Barista macht Cappucino

Wie Milchkaffee Entzündungen bremst

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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In Kaffee stecken reichlich entzündungshemmende Polyphenole. Doch was passiert, wenn man sie mit Milch zusammenbringt?

Kaffee hat in der Medizin in den letzten Jahren eine erstaunliche Karriere gemacht. Riet man früher wegen des enthaltenen Koffeins zu einem mässigen Genuss, liefern inzwischen viele Studien Hinweise auf eine gesundheitsförderliche Wirkung. Dafür ist wohl nicht das Koffein verantwortlich, sondern es liegt an sogenannten Polyphenolen, die reichlich in den Bohnen stecken.

Polyphenole machen Kaffee zum Entzündungshemmer

Diese entfalten eine antioxidative und damit entzündungshemmende Wirkung. Konkret heisst das, sie fangen aggressive hochreaktive Sauerstoffmoleküle im Körper ab, die sogenannten freien Radikale. So reduzieren Antioxidantien den sogenannten oxidativen Stress, der Entzündungsprozesse und damit unter anderem auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes begünstigt.

Soweit die Theorie. Doch Ernährung ist komplex: Schon eine Tasse Milchkaffee enthält verschiede Komponenten, die sich gegenseitig beeinflussen könnten. „Wir wissen wenig darüber, wie Polyphenole sich in Kombination mit anderen Stoffen verhalten“, schreiben Forschende um Prof. Marianne Nissen Lund von der der Universität Kopenhagen in einer aktuellen Studie.

Was passiert, wenn Milcheiweiss mit Kaffee-Polyphenolen reagiert?

Tatsächlich gehen Antioxidanzien mit Aminosäuren – den Bausteinen von Eiweissen – neue Verbindungen ein. Das bedeutet: Die eiweisshaltige Milch reagiert mit den im Kaffee enthaltenen Antioxidanzien.

Das Kopenhagener Forschungsteam hat nun untersucht, ob dies die entzündungshemmenden Eigenschaften der Polyphenole reduziert beziehungsweise ob Milchkaffee sich in seiner entzündungshemmenden Wirksamkeit von schwarz getrunkenem Kaffee unterscheidet.

Für ihr Experiment riefen die Forscher im Labor Entzündungsprozesse bei lebenden Zellen hervor. Dabei handelte es sich um eine in der Forschung häufig verwendete Ziellinie, die aus Immunzellen von Mäusen gewonnen wurde.

Kaffee schwarz oder Milchkaffee?

Ein Teil der Zellen wurde mit puren Kaffee-Polyphenolen „gefüttert“: Kaffeesäure und Chlorogensäure. Andere erhielten dieselbe Dosis Polyphenole, die bereits mit der in Milch enthaltenen Aminosäure Cystein reagiert hatten. In einer dritten Versuchsanordnung erhielten die Immunzellen weder das eine noch das andere.

Das Ergebnis dürfte Milchkaffeetrinker erfreuen: Die Kombination aus Proteinen und Antioxidantien verdoppelte die entzündungshemmenden Eigenschaften in den Immunzellen sogar. "Es ist durchaus vorstellbar, dass dieser Cocktail auch beim Menschen eine günstige Wirkung auf Entzündungsprozesse haben könnte“, sagt Prof. Marianne Nissen Lund vom Fachbereich Lebensmittelwissenschaften, die die Studie leitete.

Welche Polyphenol-Eiweiss-Kombinationen noch wirken

Das könnte auch für andere Kombinationen aus Polyphenolen und Eiweiss gelten, so die Wissenschaftlerin. Kaffeesäure und Chlorogensäure, aber auch Cystein sind nicht nur in Kaffee beziehungsweise Milchprodukten enthalten, sondern auch in vielen anderen Nahrungsmitteln. Beispielsweise in Smoothies, die mit Joghurt gemixt werden, oder Fleisch-Gemüse-Mahlzeiten. Ob solche Kombinationen ebenso effektiv wirken wie Milchkaffee, muss erst noch untersucht werden.

Tests mit Tieren geplant

Vor allem ist offen, ob die Ergebnisse aus dem Labor sich tatsächlich auf Prozesse innerhalb des menschlichen Körpers übertragen lassen. "Es ist spannend, die entzündungshemmende Wirkung in Zellexperimenten beobachtet zu haben. Das hat natürlich unser Interesse geweckt, diese gesundheitlichen Auswirkungen noch besser zu verstehen“, sagt Prof. Andrew Williams von der Abteilung für Veterinär- und Tierwissenschaften. Der nächste Schritt werde sein, die Wirkungen an Tieren zu untersuchen.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Jingyuan Liu et al.: Phenolic Acid–Amino Acid Adducts Exert Distinct Immunomodulatory Effects in Macrophages Compared to Parent Phenolic Acids, J. Agric. Food Chem. 2023, 30. Jan 2023, DOI: https://doi.org/10.1021/acs.jafc.2c06658
  • Mahesha M. Poojary et al.: Covalent bonding between polyphenols and proteins: Synthesis of caffeic acid-cysteine and chlorogenic acid-cysteine adducts and their quantification in dairy beverages Food Chemistry, Volume 403, 1. März 2023, 134406, DOI:
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