Inkontinenz

Von , Medizinredakteurin und Biologin
und , Wissenschaftsjournalistin
Dr. Andrea Bannert

Dr. Andrea Bannert ist seit 2013 bei NetDoktor. Die promovierte Biologin und Medizinredakteurin forschte zunächst in der Mikrobiologie und ist im Team die Expertin für das Klitzekleine: Bakterien, Viren, Moleküle und Gene. Sie arbeitet freiberuflich zudem für den Bayerischen Rundfunk und verschiedene Wissenschaftsmagazine und schreibt Fantasy-Romane und Kindergeschichten.

Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

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Inkontinenz bedeutet, Harn oder Stuhl nicht mehr zuverlässig zu kontrollieren - etwas davon geht unwillkürlich ab. Die Ursachen dafür sind vielfältig. So beruht die Harninkontinenz meist auf einer Störung im fein abgestimmten System aus Blasenmuskulatur, Schliessmuskeln und Beckenbodenmuskulatur. Der Grund sind zum Beispiel Fehler in der Signalübertragung der beteiligten Nervenzellen. Es gibt heute gute Therapiemöglichkeiten für Inkontinenz. Lesen Sie hier alles über Ursachen, Therapie und vorbeugende Massnahmen bei Inkontinenz!

Inkontinenz

Kurzübersicht

  • Ursachen: Je nach Form unterschiedlich, z. B. Harnsteine, vergrösserte Prostata, Tumoren, Nerven-Verletzungen oder -Reizungen, neurologische Erkrankungen (Multiple Sklerose, Schlaganfall, Alzheimer etc.)
  • Behandlung: Beckenboden-Training, Toiletten-Training, Elektro-Therapie, Schrittmacher, Medikamente, Operation, Behandlung der Grunderkrankung
  • Wann zum Arzt? Beim Auftreten der Beschwerden, spätestens wenn sie belasten
  • Diagnostik: Unter anderem gynäkologische Untersuchung, Ultraschall, Urin- und Blut-Untersuchungen, urodynamische Untersuchungen (zur Bestimmung der Blasenfunktion), Blasenspiegelung, Darmspiegelung, Stress- und Vorlagentest
  • Vorbeugen: Keine Reizung der Blase, angemessen trinken, Entspannungsübungen, Übergewicht reduzieren

Was ist Inkontinenz?

Menschen mit Inkontinenz bereitet es Probleme, ihren Urin oder seltener ihren Stuhl kontrolliert zurückzuhalten. Man spricht dann von Harn- beziehungsweise Stuhlinkontinenz.

Harninkontinenz

Umgangssprachlich heisst dieses Symptom auch "Blasenschwäche". Allerdings ist die Blase nicht immer die Ursache. Es gibt unterschiedliche Erscheinungsformen von Harninkontinenz.

Belastungsinkontinenz: Früher als Stressinkontinenz bezeichnet, weil körperliche Belastung der Auslöser ist. Erhöht sich der Druck im Bauchraum (zum Beispiel beim Anheben schwerer Gegenstände, Husten, Niesen, Lachen), verlieren Betroffene unwillkürlich Urin. In schweren Fällen geht Urin bei jeder Bewegung ab, im Extremfall auch im Stehen oder Liegen. Die Betroffenen verspüren keinen Harndrang, bevor der Urin ungewollt abgeht.

Dranginkontinenz: Bei dieser Inkontinenz-Form tritt der Harndrang überfallsartig und sehr häufig – teils mehrmals pro Stunde – auf, obwohl die Blase noch gar nicht voll ist. Oft schaffen es die Betroffenen nicht mehr rechtzeitig zur Toilette. Der Urin geht schwallartig ab. Manche Menschen leiden auch unter einer Mischinkontinenz. Das ist eine Kombination aus Belastungs- und Dranginkontinenz.

Reflexinkontinenz: Menschen mit Reflexinkontinenz spüren nicht mehr, wann die Blase voll ist und sind auch nicht mehr in der Lage, die Entleerung zu steuern. Die Blase entleert sich dadurch in unregelmässigen Abständen von selbst, oft aber nicht vollständig.

Überlaufinkontinenz: Bei voller Blase fliessen ständig kleine Mengen Urin ab. Betroffene verspüren häufig ausserdem einen permanenten Harndrang.

Extraurethrale Harninkontinenz: Auch hier geht ständig unkontrolliert Urin ab. Allerdings geschieht dies nicht über die Harnwege, sondern durch andere Öffnungen (medizinisch: extraurethral), etwa durch die Scheide oder den After.

Häufigste Formen der Inkontinenz
Harninkontinenz
Eine Belastungsinkontinenz trifft Frauen besonders häufig. Dagegen ist die Überlaufinkontinenz eine typische Folge der Prostatavergrösserung bei Männern.

Wenn Menschen nicht mehr getrunken haben als sonst und trotzdem mehr als zwei Mal pro Nacht auf die Toilette müssen, sprechen Mediziner von vermehrtem Wasserlassen in der Nacht, einer sogenannten Nykturie. Sie tritt verstärkt im Alter auf. Bei Kindern wird nächtliches Einnässen Enuresis genannt.

Stuhlinkontinenz

Man unterscheidet die Harninkontinenz von der Stuhlinkontinenz. Diese Form der Inkontinenz ist seltener. Patienten mit Stuhlinkontinenz haben Schwierigkeiten, den Darminhalt sowie die Darmgase im Enddarm zurückzuhalten.

Alles zu Ursachen, Therapie und Diagnostik dieser Inkontinenzform lesen Sie in dem Artikel über Stuhlinkontinenz.

Ursachen von Inkontinenz

Bei einer Harninkontinenz funktioniert das fein aufeinander abgestimmte System aus Blasenmuskel, Schliessmuskel und Beckenboden-Muskulatur sowie den steuernden Nerven und Zentren in Gehirn und Rückenmark nicht mehr richtig. Die verschiedenen Formen der Harninkontinenz haben sehr unterschiedliche Ursachen, die aber allesamt die Funktion der Harnblase beeinträchtigen.

Diese erfüllt zwei wichtige Aufgaben: Sie muss den Urin speichern und sich (möglichst) zum gewünschten Zeitpunkt entleeren. Beim Speichern ist der Blasenmuskel entspannt. So dehnt sich die Blase aus und füllt sich. Gleichzeitig ist der Schliessmuskel angespannt, sodass der Urin nicht gleich wieder über die Harnröhre abfliesst. Zum Entleeren zieht sich der Blasenmuskel zusammen, während der Schliessmuskel mit der Beckenboden-Muskulatur erschlafft. Der Urin fliesst durch die Harnröhre ab.

Belastungsinkontinenz:

Bei der Belastungsinkontinenz ist der Verschlussmechanismus zwischen Blasenhals und Harnröhre nicht mehr funktionstüchtig. Gründe hierfür sind zum Beispiel, dass das Beckenboden-Gewebe verletzt wurde, etwa bei einem Unfall oder beim Mann nach einer Prostata-Operation oder einer vaginalen Geburt bei der Frau. Auch Verletzungen und Reizungen der Nerven sowie eine Vorwölbung der Harnblase lösen eine Belastungsinkontinenz aus. Ausserdem wird sie begünstigt durch Risikofaktoren wie:

  • Chronischer Husten
  • Übergewicht
  • Häufiges Heben schwerer Lasten
  • Bewegungsmangel (schlecht trainierter Beckenboden!)
  • Bei Frauen: nach unten absinkende Beckenorgane, z. B. Gebärmuttersenkung

Die Belastungsinkontinenz tritt bei Frauen viel häufiger auf als bei Männern. Das liegt daran, dass sie ein breiteres Becken und eine schwächere Beckenboden-Muskulatur haben. Ausserdem gibt es im weiblichen Beckenboden drei Öffnungen (für Harnröhre, Scheide und Enddarm), während der Mann nur zwei hat. Das sind "natürliche Schwachstellen".

An diesen Stellen besteht die Gefahr, dass das Bindegewebe etwa durch Belastungen wie Schwangerschaften und Geburten, eine Gebärmuttersenkung oder hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren nachgeben – es entsteht eine Harninkontinenz.

Dranginkontinenz:

Bei dieser Form von Inkontinenz wird schon bei einer wenig gefüllten Blase fälschlicherweise das Signal "Blase voll" an das Gehirn gesendet. Als Reaktion darauf setzt ein nicht kontrollierbarer Harndrang ein. Man spricht auch von "überaktiver Blase". Mögliche Ursachen der Dranginkontinenz sind:

  • Nerven-Schäden oder -Reizungen infolge einer Operation
  • Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson, Alzheimer, ein Hirntumor oder Schlaganfall
  • Ständige Reizungen der Blase, zum Beispiel durch Blasensteine oder Harnwegsinfekte (Blasenentzündung)
  • Nicht ausreichend behandelte Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus): Giftstoffe, die durch den erhöhten Blutzuckerspiegel entstehen, wirken sich auf das Nervensystem aus.
  • Psychische Ursachen

Reflexinkontinenz:

Bei einer Reflexinkontinenz sind Nerven im Gehirn oder Rückenmark, welche die Blase steuern, geschädigt. Das ist etwa bei einer Querschnittslähmung oder neurologischen Erkrankungen wie Parkinson, Multipler Sklerose, Schlaganfall oder Alzheimer der Fall.

Überlaufinkontinenz:

Bei dieser Form ist der Blasenausgang blockiert und stört den Harnabfluss, zum Beispiel beim Mann durch eine vergrösserte Prostata (wie bei gutartiger Prostata-Vergrösserung) oder eine Harnröhrenverengung. Letztere ist möglicherweise durch einen Tumor oder durch Harnsteine bedingt.

Extraurethrale Inkontinenz:

Diese Form der Inkontinenz ist häufig durch angeborene Fehlbildungen oder eine Fistel bedingt. Ganz allgemein versteht man unter einer Fistel ein "unnatürliches" Verbindungskanälchen zwischen zwei Hohlorganen oder einem Hohlorgan und der Körperoberfläche. Im Rahmen der extraurethralen Inkontinenz entsteht eine Fistel zwischen dem harnableitenden System (wie Blase, Harnröhre) und der Haut, dem Darm oder dem weiblichen Genitaltrakt. Dementsprechend geht Urin über die Hautöffnung, den After oder die Scheide ab. Eine solche Fistel bildet sich zum Beispiel infolge entzündlicher Prozesse oder nach einer Operation oder Röntgen-Bestrahlung aus.

Verschiedene Medikamente (wie Diuretika, Antidepressiva, Neuroleptika) und auch Alkohol verstärken eine bestehende Harninkontinenz möglicherweise.

Was tun bei Inkontinenz?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Inkontinenz zu behandeln. Im Einzelfall wird die Inkontinenz-Therapie an die Form und Ursache der Inkontinenz sowie an die Lebenssituation des Patienten angepasst.

Beckenboden-Training: Bei Belastungsinkontinenz lassen oft sich durch ein Beckenboden-Training unter Anleitung eines Physiotherapeuten gute Erfolge erzielen. Dabei lernt der Patient zum Beispiel, die Belastung des Beckenbodens im Alltag zu reduzieren, falsche Anspannungsmuster abzulegen und den Beckenboden mit geeigneten Übungen zu kräftigen.

Biofeedback-Training: Manchen Menschen fällt es schwer, die Beckenboden-Muskeln zu spüren und Schliessmuskeln bewusst wahrzunehmen und zu steuern. Beim Biofeedback-Training misst eine kleine Sonde im Enddarm oder in der Scheide Kontraktionen des Beckenbodens und löst dabei ein optisches oder akustisches Signal aus. So erkennt der Patient im Rahmen der Beckenboden-Gymnastik, ob er wirklich die richtigen Muskeln anspannt beziehungsweise entspannt.

Elektro-Therapie: Hier wird die Beckenboden-Muskulatur passiv durch schmerzlose elektrische Impulse trainiert.

Toiletten-Training (Blasen-Training): Hierbei muss der Patient für einige Zeit ein sogenanntes Miktionsprotokoll führen. Darin trägt er jeweils ein, wann er Harndrang verspürt hat, wann er wie viel Urin ausgeschieden hat und ob das Wasserlassen kontrolliert oder unkontrolliert erfolgt ist. Ausserdem muss der Patient notieren, was und wie viel er im Laufe eines Tages oder einer Nacht getrunken hat.

Anhand dieser Aufzeichnungen erstellt der Arzt einen Trink- und Miktionsplan. Darin ist festgelegt, wie viel der Patient trinken darf und wann er zur Toilette geht, um die Blase zu entleeren (auch ohne Harndrang). Ziel ist es, unkontrollierten Harnabgang durch geregeltes Entleeren der Blase zu verhindern.

Führen Sie das Toiletten-Training nur unter ärztlicher Anleitung durch.

Hormonbehandlung: Bei einer Inkontinenz infolge von Östrogenmangel in oder nach den Wechseljahren verschreibt der Arzt betroffenen Frauen ein lokales Östrogen-Präparat, zum Beispiel eine Salbe.

Medikamente: Je nach Form der Inkontinenz eignen sich zur Behandlung zum Beispiel krampflösende Medikamente (Dranginkontinenz) oder sogenannte Alpharezeptorblocker. Letztere lockern den Blasenverschluss (Überlaufinkontinenz) oder hemmen die spontane Aktivität der Harnblasen-Muskulatur (Reflexinkontinenz). Bei einer überaktiven Blase wird auch Botulinumtoxin zur Entspannung in den Blasenmuskel gespritzt.

Katheter: Bei einer Reflexinkontinenz muss die Blase unter Umständen über einen Katheter regelmässig entleert werden.

Operation: Eine extraurethrale Inkontinenz wird immer operativ behandelt, etwa durch Verschluss der Fistel. Beruht die Inkontinenz auf einer vergrösserten Prostata, ist ebenfalls meist eine Operation notwendig. Ansonsten kommt bei einer Harninkontinenz ein chirurgischer Eingriff erst dann in Betracht, wenn nicht-operative Therapiemassnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen.

Beispielsweise lässt sich dann die Harnröhre durch einen künstlichen Schliessmuskel oder eine verstellbare Schlinge verschliessen. Einen ähnlichen Effekt erzielt ein Implantat, das die Harnröhre so weit komprimiert, dass der Urin nicht mehr unwillkürlich abfliesst. In bestimmten Fällen wird die Harnröhre mit Kollagen oder Silikon stabilisiert, um so die Inkontinenz-Symptome zu lindern. Ein implantierter "Blasen-Schrittmacher" hilft, eine überaktive Blase zu beruhigen oder eine Blase zu stimulieren, die sich aus eigener Kraft nicht mehr entleert.

Harninkontinenz: Richtig trinken

Gerade bei Harninkontinenz nimmt das Trinken für Betroffene plötzlich eine bestimmende Rolle ein: Aus Angst vor dem unkontrollierten Harnabgang versuchen sie, möglichst wenig zu trinken. Das verbessert das Leiden aber nicht – im Gegenteil: Bei mangelnder Flüssigkeitszufuhr wird der Harn in der Blase stärker konzentriert, was den Harndrang oft verstärkt und die Schleimhaut der Blase reizt.

Ausserdem werden Blase, Harnleiter- und -röhre schlechter durchspült, wenn man zu wenig trinkt. Das macht es Bakterien leichter, sich dort anzuheften – es resultiert eine Harnwegsinfektion.

Wenn Sie eine Harninkontinenz haben, besprechen Sie mit Ihrem Arzt, wie viel und zu welchen Tageszeiten Sie trinken. In einem Miktionsprotokoll halten Sie Ihre Flüssigkeitszufuhr und Ihr Wasserlassen genau fest (siehe oben: Toiletten-Training). Anhand dieser Aufzeichnungen empfiehlt der Arzt Ihnen geeignete Trink-Mengen und -Zeiten.

Hilfsmittel bei Inkontinenz

Vorlagen in verschiedenen Saugstärken, Einmal-Schlüpfer mit enthaltener Vorlage oder Inkontinenz-Slips helfen, im Alltag mit der Inkontinenz umzugehen. Männer mit Harninkontinenz haben die Möglichkeit, ein Kondom-Urinal zu benutzen. Das ist eine Art Kondom, über das der Urin in einen Beutel geleitet wird.

Inkontinenz: Wann zum Arzt?

Inkontinenz beginnt in seltenen Fällen plötzlich, in der Regel entsteht sie schleichend. Wichtig ist es jedoch, rechtzeitig Massnahmen einzuleiten, damit sich die Inkontinenz nicht verschlechtert. Daher ist es ratsam, dass Patienten zum Arzt gehen, wenn sie bemerken, dass ihre Kontinenz nachlässt, spätestens jedoch, wenn ihnen die Beschwerden stark zu schaffen machen. Häufiger Harndrang, ungewolltes Wasserlassen und der damit möglicherweise verbundene Uringeruch schränken die Lebensqualität der Betroffen oftmals stark ein.

Inkontinenz: Untersuchungen und Diagnose

In einem Gespräch erkundigt sich der Arzt zuerst nach den genauen Beschwerden und der Vorgeschichte des Patienten (Anamnese). So findet er heraus, an welcher Form von Inkontinenz jemand leidet und grenzt die möglichen Ursachen näher ein. Mögliche Fragen im Anamnese-Gespräch sind:

  • Seit wann haben Sie unkontrollierten Urinabgang?
  • Wie oft scheiden Sie Urin aus?
  • Treten dabei Schmerzen auf?
  • Bei welchen Gelegenheiten kommt es zu unfreiwilligem Urinabgang?
  • Haben Sie das Gefühl, Ihre Blase entleert sich nicht vollständig?
  • Spüren Sie, ob Ihre Blase gefüllt oder leer ist?
  • Hatten Sie eine Operation? Haben Sie ein Kind entbunden?
  • Haben Sie irgendwelche Grunderkrankungen (Diabetes, Multiple Sklerose, Parkinson etc.)?

Untersuchungen

Verschiedene Untersuchungen helfen bei der Abklärung einer Inkontinenz. Welche Methoden im Einzelfall sinnvoll sind, hängen unter anderem von Art und Schwere der Inkontinenz ab. Die wichtigsten Untersuchungen sind:

  • Untersuchung der äusseren Genitalien: Sie liefert Hinweise auf die Ursachen der Inkontinenz. So erkennt der Arzt manchmal Fisteln oder eine vergrösserte Prostata.
  • Gynäkologische Untersuchung: Dabei lässt sich zum Beispiel eine Gebärmuttersenkung oder Scheidensenkung als Ursache einer Harninkontinenz feststellen.
  • Urin- und Blut-Untersuchungen: Sie liefern Hinweise auf Infektionen oder Entzündungen.
  • Ultraschall-Untersuchung: Mittels Ultraschall lässt sich bei einer Harninkontinenz die eventuelle Restharnmenge in der Blase abschätzen. Ausserdem ist es möglich, Nieren- oder Blasensteine, Tumoren oder angeborene Fehlbildungen zu entdecken. Auch Verletzungen nach einer Operation lassen sich im Ultraschall erkennen.
  • Urodynamik: Bei Harninkontinenz beurteilt der Arzt mittels urodynamischer Untersuchungen die Funktion der Harnblase. So lässt sich etwa im Rahmen der Uroflowmetrie mithilfe von Elektroden während des Wasserlassens die Harnmenge, die Dauer der Blasen-Entleerung sowie die Aktivität der Bauch- und Beckenboden-Muskulatur messen.
  • Blasenspiegelung: Sie ist in manchen Fällen notwendig, um zum Beispiel Entzündungen der Blasenschleimhaut oder Tumoren der Blase aufzudecken.
  • Stress-Test: Beim Stress-Test erkennt der Arzt, ob Urin beim Husten oder Pressen abgeht – ein Hinweis auf eine Belastungsinkontinenz.
  • Vorlagen-Test: Hierbei wird zunächst eine trockene Vorlage gewogen und eingelegt. Am Ende eines definierten Zeitraums, mit einer vorgeschriebenen Trinkmenge und körperlicher Belastung, wird diese Vorlage wieder gewogen und zeigt an, wie viel Urin unwillkürlich abgegangen ist.
  • Röntgen-Kontrastaufnahmen: Sie geben Aufschluss über eine Fehlfunktion der Blase. Dazu wird die Blase zunächst mit einem Kontrastmittel gefüllt. Dann werden Röntgenaufnahmen während des Wasserlassens gemacht. So lassen sich funktionelle Abläufe analysieren sowie Aus- und Einstülpungen oder innere Vorfälle als Ursache der Inkontinenz erkennen.

Inkontinenz: Vorbeugung

Es gibt verschiedene Massnahmen, um Inkontinenz vorzubeugen oder zu verhindern, dass sie fortschreitet:

Gehen Sie angemessen oft auf die Toilette. Wer zu häufig oder zu selten auf die Toilette geht, tut seiner Blase nichts Gutes und steigert sein Risiko für Harninkontinenz erheblich. Bei zu häufigem Wasserlassen "gewöhnt" sich die Blase irgendwann an die kleinen Urinmengen und ist dann nicht mehr in der Lage, grössere Urinmengen zu speichern. Wer zu selten auf die Toilette geht, überdehnt seine Blasen-Muskulatur ständig und riskiert Funktionsstörungen.

Bei Übergewicht eventuell Gewicht reduzieren. Übergewicht stellt einen wichtigen Risikofaktor für Inkontinenz dar. Es erhöht den Druck in der Bauchhöhle und begünstigt so eine Inkontinenz beziehungsweise verstärkt eine bestehende Inkontinenz. Es lohnt sich also, überschüssige Pfunde loszuwerden. Das wirkt sich auch positiv auf den Erfolg des Beckenboden-Trainings aus.

Essen Sie blasenfreundlich. Vermeiden Sie Lebensmittel, welche die Blase reizen, zum Beispiel scharfe Gewürze oder Kaffee.

Nutzen Sie Entspannungstechniken. Entspannungsübungen wie Autogenes Training verringern Stress als möglichen (Mit-)Auslöser bei Inkontinenz.

Häufige Fragen zu Inkontinenz

Welcher Pflegegrad bei Inkontinenz?

Der Pflegegrad bei Inkontinenz hängt davon ab, wie oft und wie stark diese auftritt. Entscheidend ist aber auch, wie selbstständig die Person noch ist, wie gut sie sich bewegen kann und wie viel Hilfe sie im Alltag benötigt. Es gibt fünf unterschiedliche Pflegegrade. Bei Pflegegrad 1 ist die Selbstständigkeit nur leicht beeinträchtig, bei Pflegegrad 5 sehr stark. Wer welchen Pflegegrad bekommt, entscheiden die medizinischen Dienste der gesetzlichen und privaten Krankenkassen oder anerkannte Gutachter. Sie besuchen die betreffende Person und beurteilen, welche Einschränkungen vorliegen. Inkontinenz allein bestimmt nicht den Pflegegrad.

Was hilft gegen Inkontinenz bei Frauen?

Gegen Inkontinenz bei Frauen sind verschiedene Methoden wirksam. Mit Beckenbodentraining stärkt die betroffene Frau den Beckenboden und damit die Blasenmuskulatur. Je nach Art der Inkontinenz können auch Medikamente helfen. In schwereren Fällen ist womöglich ein operativer Eingriff sinnvoll. Zudem sollten betroffene Frauen sich ausgewogen ernähren und Übergewicht abbauen. Das verringert den Druck auf die Blase. Weitere Tipps für Frauen mit Inkontinenz: Feste Toilettenzeiten und das Meiden harntreibender Getränke (z.B. Alkohol). Es ist wichtig, mit dem Arzt oder der Ärztin zu sprechen, um die passende Behandlung zu finden.

Was löst Inkontinenz aus?

Es gibt verschiedene Auslöser von Inkontinenz. Dazu gehören eine schwache oder geschädigte Beckenbodenmuskulatur, neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Parkinson und Harnwegsinfektionen. Chronische Krankheiten wie Diabetes und Operationen an der Prostata oder Gebärmutter können ebenfalls Gründe für eine Inkontinenz sein. Manchmal ist Blasenschwäche die Nebenwirkung von Medikamenten. Hormonelle Veränderungen während Schwangerschaft und Menopause, Übergewicht und Rauchen spielen ebenfalls eine Rolle.

Kann Inkontinenz wieder verschwinden?

Ja, abhängig von der zugrunde liegenden Ursache kann Inkontinenz wieder verschwinden. Verschwindet sie nicht komplett, lässt sie sich durch die richtige Behandlung in vielen Fällen verbessern. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, um die Ursache abzuklären und eine geeignete Behandlung zu finden.

Welche Symptome sind bei einer Inkontinenz zu erkennen?

Bei Inkontinenz gibt es je nach Form verschiedene Symptome. Dazu gehört, dass man ungewollt Urin oder Stuhl verliert, häufig auf die Toilette muss, auch nachts, und Probleme hat, das Wasserlassen zu beginnen oder zu stoppen. Es kann auch passieren, dass der oder die Betroffene beim Husten, Niesen oder Lachen Urin verliert. Manche Menschen spüren plötzlich einen sehr starken Harndrang und können ihn kaum zurückhalten.

Was hilft gegen Inkontinenz bei Männern?

Gegen Inkontinenz bei Männern hilft zum Beispiel Beckenbodentraining, das die Blasenmuskulatur stärkt. Es gibt auch Medikamente, die die Funktion der Blase verbessern. In manchen Situationen kann eine Operation notwendig sein. Im Alltag helfen stark saugfähige Einlagen oder Urinauffangbeutel. Betroffene Männer sollten auch Ihren Alkohol- und Koffeinkonsum reduzieren, sich gesund ernähren und regelmässig bewegen. Welche Behandlung die sinnvollste ist, bespricht man am besten mit seinem Arzt oder seiner Ärztin.

Kann man mit Inkontinenz ins Schwimmbad?

Ja, Sie können trotz Inkontinenz ins Schwimmbad gehen. Tragen Sie dabei spezielle Inkontinenz-Badebekleidung oder wasserdichte Inkontinenzprodukte, um Urin oder Stuhl zurückzuhalten. Mögliche Unfälle können Sie vermeiden, wenn Sie vor dem Schwimmen die Blase oder den Darm weitestgehend entleeren.

Kann man mit Inkontinenz leben?

Ja, man kann mit Inkontinenz leben, auch wenn es sozial und emotional nicht immer einfach ist. Es gibt verschiedene Behandlungen wie Medikamente, Beckenboden- und Blasentraining oder operative Eingriffe, die die Inkontinenz beheben oder verbessern. Hilfsmittel wie Einlagen oder Katheter erleichtern den Alltag zusätzlich.

Was sind Risikofaktoren für Inkontinenz?

Zu den Risikofaktoren für Inkontinenz gehören:

  • Alter
  • Geschlecht: Frauen sind durch Schwangerschaften, Geburten und hormonelle Veränderungen besonders gefährdet.
  • Übergewicht
  • Rauchen
  • Übermässiger Konsum harntreibender Getränke wie Alkohol
  • Krankheiten wie Diabetes, neurologische Störungen oder Infektionen der Harnwege
  • Bei Männern Erkrankungen der Prostata
  • Medikamente, die die Blasenfunktion beeinträchtigen

All diese Faktoren können die Muskeln im Beckenboden schwächen oder die Nerven schädigen, die Blase und Darm steuern.

Was tun gegen nächtliche Inkontinenz?

Um nächtlicher Inkontinenz vorzubeugen, sollten Sie abends weniger trinken und unbedingt nochmal auf die Toilette gehen, bevor Sie sich schlafen legen. Beckenbodenübungen helfen, die Blasenmuskeln zu stärken. Zur Sicherheit können Sie auch zu Inkontinenzeinlagen und spezieller Unterwäsche greifen. Sprechen Sie zudem mit Ihrem Arzt beziehungsweise Ihrer Ärztin. Womöglich steckt ein medizinisches Problem dahinter, das man erkennen und behandeln kann.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Andrea Bannert
Dr.  Andrea Bannert

Dr. Andrea Bannert ist seit 2013 bei NetDoktor. Die promovierte Biologin und Medizinredakteurin forschte zunächst in der Mikrobiologie und ist im Team die Expertin für das Klitzekleine: Bakterien, Viren, Moleküle und Gene. Sie arbeitet freiberuflich zudem für den Bayerischen Rundfunk und verschiedene Wissenschaftsmagazine und schreibt Fantasy-Romane und Kindergeschichten.

Carola Felchner
Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

Quellen:
  • Der Brockhaus: Gesundheit, wissenmedia GmbH, 8. Auflage, 2010
  • Deutsche Kontinenz Gesellschaft: Harninkontinenz, unter www.kontinenz-gesellschaft.de (Abrufdatum: 12.05.2022)
  • Leitlinie der Deutsche Gesellschaft für Geriatrie et al.: Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten, Diagnostik und Therapie, Stand: November 2019, unter: www.register.awmf.org (Abrufdatum: 12.05.2022)
  • Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.: Harninkontinenz der Frau, Stand: März 2021, unter: www.register.awmf.org (Abruf: 12.05.2022)
  • Pschyrembel – Klinisches Wörterbuch, Walter de Gruyter, 267. Auflage, 2017
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