Einsamkeit

Von , Medizinredakteurin
Sabrina Kempe

Sabrina Kempe ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Biologie studiert und sich dabei besonders in die Molekularbiologie, Humangenetik und Pharmakologie vertieft. Nach ihrer Ausbildung zur Medizinredakteurin in einem renommierten Fachverlag hat sie Fachzeitschriften und eine Patientenzeitschrift betreut. Jetzt verfasst sie Beiträge zu Medizin- und Wissenschaftsthemen für Experten und Laien und redigiert wissenschaftliche Fachbeiträge von Ärzten.

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Einsamkeit ist ein bedrückendes Gefühl und schwer zu ertragen. Gerade in der Corona-Krise, wo sich viele Menschen in Selbstisolation begeben müssen, können sich Einsamkeitsgefühle breit machen, oft verbunden mit tiefer Melancholie und Traurigkeit. Einsame Menschen gibt es aber nicht nur in Pandemie-Zeiten. Lesen Sie mehr zum Thema: Woher kommt Einsamkeit? Kann sie körperlich krank machen? Was kann man gegen Einsamkeit tun?

Einsamkeit, Traurigkeit

Kurzübersicht: Einsamkeit

  • Was hilft gegen Einsamkeit? z.B. Selbstfürsorge, Strukturierung des Alltags, sinnvolle Beschäftigung, schrittweiser Kontakt zu anderen, ggf. psychologische Hilfe, Medikamente
  • Was jeder Einzelne für Einsame tun kann: auf Mitmenschen achten; v.a. älteren, gebrechlichen oder immobilen Menschen im eigenen Umfeld Zeit und Aufmerksamkeit schenken
  • Symptome: u.a. Gefühl, ausgeschlossen und isoliert zu sein, Selbstvernachlässigung, Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Langeweile, innere Leere, Selbstmitleid, Sehnsucht, Verzweiflung
  • Woher kommt Einsamkeit? Meist aus einer Kombination mehrerer Faktoren heraus, z.B. bestimmte Charaktereigenschaften, qualitativ schlechte soziale Bindungen, schlechte Erfahrungen, gesellschaftliche Umstände, kritische Lebensphasen
  • Kann Einsamkeit krank machen? Bei chronischer Einsamkeit erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen, Demenz, Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen sowie Suizidgedanken.
  • Wann zum Arzt? Spätestens dann, wenn Einsamkeit chronisch wird und an Depressionen, Angst- oder Zwangsstörungen gekoppelt ist

Was hilft gegen Einsamkeit?

Es können verschiedene Wege aus der Einsamkeit herausführen, vor allem in Kombination. Wichtig sind vor allem folgende Schritte:

Selbstfürsorge – Lebensfreude wiederentdecken

Der Weg aus der Einsamkeit beginnt bei Ihnen selbst. Wenn Sie denken: „Ich fühle mich einsam“, dann versuchen Sie zunächst, Ihre Situation objektiv zu betrachten. Allein sein heisst nicht gleich einsam sein. Das Alleinsein kann auch helfen, sich zu entspannen, Ruhe zu finden und Stress abzubauen. Fangen Sie wieder an, sich für sich selbst zu interessieren. Fragen Sie sich, welche Bücher Sie schon lange lesen wollten, welche Filme Sie sehen möchten, welche Musik Sie glücklich macht, welches Essen Ihnen schmeckt, welchen Sport Sie gern treiben, welche Landschaften oder Städte Sie mögen.

  • Machen Sie sich selbst eine Freude, erfüllen Sie sich einen Wunsch.
  • Finden Sie ein Hobby, dass Ihnen Spass macht oder lassen Sie ein vernachlässigtes Hobby wiederaufleben.
  • Achten Sie auf sich selbst und hören Sie auf Ihre Bedürfnisse.
  • Vernachlässigen Sie Ihre Körperpflege nicht, essen Sie gesund und bewegen Sie sich regelmässig an der frischen Luft.
  • Begegnen Sie sich selbst mit Freundlichkeit und Mitgefühl. Fangen Sie an, sich selbst zu mögen.
  • Die Pflege eines Tieres kann sehr erfüllend sein. Schaffen Sie sich aber nur ein Haustier an, wenn Sie sich auch wirklich langfristig darum kümmern möchten.

Damit können Sie sich ein Stück Lebensfreude im Alltag verschaffen, ohne auf einen intensiven Kontakt von aussen angewiesen zu sein.

Struktur schaffen

Ziehen sich die Tage gefühlt endlos in die Länge, ist die Gefahr gross, in Melancholie zu verfallen. Die Betroffenen ziehen sich zurück, fangen an zu grübeln und fühlen sich einsam. Was kann man bei dieser Einsamkeit tun? Jetzt sollten Sie sich aufraffen und Ihren Tag strukturieren. Erstellen Sie sich einen detaillierten Tages- und Wochenplan und versuchen Sie, sich daran zu halten.

In kleinen Schritten in Kontakt mit anderen Menschen treten

Was kann man tun, wenn man alleine ist? In kleinen Schritten kann man versuchen, wieder in Kontakt mit Menschen zu kommen. Gerade in der Corona-Krise, wo direkter menschlicher Kontakt für eine gewisse Zeit reduziert werden soll, können Sie die technischen Kommunikationsmöglichkeiten gut nutzen, um Ihre Einsamkeit zu bekämpfen:

Schauen Sie in Ihr Telefonbuch oder Handy – mit wem haben Sie schon länger nicht gesprochen? Rufen Sie Ihre Bekannten, (ehemaligen) Freunde und (wenn vorhanden) Familienmitglieder an und fragen nach, wie es ihnen geht. Warten Sie nicht darauf, dass sich jemand bei Ihnen meldet! Wenn Sie Angst davor haben, reicht für den Anfang auch eine Kurznachricht.

Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, virtuell Menschen zu begegnen, in sozialen Netzwerken oder Chatgruppen können Sie sich mit Menschen austauschen, die Ihre Interessen und Hobbies teilen. Besonders in Zeiten der Selbstisolation ist das sehr hilfreich.

Es sollte Ihnen bewusst sein, dass der virtuelle Austausch kein Ersatz für reale zwischenmenschliche Interaktionen und Beziehungen sein kann. Wenn Sie überwiegend Kontakte im Internet pflegen, erhöht sich sogar das Risiko, langfristig zu vereinsamen.

Auch in der Corona-Krise ist es erlaubt, zum Beispiel beim Spazieren gehen andere Spaziergänger anzulächeln. Erhalten Sie ein Lächeln zurück, können Sie vielleicht Mut schöpfen und mit Menschen aus Ihrem täglichen Leben wie zum Beispiel Ihren Nachbarn ins Gespräch kommen – im Treppenhaus oder über den Gartenzaun hinweg. Ein paar Worte reichen für den Anfang oft schon.

Was hilft gegen Einsamkeit? Ob Sie nun einsam sind, weil Sie kaum mit anderen Menschen Kontakt haben oder weil Sie sich in Ihrem Umfeld nicht verstanden und isoliert fühlen – gehen Sie auf Menschen zu, die dieselben Interessen und Leidenschaften haben:

  • Gleichgesinnte Menschen treffen Sie z.B. in Kursen an der Volkshochschule oder in Sportgruppen, lernen Sie eine neue Sprache oder bilden Sie sich auf Ihrem Interessengebiet weiter.
  • Ein Ehrenamt zu übernehmen ist doppelt wirksam: Sie erleben das befriedigende Gefühl, gebraucht zu werden und anderen zu helfen, und können gleichzeitig neue Kontakte knüpfen.

Tipp:In Zeiten der Corona-Krise sind ehrenamtliche Tätigkeiten weiterhin gefragt und nötig, zum Bespiel in der Nachbarschaftshilfe. Auch Kurse können schon mal für die Zeit nach den Einschränkungen gebucht werden oder finden sogar online statt.

Sich Hilfe holen

Wenn Sie sich einem Menschen anvertrauen wollen und nicht wissen, an wen Sie sich wenden sollen, können Sie zunächst bei der Telefonseelsorge anrufen. Dort finden Sie Menschen, die Ihnen aufmerksam und aktiv zuhören und Ihnen wertvollen Rat geben können. Auch Selbsthilfegruppen sind eine gute Anlaufstelle.

Einsamkeit im Alter überwinden

Gerade ältere Menschen sind am stärksten von Vereinsamung betroffen. Wichtige Bezugspersonen, Freunde, Verwandte und Bekannte im selben Alter sterben, das soziale Netz wird immer kleiner. Dazu kommen oft noch Krankheiten und eine eingeschränkte Mobilität.

In höherem Alter ist es zudem schwieriger, neue Kontakte zu knüpfen, und Freundschaften ergeben sich schwerer. Aber auch in diesem Alter gibt es Möglichkeiten, mit anderen in Kontakt zu treten:

  • Nutzen Sie, falls es geht, virtuelle Möglichkeiten wie Chatgruppen oder soziale Netzwerke.
  • Bleiben Sie in Kontakt bzw. nehmen Sie Kontakt auf mit jüngeren Verwandten über Kurznachrichtendienste oder Videoanrufe.
  • Wenn möglich, leben Sie Ihre Hobbies aus oder finden Sie neue.
  • Wenn Sie fit genug dafür sind, kann Ihnen ein Haustier Gesellschaft leisten.
  • Bilden Sie sich weiter, z.B. mit einem Studium im Alter oder mit einem Sprachkurs – mittlerweile gibt es auch Online-Angebote.
  • Bereits kleine Aktivitäten helfen: Schlagen Sie z.B. einer Nachbarin vor, gemeinsam einen Spaziergang zu machen.
  • Nutzen Sie Seniorentreffs in Ihrer Gemeinde.
  • Wenn es Ihre körperliche Verfassung zulässt, treten Sie einer Wandergruppe oder einem Verein bei.
  • Finden Sie ein Ehrenamt, das Sie begeistert, etwa bei der Telefonseelsorge, als Besucher von Patienten im Krankenhaus, als Vorleser in einer Bibliothek oder als Leihoma oder Leihopa.

Was jeder einzelne für Einsame tun kann

Wichtig ist, dass wir aufeinander achten. Nicht jeder alleinlebende Mensch, ob jung oder alt, ist einsam. Wenn allerdings jemand über Einsamkeit klagt, müssen wir das ernst nehmen. Das könnte ein Warnsignal für eine beginnende Depression sein. Dann sollten wir für diese Person da sein und uns Zeit für sie nehmen.

Zurzeit sollten wir ältere Verwandte und Bekannte nicht treffen, um sie nicht in die Gefahr einer Infektion mit dem SARS-CoV-2 zu bringen. Dann fallen für sie wichtige Kontakte weg, und sie könnten tatsächlich in Einsamkeit geraten. Gerade jetzt sollten wir ihnen deshalb täglich signalisieren, dass sie nicht allein sind: Rufen Sie Ihre älteren oder alleinstehenden Verwandten, Bekannten oder Nachbarn an, schieben Sie einen Zettel unter der Tür durch, schicken Sie eine Postkarte, sprechen Sie mit Ihnen über den Gartenzaun hinweg mit dem nötigen Abstand oder geben Sie ein Ständchen vor dem Fenster.

Tipp! Wenn direkte Kontakte wieder sicher möglich sind, sollten wir unsere älteren, gebrechlichen Verwandten und Bekannten besuchen und ihnen einen Teil unserer Zeit schenken.

Besuchs- und Begleitdienste sind eine grosse Hilfe, um älteren, immobilen Mitmenschen menschliche Kontakte zu ermöglichen und sie vor Verwahrlosung zu schützen. Geschulte Betreuer besuchen dabei zu vereinbarten Zeiten Menschen, denen es etwa aufgrund ihrer körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen schwerfällt, ihre Wohnung alleine zu verlassen.

Sie begleiten die betreffenden Personen beispielsweise zu Ärzten, zum Frisör, zur Apotheke oder zur Bank und unterstützen bei Einkäufen. Darüber hinaus bieten viele Besuchsdienste gemeinsame Unternehmungen wie Spaziergänge und Ausflüge an (z.B. Begleitung zu Veranstaltungen, ins Museum oder Café). Viele Vereine besuchen ältere, kranke und einsame Menschen auch im Spital oder Pflegeheim.

Besuchsdienste bieten alle grossen Wohlfahrtsverbände an. Zudem gibt es speziell ausgerichtete gemeinnützige Vereine, Stiftungen und städtische Hilfsnetzwerke.

Einsamkeit: Symptome

Die Definition von Einsamkeit ist die Empfindung des Ausgeschlossenseins, mangelnder Zugehörigkeit und emotionaler Isolation. Typische Einsamkeitsgefühle sind Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Langeweile, innere Leere, Selbstmitleid, Sehnsucht und Verzweiflung.

Subjektives Empfinden

Einsamkeit ist eine unausweichliche Erfahrung jedes Menschen, die allerdings je nach Lebenssituation und individuellem Charakter verschieden erlebt wird. Deshalb ist Einsamkeit ein subjektives Phänomen und nicht gleichzusetzen mit tatsächlichem Alleinsein oder sozialer Isolation: Es gibt viele Menschen, die häufig allein sind, aber sich nicht einsam fühlen!

Umgekehrt können sich auch Menschen mit vielen sozialen Kontakten in Familie, Beruf, Schule oder sozialen Einrichtungen einsam fühlen.

Soziale Kontakte schmerzlich vermisst

Betroffene erfahren und bewerten das innere Getrenntsein von anderen und das Ausmass ihrer sozialen Bindungen als negativ. Sie empfinden die ihnen subjektiv fehlenden Sozialkontakte als schmerzlich, denn dies geht meist mit einem Mangel an Anerkennung, Bestätigung, Wertschätzung und Zuneigung durch andere einher. Die Betroffenen wünschen sich, beachtet zu werden, allerdings haben sie Schwierigkeiten dabei, eine gegenseitige Beziehung aufzubauen. Es fällt ihnen schwer, selbstständig ihre Abgeschiedenheit zu überwinden.

Häufige Eigenschaften einsamer Menschen

Häufig zeigen sich unter anderem folgende Eigenschaften bei einsamen Menschen:

  • Sie sehen sich selbst ganz anders, als andere Menschen sie beschreiben würden,
  • sind sehr selbstkritisch,
  • beachten Misserfolge mehr als Erfolge,
  • rechtfertigen sich defensiv,
  • haben Angst vor Zurückweisung,
  • entwerten ihr Gegenüber,
  • passen sich übermässig an,
  • ziehen sich schnell in sich zurück,
  • sind introvertiert oder haben weniger gut ausgeprägte soziale Fertigkeiten,
  • weisen oft pessimistische, irrationale und handlungslähmende Denkmuster bzw. Grundhaltungen auf.

Allerdings führen diese Eigenschaften nicht zwangsläufig in die Einsamkeit! Qualitativ hochwertige soziale Bindungen und Unterstützungsnetze können diese Menschen auffangen.

Umgekehrt sind oft auch Menschen mit ganz anderen Charaktereigenschaften einsam. Das kann etwa passieren, wenn ihnen solche Netzwerke fehlen oder sie einschneidende negative Erfahrungen im Umgang mit anderen Menschen gemacht haben.

Chronische Einsamkeit

Einsamkeit ist unterschiedlich ausgeprägt: Die Palette reicht von Menschen, die nur für eine bestimmte Lebensphase einsam sind, bis hin zu jenen, die resigniert hoffnungslos einsam sind. In diesem Fall spricht man von chronischer Einsamkeit.

Woher kommt Einsamkeit?

Einsamkeit entsteht nicht zwangsläufig, wenn gute soziale Beziehungen weniger werden oder sogar fehlen. Manche Menschen sind auch zufrieden mit wenigen Kontakten.

Einsamkeit entwickelt sich, wenn wir unfreiwillig allein sind bzw. das Gefühl haben, dass die bestehenden sozialen Beziehungen und Kontakte nicht ausreichen. Gleichzeitig schämen sich einsame Menschen häufig für ihre Situation, was sie noch weiter in den Rückzug und die Resignation treiben kann.

Einsamkeit kommt in jeder Altersgruppe vor: bei Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, Menschen mittleren Alters und älteren Menschen. Diesen Menschen fehlen Begleiter, Sympathie und Freundschaft.

Faktoren, die Einsamkeit auslösen können

Einpersonenhaushalte

Die zunehmende Anzahl an Single-Haushalten forciert das unfreiwillige Alleinsein. Vor allem, wenn sich Menschen dabei einsam fühlen, scheint das Alleinsein mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angst- und Zwangsstörungen einherzugehen. Ob das Alleinsein psychische Erkrankungen fördert oder ob Menschen mit psychischen Erkrankungen bewusst die Anonymität der Grossstädte und eines Single-Haushalts suchen, ist dabei nicht ganz klar.

Alterung der Gesellschaft

Durch unsere gute ärztliche Versorgung werden Menschen immer älter. Gleichzeitig sinkt die Geburten- und Heiratsrate. Die Älteren sind häufig nicht unbedingt in die Familie eingebunden, weil Angehörige beispielsweise in anderen Städten leben oder wenig Wert auf enge Familienkontakte legen.

Zudem erschweren vor allem im Alter Armut oder Gesundheitsprobleme Alleinlebenden die Teilnahme am öffentlichen Leben.

Insgesamt gehen Experten deshalb davon aus, dass der Anteil einsamer Menschen zumindest in Grossstädten zunehmen wird.

Verändertes Kommunikationsverhalten

Die Kommunikation verändert sich durch soziale Medien. Manche Menschen kommunizieren zwar rege mit virtuellen Kontakten, ihre direkten Kontakte mit realen Menschen gehen darüber aber oft verloren.

Umgekehrt finden manche Menschen aber auch neue Kontakte über das Internet, die sich zu Liebesbeziehungen, Freundschaften oder beruflichen Partnerschaften in der realen Welt entwickeln können.

Einzelkinder

Wenn die Eltern stark beruflich eingebunden oder alleinerziehend sind und Angebote aus Kindergärten, Schulen oder Vereinen die elterliche Abwesenheit nicht ausgleichen können, vereinsamen manche Einzelkinder. Auch ein Kindergarten- oder Schulwechsel kann Kinder einsam werden lassen, wenn sie schwer Freundschaften schliessen.

Arbeitslosigkeit oder Wechsel in die Pension (Rente)

Fällt die Arbeit weg, fehlen plötzlich Kollegen und ein strukturierter Tagesablauf. Gleichzeitig müssen sich Betroffene finanziell einschränken, weshalb sie sich noch mehr zurückziehen. Langfristig kann das zu Einsamkeit führen.

Erkrankungen

Vor allem chronische Erkrankungen, Krebs, Depressionen, psychotische Störungen und Demenz können Betroffene vereinsamen lassen.

Kritische Lebensphasen

Schwierige Zeiten wie Pubertät, Trennung vom Lebenspartner, Verlust von nahestehenden Angehörigen, Alter, Wohnort- oder Jobwechsel können Einsamkeit forcieren.

Schlechte Erfahrungen

In manchen Fällen ist die Einsamkeit auch ein Selbstschutz, weil Menschen schlechte Erfahrungen mit der Gesellschaft gemacht haben. Wer etwa gemobbt wird, beim Chef auf der Abschussliste steht (Bossing) oder andere Ausgrenzungserfahrungen macht, kann unter Umständen vereinsamen.

Aussergewöhnliche Umstände

Die Corona-Krise ist eine aussergewöhnliche Situation und erfordert im Moment eingeschränkte Kontakte. Das verhindert neben privaten Kontakten auch die professionelle Betreuung von Risikogruppen: Ambulanzen sind teilweise geschlossen, psychotherapeutische Sprechstunden fallen aus oder sind nur per Video möglich, Selbsthilfegruppen kommen nicht zusammen. Dies kann bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen Einsamkeit verursachen oder verstärken.

Kann Einsamkeit krank machen?

Werden Menschen durch Einsamkeit krank oder kann man gar an Einsamkeit sterben? Fakt ist - chronisch einsame Menschen haben ein höheres Risiko für:

  • chronischen Stress
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Schlafstörungen
  • Demenz
  • Depressionen
  • Angst- und Zwangsstörungen
  • Suizidgedanken

Folglich erhöht sich letztendlich auch die Wahrscheinlichkeit für einen vorzeitigen Tod. Zum Teil hängt das möglicherweise auch damit zusammen, dass Einsame weniger auf sich achten und somit gesundheitsschädlicher leben. So ernähren sie sich schlechter – einsame Kinder werden etwa durch Ersatzessen zunehmend fettleibig. Auch rauchen Einsame häufiger.

Wie Gesundheitsdaten zeigen, suchen einsame Menschen auch öfter einen Arzt auf und befinden sich häufiger in stationärer Behandlung – unter anderem aufgrund psychosomatischer Erkrankungen wie Rückenschmerzen.

Problematisch wird es, wenn Einsamkeit mit Immobilität, Hilflosigkeit und sozialer Isolation einhergeht, gerade bei Kindern, Alten und behinderten Menschen. Dann können lebensbedrohliche Pflegemangelzustände entstehen.

Wann sollten Sie zum Arzt?

Viele Menschen schämen sich, weil sie sich einsam fühlen, und suchen sich deshalb keine Hilfe. Das sollte nicht sein! Wenn Sie selbst keinen Weg aus der Einsamkeit finden, sollten Sie sich zu Ihrem eigenen Wohl überwinden, einen Arzt aufzusuchen. Das gilt besonders dann, wenn sie zusätzlich depressiv oder ängstlich sind.

Tipp: In der Corona-Krise bieten viele Kliniken, psychiatrische Ambulanzen und psychotherapeutische Praxen alternativ zu einem direkten Gespräch Telefon- und Videosprechstunden oder Online-Interventionen an.

Was macht der Arzt?

Der Arzt kann mithilfe von Fragebögen zunächst das Ausmass Ihrer erlebten Einsamkeit testen und erfassen. Dafür gibt es den UCLA (University of California at Los Angeles Loneliness Scale) oder auch LONE genannt (Fragebogen zur Sozialen Beziehung, deutsche Version) sowie die KSE (Kölner Skala zur Messung von Einsamkeit). Solche Fragebögen füllen Sie selbst aus und helfen so dem Arzt, Ihre sozialen Beziehungen einzuschätzen.

Danach wird der Arzt mit Ihnen gemeinsam herausfinden, welche Unterstützung Sie brauchen. So kann es beispielsweise schon reichen, Ihren Tag besser zu strukturieren – zum Beispiel mit ärztlich begleiteten Programmen wie das „iFightDepression-Programm“, mit dem Sie sich internetbasiert und kostenfrei selbst managen können.

Möglicherweise empfiehlt Ihr Arzt Ihnen aber auch eine Psychotherapie wie etwa eine kognitive Verhaltenstherapie. Dabei lernen Sie, Ihre Wahrnehmung bezüglich Ihrer Persönlichkeit und anderen Menschen zu korrigieren, und können so der Negativspirale der Einsamkeit entrinnen. Ausserdem kann der Therapeut Sie behutsam an soziale Kontakte heranführen, was als Milieutherapie bezeichnet wird. Gemeinsam mit Ihrem Therapeuten oder anderen professionellen Begleitern üben und reflektieren Sie unter anderem Sozialkontakte, indem Sie zum Beispiel gemeinsam Veranstaltungen besuchen.

Ist die Einsamkeit mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angst- oder Zwangsstörungen verbunden, kann der Arzt Ihnen auch passende Medikamente verordnen (z.B. Antidepressiva).

Einsamkeit vorbeugen

Damit Sie gar nicht erst in Einsamkeit geraten, lohnt es sich, sich zeitlebens um das eigene soziale Netz zu kümmern – auch über die Familie hinaus. Denn Ehen halten nicht unbedingt für immer, vor allem ältere Lebenspartner können vor einem selbst sterben, und Kinder finden häufig in anderen Städten ihre Lebensmittelpunkte.

Stabile und vertrauensvolle soziale Beziehungen sind der beste Schutz für die psychische und körperliche Gesundheit.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Sabrina Kempe

Sabrina Kempe ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Biologie studiert und sich dabei besonders in die Molekularbiologie, Humangenetik und Pharmakologie vertieft. Nach ihrer Ausbildung zur Medizinredakteurin in einem renommierten Fachverlag hat sie Fachzeitschriften und eine Patientenzeitschrift betreut. Jetzt verfasst sie Beiträge zu Medizin- und Wissenschaftsthemen für Experten und Laien und redigiert wissenschaftliche Fachbeiträge von Ärzten.

Quellen:
  • Beneker, C.: Gesellschaft: Alleinsein – Oase oder Pein. Geriatrie-Report, Springer Medizin Verlag, Band 15, Ausgabe 1, 2020
  • Berufsverbände u. Fachgesellschaften f. Psychiatrie, Kinder- u. Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde u. Neurologie aus Deutschland und Schweiz: www.neurologen-und-psychiater-im-netz.de (Abruf: 22.04.2020)
  • Hommel, T.: Corona und Depression: „Und dann zieht man sich grübelnd ins Bett zurück“. https://www.springermedizin.de (Abruf: 22.04.2020)
  • Lexikon der Psychologie: https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie (Abruf: 22.04.2020)
  • Pschyrembel Online: www.pschyrembel.de (Abruf: 21.04.2020)
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