Virale Infektionen sind zwar häufiger der Grund für eine Lymphknotenentzündung. Es können aber auch verschiedene Bakterien dahinter stecken, zum Beispiel: 

  • Haemophilus influenzae
  • Staphylokokken und Streptokokken
  • Moraxella catarrhalis
  • Chlamydien 
  • Mycobacterium tuberculosis (Erreger der Tuberkulose)
  • Treponema pallidum (Erreger der Syphilis)
  • Yersinia (Auslöser einer spezifischen Lymphadenitis mesenterialis)

Pilzinfektionen sowie parasitäre Erkrankungen wie etwa die Toxoplasmose sind nur sehr selten für eine Lymphadenitis verantwortlich.

Lymphadenitis: Wann sollten Sie zum Arzt?

An sich ist es völlig normal, wenn die Lymphknoten im Rahmen eines Infekts anschwellen. Das zeigt letztlich nur, dass das Immunsystem seine Arbeit macht. Sobald die verursachende Erkrankung aber wieder abklingt, sollte auch die Lymphadenitis zurückgehen.

Erst wenn die Lymphknotenentzündung länger als drei Wochen andauert, ist ein Arztbesuch ratsam - auch wenn das noch lange nicht bedeuten muss, dass etwas Ernstes dahintersteckt.

Wenn Lymphknoten ohne erkennbare Ursache anschwellen, sollten Sie das ebenfalls immer ärztlich abklären lassen. Denn dann handelt es sich möglicherweise nicht um eine reaktive Lymphadenitis, sondern die Entzündung hat eine andere Ursache, die einer gezielten Behandlung bedarf.

Wichtige Alarmsignale, bei denen Sie einen Termin in der Praxis ausmachen sollten, sind ausserdem Begleiterscheinungen wie Nachtschweiss, rapide Gewichtsabnahme und ungewöhnliche Müdigkeit. Diese sogenannte B-Symptomatik kann auf eine Krebserkrankung hinweisen. Im Gegensatz zur gewöhnlichen Lymphadenitis wachsen die Lymphknoten in diesem Fall unter Umständen weit über die Grösse von zwei Zentimetern hinaus, sind nur schlecht oder gar nicht verschieblich und fühlen sich häufig eher hart an. Ausserdem schmerzen sie so gut wie nie.

Lymphadenitis: Was macht der Arzt?

Untersuchungen

Zuerst erhebt der Arzt im Gespräch mit dem Patienten dessen Krankengeschichte (Anamnese). Er fragt zum Beispiel, seit wann die Lymphknotenschwellung besteht, ob vor kurzem ein Infekt aufgetreten ist oder noch besteht (z.B. Erkältung) und ob es weitere Symptome gibt (wie Fieber, Müdigkeit).

Dann folgt eine körperliche Untersuchung. Unter anderem wird der Arzt die geschwollenen Lymphknoten abtasten und dabei auf Merkmale wie Grösse, Konsistenz, Verschieblichkeit und Schmerzempfindlichkeit achten. Ausserdem inspiziert er bei einer Lymphadenitis die umliegenden Strukturen näher, beispielsweise um mögliche Eintrittspforten für Erreger zu erkennen.

Wenn Unklarheiten bestehen oder der Arzt andere mögliche Ursachen ausschliessen möchte, kann er weitere Untersuchungen durchführen, zum Beispiel Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen, Blutuntersuchungen oder Rachenabstrich. Zu Untersuchungszwecken kann er auch kleine Gewebestücke aus einem betroffenen Lymphknoten entnehmen (Biopsie).

Therapie der Lymphadenitis

Wenn Bakterien die Ursache der Lymphadenitis sind, wird der Arzt gegebenenfalls Antibiotika verschreiben. Er entscheidet dies aber individuell, denn oftmals ist der Einsatz dieser Medikamente gar nicht notwendig.

Bei viralen Ursachen einer Lymphknotenentzündung lässt sich dagegen nur abwarten. Spezifische Medikamente gibt es hier in der Regel nicht.

In seltenen Fällen entfernt der Arzt Lymphknoten chirurgisch, zum Beispiel wenn sie über einen langen Zeitraum aus ungeklärter Ursache geschwollen sind oder sich wiederholt entzünden und für Komplikationen sorgen.

Alles in allem ist die Prognose einer Lymphadenitis sehr gut.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Marian Grosser
Marian Grosser

Marian Grosser studierte in München Humanmedizin. Daneben hat der vielfach interessierte Arzt einige spannende Abstecher gewagt: ein Philosophie- und Kunstgeschichtestudium, Tätigkeiten beim Radio und schließlich auch für Netdoktor.

Quellen:
  • Amboss – Fachwissen für Mediziner: Lymphknotenschwellung; unter: www.amboss.com (Abruf: 23.04.2020)
  • DGPI Handbuch „Infektionen bei Kindern und Jugendlichen“ der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie DGPI: Lymphadenitis-colli-Infektionen, Thieme Verlagsgruppe, 7. Auflage 2018
  • MSD Manuals – Ausgabe für Patienten: Lymphadenitis; unter: www.msdmanuals.com (Abruf: 23.04.2020)
  • MSD Manuals – Ausgabe für Patienten: Lymphangitis; unter: www.msdmanuals.com (Abruf: 23.04.2020)
  • Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Lymphangitis; unter: www.gesundheit.gv.at (Abruf: 23.04.2020)
  • Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Lymphozyten (LYM); unter: www.gesundheit.gv.at (Abruf: 23.04.2020)
  • Robert Koch-Institut (RKI): RKI-Ratgeber Toxoplasmose (Stand: 18.10.2018); unter: www.rki.de
  • S1-Leitlinie „Lymphknotenvergrößerung“ der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (Stand Mai 2012; derzeit in Überarbeitung)
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