Innere Unruhe
Das Gefühl von innerer Unruhe kennen die meisten Menschen. Oft fühlt man sich vor einer Prüfung, einem Bewerbungsgespräch oder nach einer Überdosis Koffein innerlich unruhig und nervös. Das ist vollkommen normal. Innere Unruhe kann aber auch auf eine Erkrankung hinweisen. Ausserdem können Medikamente und Drogen innere Unruhe auslösen. Lesen Sie mehr über die möglichen Ursachen innerer Unruhe – und was dagegen hilft.
Kurzübersicht
- Ursachen:z.B. zu viel Koffein, Alkohol oder Nikotin, psychovegetative Allgemeinstörungen, Unterzuckerung, niedriger Blutdruck, Schilddrüsenüberfunktion, funktionelle (nicht organische) Herzbeschwerden, Wechseljahre, Lungenembolie, Depression, Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie, Drogen, Medikamente.
- Was hilft: z.B. Entspannungsübungen, Beruhigungstee, Buttermilch, warme Vollbäder, pflanzliche Präparate (z.B. mit Baldrian und Hopfen), regelmässige Bewegung, Druckpunktmassage, evtl. homöopathische Mittel. Zudem Behandlung von Grunderkrankungen, wenn solche für die innere Unruhe verantwortlich sind.
- Wann zum Arzt? Wenn die innere Unruhe nicht durch eigene Massnahmen verschwindet, länger andauert und/oder von weiteren körperlichen oder psychischen Beschwerden begleitet wird.
- Was macht der Arzt? Diagnose mit Erhebung der Krankengeschichte, körperlicher Untersuchung, bildgebenden Verfahren wie Ultraschall oder Computertomografie (CT), ggf. Szintigrafie, psychologische Tests und Fragebögen. Behandlung je nach Ursache.
Innere Unruhe: Ursachen
Häufig sind die Ursachen von innerer Unruhe harmlos. Typischerweise ist man zum Beispiel vor Prüfungen (Prüfungsangst) oder einem wichtigen Auftritt (Lampenfieber) innerlich unruhig und nervös. Auch zu viel Koffein oder Stress kann innere Unruhe verursachen. Manchmal stecken aber auch ernsthafte Erkrankungen hinter der inneren Unruhe.
Wichtige Auslöser für innere Unruhe und Nervosität im Überblick:
- Koffein, Alkohol, Nikotin: Wer zu viel von diesen Genussmitteln konsumiert, kann unter anderem innere Unruhe verspüren. Auch regelmässiger Konsum wie bei Alkoholsucht kann innere Unruhe sowie Ängstlichkeit und depressive Verstimmungen nach sich ziehen. Bei Wegfall des Suchtmittels können Nervosität und Zittern als Entzugssymptome auftreten.
- Psychovegetative Allgemeinstörungen (vegetative Dystonie): Das sind unspezifische Beschwerden, für die sich keine organische Ursache finden lässt. Typisch sind Erschöpfung, Schlafstörungen, innere Unruhe, Nervosität, Kopf- und Herzschmerzen, Schwindel, niedriger Blutdruck, Beschwerden im Bereich der Sehnenansätze und Muskeln sowie depressive Stimmungen.
- Unterzuckerung: Eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) kann unter anderem Heisshunger, Schweissausbrüche, Herzrasen, Zittern, innere Unruhe, Bewusstseinsstörungen und Krampfanfälle hervorrufen.
- Niedriger Blutdruck: Innere Unruhe kann auch bei niedrigem Blutdruck (Hypotonie) auftreten. Zu den weiteren möglichen Symptomen zählen Leistungsmangel, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Tinnitus (Ohrgeräusche), Herzklopfen, depressive Verstimmung, Schlafstörungen, kalte Hände und Füsse sowie Schwindel.
- Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Eine Hyperthyreose zeichnet sich unter anderem durch innere Unruhe, Schlaflosigkeit, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, vermehrtes Schwitzen, Fingerzittern, Gewichtsabnahme und Durchfall aus.
- Funktionelle Herzbeschwerden: Die auch als "Herzneurose" oder Cor nervosum bezeichneten Beschwerden sind nicht organisch erklärbar. Typisch sind etwa Herzjagen, Herzstolpern, Herzklopfen, Enge- oder Beklemmungsgefühle im Brustkorb, Ziehen und Schmerzen an Herz und linkem Arm. Oft treten auch innere Unruhe, Nervosität, Schlaflosigkeit und Erschöpfung auf.
- Wechseljahre (Klimakterium): Innere Unruhe, Nervosität und Reizbarkeit gehören auch zu den typischen Wechseljahresbeschwerden.
- Lungenembolie: Dabei verschliesst ein eingeschwemmter Blutpfropf, Luft, Fett oder ein Fremdkörper eine Lungenarterie. Zu den Symptomen gehören Atemnot, akute und oft atemabhängige Schmerzen im Brustkorb, Herzrasen, Husten, Angst, innere Unruhe, kalter Schweiss und – bei grossen Embolien – Schock. Rufen Sie sofort den Notarzt!
- Depression: Innere Unruhe kann auch auf eine Depression hinweisen. Das gilt insbesondere, wenn weitere Symptome wie gedrückte Stimmung, ein Gefühl von Sinn- und Hoffnungslosigkeit, ein Druckgefühl im Brust- und Bauchraum, Schlafstörungen, Interesse- und Freudlosigkeit sowie fehlender Antrieb hinzukommen.
- Persönlichkeitsstörungen: Zu den Leitsymptomen einer Persönlichkeitsstörung zählen innere Unruhe, Depression, Sucht (Nikotin, Alkohol und/oder andere Drogen), Ängste und Erschöpfung.
- Schizophrenie: Eine schizophrene Ersterkrankung kann sich unter anderem durch innere Unruhe, Nervosität, Anspannung, Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwäche, Gereiztheit, Niedergeschlagenheit, Geräusch- und Lichtempfindlichkeit sowie sozialen Rückzug ankündigen.
- Drogen: Halluzinogene sind Substanzen, die Sinnestäuschungen hervorrufen (LSD, "Magic Mushrooms", Stechapfel, Bilsenkraut etc.), wobei im Anfangsstadium des Halluzinogenrausches innere Unruhe auftritt. Auch andere Drogen wie Cannabis (Hanf), die in erster Linie beruhigend wirken, lösen manchmal paradoxerweise innere Unruhe aus.
- Nebenwirkung oder Entzugssymptom von Medikamenten: Verschiedene Arzneimittel können als Nebenwirkung innere Unruhe verursachen, z.B. bestimmte Antidepressiva (Bupropion, SSRI), Amantadin (bei Grippe und Parkinson) und Theophyllin (bei Asthma). Ausserdem kann innere Unruhe als Entzugssymptom bei Medikamentenabhängigkeit (etwa von Schlaf- und Beruhigungsmitteln aus der Gruppe der Benzodiazepine) auftreten.
Innere Unruhe: Was hilft?
Wenn die innere Unruhe nicht auf einer behandlungsbedürftigen Erkrankung beruht, können Sie selbst einiges dagegen tun. Hilfreich sind zum Beispiel:
- Entspannungsübungen: Bewährte Entspannungstechniken gegen innere Unruhe und Nervosität sind Autogenes Training und die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson.
- Buttermilch: Auch ein grosses Glas Buttermilch ist ein bewährtes Mittel gegen innere Unruhe.
- Pflanzliche Präparate: Vor allem Baldrian, Hopfen und Passionsblume helfen bei innerer Unruhe. Sie sind in Tabletten- oder Teeform in der Apotheke oder im Drogeriemarkt erhältlich.
- Regelmässige Bewegung: Besonders Joggen, Walken, Schwimmen und Radfahren entspannen und lindern psychischen Stress, so dass innere Unruhe und Nervosität gar nicht erst aufkommen.
- Druckpunkt-Massage: Stimulieren Sie den sogenannten Druckpunkt Herz 7. Um ihn zu finden, beugen Sie das Handgelenk leicht in Richtung Unterarm. Direkt auf der Beugefalte auf der Seite des kleinen Fingers neben der gut tastbaren Beugesehne liegt Herz 7. Massieren Sie diesen Punkt etwa eine Minute lang mit einem Finger.
- Homöopathische Mittel: Manche Menschen schwören auf Homöopathika wie Chamomilla (bei zusätzlicher Überempfindlichkeit und Launenhaftigkeit), Kalium arsenicosum (innere Unruhe mit unruhigen Armen und Beinen), Arsenicum album (mit Angst und Schwäche) sowie Nux vomica (innere Unruhe durch beruflichen Stress). Wissenschaftlich erwiesen ist die Wirksamkeit der Homöopathie bislang allerdings nicht.
Innere Unruhe: Hausmittel
Was hilft gegen innere Unruhe aus dem Bereich der Hausmittel? Vor allem verschiedene pflanzliche Mittel sind wirksame Helfer, wenn Sie unter Nervosität, Ängsten und innerer Unruhe leiden. Hier erfahren Sie, wie Sie mit ihrer Hilfe innere Unruhe bekämpfen können.
Tee gegen innere Unruhe
Die folgenden Heilpflanzen helfen, innere Unruhe zu lindern:
- Baldrian
- Lindenblüten
- Melisse
Als Tee zubereitet wirken sie beruhigend. Vor allem Baldrian setzt man häufig bei Unruhe und auch Schlafstörungen als beruhigendes pflanzliches Heilmittel ein.
Wenn Sie sich über die Zubereitung der Tees informieren wollen, folgen sie dem Link auf dem jeweiligen Heilpflanzenartikel.
Auch eine Teemischung kann helfen: Mischen Sie zum Beispiel 60 g Passionsblumenkraut mit je 20 g Baldrianwurzel und Pfefferminzblättern. Zwei Teelöffel der Mischung mit 250 ml kochendem Wasser übergiessen, zehn Minuten ziehen lassen und dann abseihen. Morgens und am frühen Nachmittag zwei bis drei Tassen davon langsam trinken. Bei Bedarf mit Honig süssen.
Alternativ können Sie sich eine fertige Teemischung gegen innere Unruhe in der Apotheke besorgen.
Ätherische Öle
Rücken- und Fusseinreibungen
Lavendel-, Thymian- und Rosmarinöl wirken beruhigend und fördern einen erholsamen Schlaf. Einreibungen mit diesen Ölen sind ein einfaches Hausmittel, um diese pflanzliche Wirkung zu nutzen.
Rückeneinreibung: Erwärmen Sie einige Tropfen des Öls in den Händen und reiben Sie damit sanft in kreisenden Bewegungen den Rücken mehrere Minuten lang ein. Achten Sie bei der Anwendung darauf, nicht zu viel Druck auszuüben. Sparen Sie ausserdem die empfindliche Wirbelsäule aus (arbeiten Sie rechts und links der Wirbelsäule).
Fusseinreibung: Auch eine Einreibung der Füsse wirkt ähnlich beruhigend auf ein aufgewühltes Gemüt. Beginnen Sie die Einreibung am Knöchel und arbeiten sich langsam zu den Zehen vor. Dabei nicht zu viel Druck ausüben.
Nach der Behandlung sollten Sie sich ins Bett legen und eine halbe Stunde lang ruhen. Die Einreibung können Sie ein- bis zweimal täglich durchführen (besonders geeignet vor dem Schlafengehen).
Bauchauflage mit Kamille
Eine feucht-heisse Bauchauflage mit Kamille wirkt schmerzlindernd, krampflösend und entspannend. Deshalb kommt sie bei innerer Unruhe als Hausmittel zum Einsatz.
Übergiessen Sie ein bis zwei Esslöffel Kamillenblüten mit einem halben Liter kochendem Wasser. Lassen Sie den Sud maximal fünf Minuten lang ziehen und sieben Sie dann die Pflanzenteile ab. Legen Sie ein aufgerolltes Innentuch in ein zweites Tuch und rollen die Tücher zu einem Wickel auf. Diesen hängen Sie in heissen Tee und lassen ihn einige Minuten lang durchziehen.
Wringen Sie den Wickel aus (Vorsicht, heiss!). Legen Sie dann das Innentuch faltenfrei um den Bauch und fixieren Sie es mit einem trockenen Tuch (z.B. einem Handtuch). Nach 20 bis 30 Minuten nehmen Sie den Wickel ab. Der Behandelte sollte eine halbe Stunde lang nachruhen. Die Bauchauflage können Sie zweimal täglich anwenden.
Bäder
Ein weiterer Tipp gegen innere Unruhe sind entspannende Bäder. In Supermärkten und Drogerien finden Sie häufig entsprechende fertig gemischte Badezusätze.
Sie können sich allerdings auch einfach selbst ein Entspannungsbad gegen Ihre innere Unruhe zubereiten. Bei Unruhe und Schlafstörung geben Sie am besten Lavendel, Melisse, Hopfen, Heublumen oder Baldrian in das Badewasser. Sie können frische Pflanzenbestandteile ebenso wie ätherische Öle verwenden. Geben Sie diese in das einlaufende Badewasser.
Wenn Sie das Wasser mit einem ätherischen Öl anreichern wollen, benötigen Sie einen Emulgator. Durch ihn vermischt sich das Öl besser mit dem Badewasser. Sahne, Milch, Honig oder Salz eignen sich dafür.
Die Wassertemperatur sollte dabei nicht über der gemessenen Körpertemperatur liegen. Baden Sie 15 bis 20 Minuten – Kinder besser kürzer. Um die entspannende Wirkung zu fördern, sollten Sie im Anschluss mindestens eine halbe Stunde lang ruhen.
Bei vollem Magen oder labilem Kreislauf sind warme Vollbäder tabu! Vorsicht auch bei Bluthochdruck und Herzerkrankungen. Fragen Sie sicherheitshalber vorher Ihren Arzt!
Wadenwickel
Auch Wadenwickel können gegen innere Unruhe wirken. Wie Sie diese richtig anwenden, erfahren Sie im Beitrag Wadenwickel.
Hausmittel haben ihre Grenzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, nicht besser oder sogar schlimmer werden, sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.
Innere Unruhe: Wann müssen Sie zum Arzt?
Sie sollten einen Arzt aufsuchen, wenn:
- die innere Unruhe länger anhält
- Selbsthilfemassnahmen (Beruhigungstee, Entspannungstechniken etc.) die innere Unruhe nicht lindern können
- die innere Unruhe von weiteren körperlichen oder seelischen Beschwerden begleitet wird (zum Beispiel Bluthochdruck, Depression)
Innere Unruhe: Was macht der Arzt?
Der Arzt wird Sie zunächst ausführlich zu Ihrer Krankengeschichte befragen (Anamnese). Wichtig ist zum Beispiel, wie lange die innere Unruhe schon besteht, ob es weitere Beschwerden gibt und welche Medikamente Sie gegebenenfalls einnehmen.
Aus diesen Angaben kann der Arzt oft erste Hinweise auf die zugrundeliegende Ursache ableiten. Verschiedene Untersuchungen können weitere wichtge Informationen liefern, zum Beispiel:
- Körperliche Untersuchungmit Blutdruckmessung
- Blutuntersuchungen: Sie sind zum Beispiel hilfreich, wenn eine Unterzuckerung, eine Schilddrüsenüberfunktion oder eine Lungenembolie die innere Unruhe auslösen könnte.
- Bildgebende Verfahren: Computertomografie (CT) und Röntgen können etwa bei Verdacht auf eine Lungenembolie als Ursache für die innere Unruhe weiterhelfen. Eine Ultraschall-Untersuchung (Sonografie) kann zur Abklärung einer möglichen Schilddrüsenüberfunktion beitragen.
- Szintigrafie: Mit diesem nuklearmedizinischen Verfahren lässt sich ebenfalls einer Lungenembolie, aber auch einer Schilddrüsenüberfunktion auf die Spur kommen. Mehr über dieses Verfahren lesen Sie hier.
- Tests: Fragebögen und Tests kommen zum Einsatz, wenn psychische Ursachen wie Schizophrenie oder eine Depression als Ursache für die innere Unruhe vermutet werden.
Autoren- & Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
- AllEx – Alles fürs Examen: Das Kompendium für die 2. ÄP, Thieme Verlag, 2. Auflage 2014
- Andreae, S. et al.: Gesundheits- und Krankheitslehre für die Altenpflege, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage 2015
- Buchta, M. et al.: Das zweite StEx, Klinische Medizin für Examen und Praxis, Springer Verlag, 2. Auflage 2004
- Bühring, U.: Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage 2014
- Faber, S. et al.: Das TRIAS-Handbuch Richtig selbst behandeln, Georg Thieme Verlag, 1. Auflage 2007
- Faller, N.: Atem und Bewegung, Springer Verlag, 3. Auflage 2019
- Lemmer, B. et al.: Pharmakotherapie, Klinische Pharmakologie, Springer Verlag, 14. Auflage 2010
- Poehlke, T.: Schwarze Reihe GK3 Psychiatrie, Georg Thieme Verlag, 19. Auflage 2018
- Rieger, B.: Psychosomatische Homöopathie, Trias Verlag, 1. Auflage 2008