Ärztin präsentiert Impfstoff

Wie lange wirken die Covid-19-Impfstoffe?

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Pharmaunternehmen verkünden vielversprechende Ergebnisse zu ihren Corona-Impfstoffen. Doch wie lange hält die Schutzwirkung an?

Die Schlagzeilen stimmen zuversichtlich: 90 Prozent oder mehr Schutz vor einer Erkrankung sollen die Corona-Impfstoffkandidaten von Moderna und Biontech/Pfizer bieten, ein Vakzin des britisch-schwedische Pharmakonzerns AstraZeneca vermeldet immerhin mindestens 70 Prozent Wirksamkeit.

Alle Hoffnungen richten sich nun darauf, dass die Impfstoffe dazu beitragen werden, die Ausbreitung des Erregers in absehbarer Zeit aufzuhalten und die Pandemie einzudämmen. Doch wie lange hat der Körper zumindest einen gewissen Schutz vor den Viren?

Langzeitergebnisse fehlen noch

Noch können keine Langzeitstudien vorliegen, die entsprechende Antworten liefern - die Studiendauer beträgt bislang jeweils einige Monate. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des kalifornischen La-Jolla-Instituts für Immunologie hat infizierte Menschen untersucht.

Demnach sind sowohl Antikörper als auch T-Zellen - zwei der zentralen Waffen unseres Immunsystems - zumindest fünf Monate nach dem Einsetzen der Symptome noch nachweisbar. Das gilt auch für Verläufe mit milder Symptomatik. Die Studie wurde als sogenanntes Preprint veröffentlicht, ist also bislang nicht von unabhängigen Experten begutachtet worden.

Sterile Immunität verhindert das Weitergeben des Virus

Für Thomas Jacobs vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg sind diese Beobachtungen mit Blick auf die mehrarmige Reaktionsweise unseres Immunsystems ermutigend. Er verweist auf zwei Punkte: So gebe es in dieser Studie die sogenannte sterile Immunität. Sie schützt nicht nur den Geimpften, sie verhindert auch, dass er das Virus an andere weitergibt. Für die Herdenimmunität ist das entscheidend.

Die sterile Immunität hängt davon ab, das neutralisierende Antikörper in hoher Zahl vorhanden sind. In dem Fall werde ein Virus abgefangen, bevor es in Zellen eindringen könne, erklärt Jacobs. Entsprechende Impfstoffe würden wahrscheinlich sogar noch eine bessere Antikörper-Antwort hervorrufen als eine natürliche Infektion. Solange es genügend Antikörper gebe könne man von einer robusten, wenn nicht sogar sterilen Immunität ausgehen, so Jacobs.

T-Zellen lange nachweisbar

Zudem sei auch die T-Zell-Antwort über mehrere Monate nachweisbar gewesen. Das lasse erwarten, dass sich die Symptomatik einer Covid-19-Erkrankung verringert, sagt Jacobs. Eine solche klinische Immunität würde dafür sorgen, dass Erkrankte beispielsweise nur Erkältungssymptome wie bei harmloseren Coronaviren bekämen.

Von einer sterilen lebenslangen Schutzwirkung durch die Impfstoffe könne indes derzeit nicht ausgegangen werden. Nichtsdestotrotz würden die Ergebnisse der Preprint-Studie einen erfreulichen Rahmen für die erwartete Immunität durch die Vakzine setzen.

Viele T-Zellen verhindern schwere Verläufe

Eine andere Studiengruppe hatte kürzlich berichtet, dass die T-Zellen noch sechs Monate nach einer Sars-CoV-2-Infektion nachweisbar sind. „Das sind vielversprechende Neuigkeiten: Wenn eine natürliche Infektion mit dem Virus eine robuste T-Zell-Antwort hervorrufen kann, bedeutet dies möglicherweise, dass ein Impfstoff dasselbe tun könnte“, kommentiert Fiona Watt, geschäftsführende Vorsitzende des britischen Medical Research Council, in einem Artikel des Fachjournals „The British Medical Journal“.

Impfungen können länger schützen als durchgemachte Erkrankungen

Carsten Watzl, Immunologe am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der Technischen Universität Dortmund, weist darauf hin, dass man bei anderen Coronaviren, die normale Erkältungen auslösten, im Mittel ein bis anderthalb Jahre vor einer erneuten Infektion geschützt sei. Eine natürliche Infektion sei allerdings nicht mit einer Impfung vergleichbar, die Immunantwort falle nach einer Impfung effizienter aus, sagt Watzl, der auch Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie ist. „Die Hoffnung ist also, dass die Immunität durch die Impfstoffkandidaten deutlich länger anhält.“

Ob für eine Immunität vor allem Antikörper oder T-Zellen oder aber eine Mischung aus beiden wichtig ist, sei noch nicht zu beantworten, sagt Watzl. Immunologe Jacobs ergänzt: „Eine sterile Immunität ist vermutlich vor allem von einer hohen Zahl neutralisierender Antikörper abhängig, während die Schwere des Verlaufs mit der T-Zellen-Antwort zusammenhängt, so dass es ein "wichtiger" in diesem Kontext wahrscheinlich nicht gibt.“

Regelmässige Auffrischung nur Medizinperonal nötig?

Mit Blick auf vulnerable Risikogruppen, etwa in Altenheimen, sei eher bedeutend, ein Vakzin zu haben, das einen sterilen Impfschutz für Pflegerinnen und Pfleger und andere Menschen biete, die intensiv mit Risikogruppen arbeiteten, sagt Jacobs. Diese müssten sich dann vermutlich häufiger impfen lassen. „Für die breite Bevölkerung würde eine klinische Immunität eher reichen.“

Zudem sei derzeit noch ungewiss, ob eine Impfung auch davor schütze, den Erreger weiterzugeben. „Bei einer hohen Antikörper-Antwort ist die Wahrscheinlichkeit dafür sehr gering“, erklärt Jacobs. Bei einer klinischen Immunität könnte allerdings weiter das Risiko eines Spreadings bestehen - hier müssten weitere Studien folgen.

Irgendwann nur ein Erreger unter vielen

Insgesamt, so Immunologe Watzl, würden die Impfstoffe aber zunächst für eine Beruhigung der Situation sorgen. „Selbst, wenn der Schutz nur zwei Jahre hält, könnte nachgeimpft werden“, sagt er. "Das wäre zwar nervig, aber beherrschbar.» Und Sars-CoV-2 würde so zu einem weiteren Erreger, gegen den man regelmässig impfen muss. „Wir hätten dann aber keine Pandemie mehr.“ (cf/dpa)

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Deutsche Presse-Agentur (dpa)
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