Geburt einleiten

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Ist der Geburtstermin überschritten, wird der Frauenarzt nicht automatisch eine Geburt einleiten. Denn nur wenige Frauen gebären ihr Kind am errechneten Geburtstermin. Erst nach sorgfältiger Abklärung sowie in bestimmten Fällen wie vorzeitiger Blasensprung oder mütterlicher Diabetes kommt eine Geburtseinleitung infrage. Lesen Sie hier mehr darüber, aus welchen Gründen Ärzte eine Geburt einleiten und auf welche Weise.

Geburt einleiten

Wann ist das Warten vorbei?

Je fortgeschrittener die Schwangerschaft, desto mühsamer wird es für die Mutter: Sich bücken bedeutet ein akrobatisches Manöver, an erholsamen Schlaf ist kaum noch zu denken, und man selbst, Familie und Freunde werden zunehmend nervöser. Ist dann noch der errechnete Geburtstermin überschritten, machen sich möglicherweise noch Bedenken breit. Doch in aller Regel sind Sorgen unnötig. Die wenigsten Kinder werden exakt zum berechneten Termin geboren.

Nichtsdestotrotz wird der behandelnde Frauenarzt bei Terminüberschreitung die Schwangere sorgfältig untersuchen und engmaschig überwachen. So wird er etwa den Geburtstermin erneut errechnen. Weicht dieser nicht vom ursprünglichen ab, wird er alle zwei bis drei Tage die Bewegungen und den Herzschlag des Kindes überprüfen und die Fruchtwassermenge bestimmen. In bestimmten Fällen entscheidet sich dann der Arzt für eine Einleitung.

Geburt einleiten bei Terminüberschreitung

Derzeit gelten für Mediziner folgende Empfehlungen zur Geburtseinleitung, abhängig von der Schwangerschaftswoche (SSW) sowie möglichen Risiken:

37. bis Ende 39. SSW

Ist es eine Schwangerschaft ohne Komplikationen, wird der Arzt in der Regel nicht die Geburt einleiten. Ein hohes Alter der Mutter (über 40 Jahre) kann jedoch Anlass zur Geburtseinleitung sein. In neueren Studien zeigte sich zudem, dass ab der SSW 38+0 die Morbidität von Neugeborenen zunimmt und das Geburtsgewicht auf über 4000 Gramm ansteigen kann (was höhere Risiken für einen Dammriss stärkeren Grades, Nachblutungen und einen verzögerten Geburtsverlauf bedeutet).

40. bis Ende 40. SSW

Bestehen keine Komplikationen für Mutter und Kind, kann mit dem Geburt einleiten noch gewartet werden. In einer Studie zur mütterlichen Morbidität zeigte sich, dass ab SSW 40+ die Kaiserschnittrate deutlich anstieg. Auch die Fälle von vaginal-operativen Entbindungen, mütterlichen Weichteilverletzungen, Infektionen und verzögertem Geburtsverlauf stiegen signifikant an.

41. bis Ende 41. SSW

Um mögliche Folgeschäden zu verringern (wie zu hohes Geburtsgewicht, erhöhte Wahrscheinlichkeit für Kaiserschnitt, Mekoniumaspiration, Kindstod), kann Schwangeren empfohlen werden, die Geburt einleiten zu lassen. Das gilt insbesondere dann, wenn Schwangere ein hohes Alter haben (über 40 Jahre), übergewichtig sind (BMI 30 und darüber) oder rauchen.

Ab 42. SSW

Ab der 42. Schwangerschaftswoche ist die Geburtseinleitung oder ein Kaiserschnitt auch ohne Anzeichen möglicher Komplikationen sinnvoll, da die Risiken für mütterliche und kindliche Folgeschäden nun deutlich ansteigen.

Weitere Gründe für die Geburtseinleitung

Terminüberschreitung ist ein möglicher Grund, wenn der Arzt eine Geburt einleiten will. Daneben wünschen sich manche Frauen etwa aus rein pragmatischen Gründen die geplante Geburt, eine sogenannte Wunscheinleitung. Aus medizinischer Sicht scheint nichts dagegen zu sprechen. Die Wunscheinleitung sollte jedoch nicht vor der 39. bis 40. SSW erfolgen.

Risikoschwangerschaft

Daneben gibt es Risikoschwangerschaften, bei denen man noch vor dem eigentlichen Geburtstermin die Geburt einleiten muss. Zu einer Risikoschwangerschaft können unterschiedliche Ursachen führen, die bei der Mutter und/oder dem Kind liegen.

Kindliche Ursachen für eine Risikoschwangerschaft:

  • vorzeitiger Blasensprung
  • zu wenig Fruchtwasser (Oligohydramnion)
  • Wachstumsverzögerung (Wachstumsretardierung)
  • Risiko für Kindstod noch im Mutterleib
  • abnehmende Kindsbewegungen
  • unverhältnismässig grosses Kind (fetale Makrosomie)

Mütterliche Ursachen für eine Risikoschwangerschaft:

Methoden der Geburtseinleitung

Die medizinische Geburtseinleitung beschleunigt die Geburt vor dem eigentlichen Geburtsbeginn. Nichtsdestotrotz kann sie mehrere Tage in Anspruch nehmen. Die Schwangere wird für das Einleiten der Geburt stationär aufgenommen.

Mediziner unterscheiden medikamentöse und mechanische Einleitungsmethoden. Diese Verfahren haben sich über die Jahre deutlich verbessert, die Risiken (wie Kaiserschnitt nach fehlgeschlagener Einleitung) sind geringer geworden.

Für welche Methode zum Geburt einleiten sich der Arzt im Einzelfall entscheidet, hängt unter anderem von vorherigen Kaiserschnittgeburten, dem Gesundheitszustand und möglichen Risiken sowie dem Zustand des Gebärmutterhalses ab. Auch den Wunsch der Schwangeren berücksichtigen Ärzte.

Geburt einleiten mit Medikamenten

Wenn Ärzte medikamentös eine Geburt einleiten, verabreichen sie entweder Oxytocin oder Prostaglandin zur Wehenförderung:

  • Oxytocin: Hormon, das den Kalziumgehalt der Gebärmutterwand erhöht und so zu Kontraktionen führt. Zudem fördert es die Produktion von Prostaglandinen, die wiederum den Muttermund erweichen. Oxytocin wird per Infusion verabreicht ("Wehentropf"). Es wird vor allem dann genutzt, wenn der Muttermund bereits weich und reif ist.
  • Prostaglandine, vor allem Prostaglandin E1 (Misoprostol) und E2 (Dinoproston): Sie bewirken, dass der unreife Muttermund weicher wird, sich lockert und öffnet. Prostaglandine werden entweder in Form von Tabletten oder als Scheidenzäpfchen verabreicht.

Geburt einleiten auf mechanischem Wege

Der Ballonkatheter stellt die mechanische Alternative zu Prostaglandinen dar. Durch das Einführen des Katheters und anschliessender Füllung mit Kochsalz, übt der Ballon Druck aus und bewirkt eine leichte mechanische Dehnung des inneren Muttermundes. Der weibliche Körper reagiert mit der Ausschüttung von Prostaglandinen, was den Muttermund reifen lässt. Während der Behandlung kann der Schwangeren zusätzlich Oxytocin verabreicht werden. Zwingedn notwendig scheint dies aber nicht zu sein.

Man kann noch auf eine zweite mechanische Weise eine Geburt einleiten: durch das Eröffnen der Fruchtblase (Amniotomie). Das wird aber nur bei reifem Muttermund und guter Lage des kindlichen Kopfes gemacht.

Machen Sie sich keine Sorgen

Lässt das Kind auf sich warten, müssen Sie sich keine Sorgen machen. Sie stehen unter regelmässiger ärztlicher Beobachtung und Fürsorge – auch durch Ihre Hebamme. Das Vorgehen bei einer Terminüberschreitung wird mit Ihnen und dem Vater des Kindes ausführlich besprochen. Dabei werden Sie auch über eventualle Risikosituationen aufgeklärt.

Selbst wenn Sie eine sogenannte Risikoschwangere sind, stehen die Chancen gut, ein gesundes Baby zu bekommen. Denn der Mediziner wird zum richtigen Zeitpunkt die Geburt einleiten und mögliche Risiken – soweit möglich – umgehen oder zumindest so gering wie möglich halten.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. Daniela Oesterle
Autor:
NetDoktor Redaktion

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Quellen:
  • Kehl, S. et al.: Induction of Labour: Change of Method and its Effects Geburtseinleitung: Änderung des Regimes und ihre Effekte. Geburtsh Frauenheilk 2015;75:238–243
  • S1-Leilinie "Vorgehen bei Terminüberschreitung und Übertragung" (Stand 2104, verlängert nach Überarbeitung bis 02/19)
  • Schäffer, L.: Geburtseinleitung. Monatsschr Kinderheilkd 2014;162:75–84
  • Weyerstahl, T. & Stauber, M.: Duale Reihe – Gynäkologie und Geburtshilfe, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage, 2013
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