Saugglockengeburt

Von , Ärztin
Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

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Eine Saugglockengeburt ist eine Form der assistierten Geburt, also einer Entbindung, die von aussen unterstützt wird. Das ist zum Beispiel notwendig, wenn in der Endphase der Geburt ein Stillstand eintritt, Ihr Baby Anzeichen für erhöhten Stress zeigt oder wenn eine länger dauernde Geburt alle Kraftreserven von Ihnen oder Ihrem Baby aufgebraucht hat. Lesen Sie hier mehr über die Saugglockengeburt.

Saugglockengeburt

Was ist eine Saugglockengeburt?

Eine Saugglockengeburt zählt zu den "assistierten Geburten". Assistiert bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Geburtsvorgang von aussen - also durch den Geburtshelfer - unterstützt wird. Bei der Saugglockengeburt (Vakuumextraktion) hilft der Arzt einem Kind mithilfe der Saugglocke auf die Welt. Bei der Saugglocke handelt es sich um eine kleine Halbkugel aus Silikon oder Metall, die auf den Kopf des Ungeborenen aufgesetzt wird. Dort haftet sie durch Unterdruck am Kopf des Kindes an. Mit der nächsten Wehe und unter starkem Pressen der Mutter wird das Kind dann herausgezogen.

Rund sechs Prozent aller Geburten sind eine Saugglockengeburt.

Wann ist eine Saugglockengeburt erforderlich?

Es gibt verschiedene Gründe, die eine Saugglockengeburt notwendig machen.

Geburtsverzögerung

Wenn in der Austreibungsphase der Geburt der Kopf Ihres Babys schon sichtbar am Beckenausgang liegt, dann aber ein Stillstand eintritt, wird der Arzt unterstützende Massnahmen ergreifen, um die Geburt voranzubringen. Die Geburtsverzögerung birgt nämlich die Gefahr, dass Ihr Kind nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Daher muss ihm nun rasch auf die Welt geholfen werden – zum Beispiel im Rahmen einer Saugglockengeburt.

Erschöpfung, Sauerstoffmangel, Wehenschwäche, Erkrankungen

Eine Saugglockengeburt wird Ihr Arzt auch vornehmen, wenn Sie erschöpft sind von einer langen Geburtsdauer oder der „Wehenschreiber“ (Kardiotokograf) auf einen Sauerstoffmangel beim Kind hinweist. Auch eine Wehenschwäche ist ein Grund, die Geburt assistiert rasch zu beenden. Es gibt auch Erkrankungen, die Ihnen das starke Pressen, wie es in der Endphase der Entbindung nötig ist, nicht erlauben (etwa bestimmte Augenerkrankungen). Dann ist ebenfalls die äussere Unterstützung durch den entbindenden Arzt erforderlich.

Voraussetzungen für eine Saugglockengeburt

Eine Saugglockengeburt ist nur bei einem Kind in der normalen Kopflage möglich. Ausserdem müssen der Muttermund vollständig eröffnet und die Fruchtblase geplatzt sein. Als letzte Voraussetzung für eine Saugglockengeburt muss der Kopf des Kindes bereits tief in das mütterliche Becken eingetreten sein.

Was bei einer Saugglockengeburt geschieht

Zuerst wird die Blase der Mutter mittels Katheter entleert (eine volle Blase wäre ein mechanisches Geburtshindernis). Dann erhält die Frau eine Periduralanästhesie (PDA) oder eine lokale Anästhesie. Nun legt der Arzt eine Saugglocke der passenden Grösse am Kopf des Kindes an. Die Saugglocke ist mit einer Pumpe verbunden. Mit deren Hilfe wird ein Unterdruck in der Saugglocke erzeugt, sodass sie fest dem Köpfchen anhaftet. Nach Kontrolle durch den Arzt, ob die Saugglocke richtig am Kopf des Kindes sitzt und keine mütterlichen Weichteile mit der Saugglocke erfasst wurden, wird ein Probezug gemacht. Damit wird geprüft, ob die Saugglocke ausreichend fest sitzt und der kindliche Kopf dem Zug folgt. Dann wird es ernst mit der Saugglockengeburt:

Während der nächsten Wehen wird – unter starkem Pressen der Mutter – vorsichtig an der Saugglocke und damit am Kopf des Kindes gezogen, und zwar in der Beckenachse nach unten, damit der Kindskopf geboren werden kann. Sobald er bis zur Nacken-Haar-Grenze durchgetreten ist, entfernt der Arzt die Saugglocke durch langsames Ablassen des Soges. Der restliche Körper des Kindes kann nun wie bei einer natürlichen vaginalen Entbindung geboren werden.

Nach der Saugglockengeburt wird die Mutter gründlich untersucht. Wurde bei der Entbindung die Scheide verletzt, werden die Wunden sogleich fachgerecht versorgt.

Hilfestellung bei der Saugglockengeburt

Die Saugglockengeburt erfolgt in der Regel unter einer Periduralanästhesie oder einer Lokalanästhesie. Ist der Damm einem sehr starken Druck ausgesetzt, wird eventuell ein Dammschnitt (Episiotomie) gemacht.

Mit dem sogenannten Kristeller-Handgriff kann ein Assistent die Geburt des kindlichen Kopfes unterstützen: Er drückt dazu während einer Wehe mit beiden Händen oder dem Unterarm am Bauch der Gebärenden kräftig, aber dosiert auf den oberen Teil der Gebärmutter (Fundus) in Richtung auf das Hinterhaupt des Kindes. Für Sie als Gebärende sollte dieser Druck kaum schmerzhaft sein.

Was eine Saugglockengeburt für Ihr Baby bedeutet

Am Kopf des Babys können Sie nach einer Saugglockengeburt eine etwa faustgrosse Schwellung bemerken, die durch den Sog der Saugglocke entstanden ist. Diese Schwellung ist harmlos und bildet sich meist innerhalb von ein paar Tagen wieder zurück.

Eine ernste Folge der Saugglockengeburt können Hirnblutungen beim Kind sein, besonders dann, wenn die Saugglocke durch etwas zu geringen Druck abreisst. Aus diesem Grund kann eine Saugglockenentbindung bei Frühgeburten nicht durchgeführt werden, da hier das Risiko für Hirnblutungen erhöht ist.

Vorteile der Saugglockengeburt

Die Saugglockengeburt ist eine gute Möglichkeit, eine stockende Geburt rasch zu beenden. Ihr Vorteil ist die rasche Anwendbarkeit ohne Kompression des kindlichen Kopfes, wie es zum Beispiel bei einer Zangengeburt der Fall ist. Besprechen Sie schon im Vorfeld mit Ihrem Arzt die verschiedenen Möglichkeiten einer assistierten Geburt und im Besonderen die Vor- und Nachteile sowie den Ablauf einer Saugglockengeburt. Dann sind Sie im Notfall bestens informiert.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Eva Rudolf-Müller
Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

Quellen:
  • Goerke, K. et al. : Klinikleitfaden Gynäkologie Geburtshilfe, Urban & Fischer Verlag, 5. Auflage, 2000
  • Haag, P. et al.: Gynäkologie und Urologie, Medizinische Verlags- und Informationsdienste, 8. Auflage, 2017/17
  • Kainer, F. & Nolden, A.: Das große Buch zur Schwangerschaft, Gräfe und Unzer Verlag, 8. Auflage, 2014
  • Themenportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: www.familienplanung.de (Abruf: 19.11.2019)
  • Weyerstahl, T. & Stauber, M.: Duale Reihe – Gynäkologie und Geburtshilfe, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage, 2013
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