Sterbehilfe – wann ist sie strafbar?

Von , Medizinredakteurin und Biologin
Luise Heine

Luise Heine ist seit 2012 Redakteurin bei Netdoktor.de. Studiert hat die Diplombiologin in Regensburg und Brisbane (Australien) und sammelte als Journalistin Erfahrung beim Fernsehen, im Ratgeber-Verlag und bei einem Print-Magazin. Neben ihrer Arbeit bei NetDoktor.de schreibt sie auch für Kinder, etwa bei der Stuttgarter Kinderzeitung, und hat ihren eigenen Frühstücksblog „Kuchen zum Frühstück“.

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Selbstbestimmt leben, selbstbestimmt sterben - das ist für viele Befürworter der Sterbehilfe das Hauptargument. Welche Arten von Sterbehilfe es gibt und wie der rechtliche Rahmen hierzu aussieht, erfahren Sie hier. 

Wann ist Sterbehilfe strafbar

Gesund im hohen Alter einschlafen und nicht wieder aufwachen - diese Vorstellung vom Sterben wird nur für wenige Wirklichkeit. Oft zieht sich das Sterben hin und kann mit Schmerzen und drastischen Einschränkungen der Lebensqualität verbunden sein. Nicht zuletzt möchten viele Sterbende ihrem Umfeld nicht "zur Last" fallen. Dies alles schürt Ängste und weckt bei Einigen den Wunsch, selbst den Zeitpunkt des Sterbens zu bestimmen - gegebenfalls mit der Hilfe Dritter.

Was ist Sterbehilfe?

Darf man jemandem beim Sterben helfen? Dies ist eine oft diskutierte Frage, mit der sich sowohl Ethiker als auch die Gesetzgebung immer wieder beschäftigten. Grundsätzlich werden verschiedene Formen der Sterbehilfe definiert:

>> Passive Sterbehilfe

Hierbei werden lebensverlängernde Massnahmen (zum Beispiel künstliche Ernährung, Beatmung oder die Gabe bestimmter lebenserhaltender Medikamente) nicht ergriffen beziehungsweise nicht fortgesetzt.

Diese Form der Sterbehilfe ist im Strafgesetzbuch zwar nicht ausdrücklich geregelt, wird aber als erlaubt angesehen - sie bleibt unter gewissen Voraussetzungen straflos.

>> Indirekte aktive Sterbehilfe

Hierunter versteht etwa man die Gabe von Schmerz- oder Beruhigungsmitteln, die das Leiden lindern, gleichzeitig aber auch die Lebenserwartung einschränken. Ein Beispiel sind Opiate, die Schmerzen und Angst nehmen, gleichzeitig aber auch die Atmung dämpfen. Dadurch tritt der Tod oft früher ein als ohne leidlindernde Massnahmen - ein Umstand, der in Kauf genommen wird.

Rechtlich gesehen gilt hier das Gleiche wie oben: Die indirekte aktive Sterbehilfe ist keiner ausdrücklichen Regelung im Strafgesetzbuch unterworfen - unter gewissen Voraussetzungen ist sie straflos.

>> Beihilfe zum Selbstmord (Suizidhilfe)

Von Suizidhilfe spricht man, wenn jemand einem Patienten die tödliche Substanz vermittelt, dieser sie aber ohne Fremdeinwirkung selber einnimmt. Dies ist erlaubt, solange der Helfer nicht "aus selbstsüchtigen Beweggründen" dem Sterbewilligen zum Tod verhilft - etwa um einer Unterhaltspflicht zu entgehen oder früher an sein Erbe zu gelangen. Anderenfalls droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder eine Geldstrafe.

Eine Suizidhilfe (Freitodbegleitung) bedarf laut Gesetz und Rechtssprechung noch weiterer Voraussetzungen. Unter anderem muss der Sterbewillig urteilsfähig sein und darf in seiner Entscheidung nicht von Dritten beeinflusst worden sein.

Suizidhilfe-Organisation wie EXIT dürfen also innerhalb dieses rechtlichen Rahmens tätig sein. Teilweise können auch ausländische Sterbewillige eine solche Suizidhilfe in der Schweiz in Anspruch nehmen.

>> Direkte aktive Sterbehilfe

Damit gemeint ist die gezielte Tötung eines Menschen, um sein Leiden zu verkürzen. Das ist etwa der Fall, wenn ein Arzt einem Menschen eine tödliche Spritze verabreicht.

Diese Form der Sterbehilfe ist laut Strafgesetzbuch verboten - nach Artikel 111 (vorsätzliche Tötung), Artikel 114 (Tötung auf Verlangen) und Artikel 113 (Totschlag).

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Autor:

Luise Heine ist seit 2012 Redakteurin bei Netdoktor.de. Studiert hat die Diplombiologin in Regensburg und Brisbane (Australien) und sammelte als Journalistin Erfahrung beim Fernsehen, im Ratgeber-Verlag und bei einem Print-Magazin. Neben ihrer Arbeit bei NetDoktor.de schreibt sie auch für Kinder, etwa bei der Stuttgarter Kinderzeitung, und hat ihren eigenen Frühstücksblog „Kuchen zum Frühstück“.

Quellen:
  • Bundesärztekammer: "Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung" in: Deutsches Ärzteblatt; Jg 108/ Heft 7 / 18. Februar 2011, unter: www.bundesaerztekammer.de
  • Bundesverfassungsgericht: "Leitsätze zum Urteil des Zweiten Senats am 26. Februar 2020", unter: www.bundesverfassungsgericht.de
  • Deutscher Bundestag: "Vorschlag zur Neuregelung der Suizidhilfe", Kurzmeldung vom 20.04.2021, unter: www.bundestag.de
  • Deutsche Stiftung Patientenschutz: "Sterbehilfe", unter: www.stiftung-patientenschutz.de (Abruf: 30.11.2021)
  • EXIT: "Voraussetzungen einer Freitodbegleitung mit EXIT", unter: https://exit.ch (Abruf: 30.11.2021)
  • ORF Online und Teletext GmbH & Co KG: "Beihilfe zum Suizid ab 2022 neu geregelt", Meldung vom 23.10.2021, unter: https://orf.at
  • Plenarsitzung zu den Gesetzentwürfen am 6. Juli 2023 im Deutschen Bundestag
  • Rechtsinformationssystem des Bundes (Österreich): "Bundesrecht konsolidiert: Strafgesetzbuch § 77, Fassung vom 03.11.2021", unter: www.ris.bka.gv.at
  • Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Justiz (BJ): "Die verschiedenen Formen der Sterbehilfe und ihre gesetzliche Regelung" (Stand: 26.04.2021), unter: www.bj.admin.ch
  • Verfassungsgerichtshof Österreich: "Es ist verfassungswidrig, jede Art der Hilfe zur Selbsttötung ausnahmslos zu verbieten", Meldung vom 11.12.2020, unter: www.vfgh.gv.at
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